Fotovoltaikanlage in Glonn:Allein an vorderster Front

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Die landkreisweite Energie-Genossenschaft feiert ihr erstes Projekt. Für den Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr eine Feier- und Trauerstunde zugleich

Von Korbinian Eisenberger

Von Korbinian Eisenberger

Glonn - Strom ist teuer, vor allem wenn er aus erneuerbaren Energien stammt - Volksmund und Politik sind sich darin in der Regel einig. Das Gegenteil beweist derzeit eine kleine Gemeinde im Landkreis Ebersberg. In Glonn wurde am vergangenen Freitag eine Fotovoltaikanlage ans Netz geschaltet, mit der bereits 20 Prozent des örtlichen Strombedarfs gedeckt wird. Dass sich vergleichbare Projekte wie das der Energiegenossenschaft Rege auch in anderen Landkreisgemeinden durchsetzen könnte, dafür müsste sich im 500 Kilometer entfernten Berlin allerdings einiges ändern.

Auf den nagelneuen Solarzellen gegenüber der Kläranlage an der Haslacherstraße in Glonn tropft leichter Nieselregen. Nachdem Landrat Robert Niedergesäß (CSU) die Anlage eröffnet hat, zeigt die Handy-App des Klimaschutzmanagers des Landkreises, Hans Gröbmayr, an, dass die 239 schwarzen Platten bei wolkenverhangenem Himmel etwa 30 Prozent des Maximalstroms erzeugen. Weniger als ein Zehntel des Stroms, der dort zukünftig produziert wird, muss in das allgemeine Stromnetz von Eon eingespeist werden. Mehr als 90 Prozent fließen dagegen direkt in die Häuser von Glonner Familien.

"Der Strom muss dort erzeugt werden, wo er verbraucht wird", sagt Glonns Bürgermeister Josef Oswald (CSU). Seiner Gemeinde kostet die selbst erzeugte Kilowattstunde 18 Cent, neun Cent weniger als etwa ein Markt Schwabener an Eon zahlen muss. Rege vermietet die Anlage an die Gemeinde, verwaltet und betreibt sie. Von der Ersparnis beim Strompreis zahlt Glonn die Miete, den Rest verzeichnet die Marktgemeinde als Gewinn. "Das zeigt, dass regenerative Energien wirtschaftlich sein können", sagt Gröbmayr. Bis 2020 sei für die Gemeinde mit einer Ersparnis von 30 000 bis 40000 Euro pro Jahr zu rechnen.

Dass derlei Projekte noch nicht großflächig umgesetzt werden, dafür macht Gröbmayr sowohl Landes- als auch Bundespolitiker verantwortlich. "Die große Politik ist nicht unterstützend", sagt der Klimaschutzmanager. Tatsächlich ist die neuesten Fassung eines entscheidenden Gesetzentwurfs ein Schlag ins Gesicht für Projekte wie jenes in Glonn. Demnach werden von 1. August dieses Jahres an für Betreiber von neuen Anlagen zusätzlich 50 Prozent der EEG-Umlage fällig. Das wären derzeit 3,12 Cent pro Kilowattstunde. "Das ist eine Strafsteuer für Gemeinden und Privatleute, die sich für die Energiewende einsetzen", schimpft Gröbmayr. Und das jetzt, wo erneuerbare Energien an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit stehen, wie das Beispiel Glonn zeigt. "Das ist absurd und macht mich wütend", sagt Gröbmayr.

Dass derartige Gesetze sich in Berlin nach wie vor ebenso durchsetzen wie etwa die Abstandsvergrößerung bei Windrädern (10H) im bayerischen Landtag liegt vor allem daran, dass große Firmen ihre wirtschaftliche Macht ausnutzen, um ihren eigenen Strompreis mit staatlicher Hilfe zu drücken. Beim anschließenden Schweinebratenessen im Schutz des Solardaches erzählt Gröbmayr von einem Treffen mit einem Firmenlobbyisten. Er sei offen für Photovoltaik-Strom, habe dieser gesagt. Solange er den Preis von acht Cent pro Kilowattstunde beibehalten könne. Ein Mengenrabatt, den kleine Firmen freilich nicht bekommen - und ein Tiefpreis, den selbst die Fotovoltaikanlage kaum erreichen kann. Die Strompreis-Verteilung macht freilich deutlich, was Gröbmayr schier zur Verzweiflung treibt: "Die Energiewende zahlt der kleine Unternehmer."

Während die Politiker in Glonn einen Schulterschluss für die Energiewende demonstrierten, wurde jedoch auch deutlich, dass es einzelne Projekte und selbst der Zusammenschluss der Gemeinden nicht schaffen dürften, die Energiewende in Ebersberg durchzusetzen. Und das, wo in Ebersberg auch Privatleute durchaus sowohl ideologisch als auch finanziell Bereitschaft zeigen. "Die Leute haben schon Geld dafür" sagt etwa der frühere Glonner Bürgermeister Martin Esterl (SPD). Welche Gemeinde sich engagiert, soll jedoch demnächst greifbar werden. Zukünftig wird es Vergleichszahlen geben, anhand derer abzulesen ist, welche Gemeinden sich mehr und welche weniger über selbst erzeugten regenerativen Strom versorgen. Gröbmayr wünscht sich einen regelrechten Wettbewerb. Derzeit liegen die mit Biogasanlagen oder Fotovoltaik versorgten Bruck, Moosach und bald auch Glonn an vorderster Front.

© SZ vom 02.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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