Fotografie:Gefangen im Luftschloss

Fotografie: Mit dem Thema Vermüllung durch Plastik hat sich Sebastian Kugler in einer beeindruckenden Serie künstlerisch auseinandergesetzt.

Mit dem Thema Vermüllung durch Plastik hat sich Sebastian Kugler in einer beeindruckenden Serie künstlerisch auseinandergesetzt.

(Foto: Christian Endt)

Mit Libellen und Football auf Tuchfühlung gehen? Geht. Bei der Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn

Von Franziska Langhammer, Glonn

"Plastic Planet" heißt ein Kinofilm aus dem Jahr 2009, der die Überschwemmung der Welt durch Plastik dokumentiert; in Form von Plastikspielzeug, Plastiktüten, Plastikverpackungen. Damals war die Öffentlichkeit alarmiert, Plastiktütenverbote wurden gefordert und Versuche gestartet, plastikfrei zu leben. Doch heute, acht Jahre später, hat sich nichts geändert. "Die ganze Welt erstickt in Plastik", fasst Sebastian Kugler von den Fotofreunden Glonn zusammen. Millionen Tonnen von Kunststoff vermüllten unsere Welt.

Kugler hat sich nun von künstlerischer Seite dem Thema genähert: In einer Fotoserie hat er surreal den Kampf von vier weiblichen Figuren gegen das widerstandsfähige Material in Szene gesetzt. Den Betrachter trennt ein Vorhang aus Plastik von den Frauen, was diese auf dem ersten Bild noch nicht zu merken scheinen. Auf dem zweiten Foto tasten sich zwei an das folienartige Gewebe heran, drücken ihre nackten Körper dagegen, suchen nach einem Ausweg. Die letzten beiden Fotos zeigen die Befreiung der Figuren, sie finden ein Schlupfloch aus der milchigen Plastikplane; beinahe romantisch mutet das Schlussfoto an, vier aneinander geschmiegte Körper, spätsommerliches Licht durchdringt die Inszenierung, die dämmende Wirkung des Vorhangs ist besiegt. "Gefangen" lautet der Titel dieser Serie, die im Rahmen der 32. Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn in der Galerie der Klosterschule gezeigt wird.

Sieben Mitglieder und zwei Gastaussteller zeigen bei der diesjährigen Schau ihre besten Werke, jeweils in mehrteiligen Sequenzen angelegt. "Man bekommt bessere Bilder bei Serien", erklärt Sebastian Kugler, "weil man sich mehr mit einem Thema beschäftigt, weil man öfters hingeht". Das ist aber auch der einzige gemeinsame Nenner, auf den sich diese Ausstellung bringen lässt; die Einreichungen dieses Jahres lassen sich weder thematisch noch stilistisch eingrenzen. "Es gibt diesmal keinen Trend, bei dem man sagen könnte, wir haben besonders viele Porträts oder nur Landschaftsbilder", sagt Kugler, "dieses Jahr ist von allem was dabei."

So zeigt Inge Kolb, mit 91 das älteste Mitglied der Fotofreunde Glonn, Bilder unter dem Titel "Luftschlösser": Wildromantisch behauptet sich das Schloss Neuschwanstein in atemberaubend bunter Herbstkulisse, eingefangen in einem Panoramablick von oben, der auch das leidlich abgenutzte Motiv des bayerischen Traumschlosses wettmacht. Weiterhin ergänzen zwei Gipfelfotos die Reihe; jenseits der Baumgrenze, dem Himmel ganz nah, findet sich als weiteres Luftschloss ein Gebäude, das in seiner Kargheit einer Wetterstation gleicht.

Jürgen Bochynek hat sich für die Serie "Touchdown" an den Spielfeldrand eines American-Football-Spiels begeben und dort Momente aus den Niederungen und Höhepunkten des teils martialischen Mannschaftssports festgehalten. Aufnahmen aus dem Tierreich sind bei Günter Schüler zu finden. Bei ausgiebigen Spaziergängen in den Innauen in den Sommermonaten gelang es ihm, die flirrende Dynamik der stabähnlichen Insekten in seiner Reihe "Libellen" in Fotos zu bannen. Für die Ausstellung hat er eine Auswahl aus mehr als tausend Bildern getroffen.

An der Nase herumgeführt wird der Betrachter von Gisela Wimmer: Ein Highway schlängelt sich an einer amerikanischen Kleinstadt vorbei, weiß getünchte Häuser und klapprige Kleinwagen zeugen davon, dass wir hier in den Vorgärten der US-Mittelschicht gelandet sind. Nur eines irritiert den Betrachter: ein weiterer Zuschauer am oberen Bildrand, der wie hineingeworfen in das Provinzleben scheint. Asynchron zum restlichen Aufbau des Bildes erscheint auf der nächsten Fotografie gar eine Truppe von Menschen, die uns den Rücken zukehrt und in ihrer Ausrichtung nicht dazu passen will. Ein Konzeptfehler? Die letzte Fotografie bringt die Auflösung: Wir befinden uns in einem Museum und schauen Besuchern über die Schulter, die sich vor das überdimensionale Kleinstadt-Bild gestellt haben.

Und so ist die Wirkung der gezeigten Fotografien so facettenreich wie ihre Komposition: Sie spielen mit der Vorstellungskraft ihrer Betrachter, fordern heraus zum Nachdenken oder wecken schlicht Fernweh.

Jahresausstellung der Fotofreunde Glonn: Vernissage am Freitag, 27. Oktober, um 19.30 Uhr in der Galerie der Klosterschule. Zu sehen ist die Schau am Samstag, 28., von 14 bis 18 Uhr, und Sonntag, 29., von 10 bis 18 Uhr. Am Samstag, 4. November, ist geöffnet von 14 bis 18 Uhr sowie am Sonntag, 5. November, von 10 bis 18 Uhr.

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