Forstinning:Spaziergang mit Hexe

Forstinning: Gar seltsame Gestalten, Hexen und jede Menge gefährliche Tiere, sind beim Geburtstagsfest der Theaterfreunde Forstinning anzutreffen.

Gar seltsame Gestalten, Hexen und jede Menge gefährliche Tiere, sind beim Geburtstagsfest der Theaterfreunde Forstinning anzutreffen.

(Foto: Christian Endt)

Mit einem ersten "Märchenwald" feiern die Theaterfreunde Forstinning ihr 20-jähriges Bestehen. Große wie kleine Besucher sind von dem Reigen begeistert.

Von Johanna Feckl, Forstinning

Es ist düster. Recht spärlich spendet der Himmel an diesem Tag Sonnenstrahlen, die ohnehin nur schwer durch die dicht bewachsenen hohen Baumkronen bis zum Waldboden durchkommen. Eine alte Frau geht grummelnd einen schmalen, mit Wurzeln bewachsenen Waldweg entlang. Ein spitzer, schwarzer Hut bedeckt ihren Kopf.

Mit der einen Hand hält sie vor der Brust einen gehäkelten Poncho zusammen, den sie um ihren Buckel geschlungen hat, mit der anderen stützt sie sich auf einen Gehstock. "Haben Sie Hänsel und Gretel gesehen?", fragt sie unvermittelt und setzt gleich ein paar Beschimpfungen hinterher, die ihr Nuscheln allerdings weitestgehend verschluckt.

Die kleine Szene vermittelt das Gefühl, dass man gerade mitten in die berühmte Mär um die zwei verstoßenen Kinder geraten ist. Und tatsächlich: Die Theaterfreunde Forstinning haben zur Feier ihres 20-jährigen Bestehens erstmals einen Märchenwald im Ebersberger Forst gestaltet. An gleich drei Stationen zeigen die Mitglieder der Truppe im Rhythmus von 15 Minuten und in vier Durchläufen verschiedene Märchen.

Hundert Märchen aus dem Gedächtnis

Den Anfang macht Sabine Fröschl, die den vielen Kindern, ihren Eltern und Großeltern das Märchen "Die Bienenkönigin" erzählt. Auswendig versteht sich. Seit 15 Jahren übt sie sich regelmäßig in Mittelalterdarstellungen. "Dadurch habe ich recht viel Erfahrung im Vortragen von Märchen", sagt Fröschl. Sie schätzt, dass sie etwa hundert Märchen aus dem Gedächtnis erzählen könnte. Wichtig sei eigentlich nur, dass die Geschichten einen hohen bildlichen Gehalt besitze, die sich gut in mimische und gestische Darstellungen übertragen lasse.

Ebenso wichtig wie die szenische Vorführung scheint Sabine Fröschl aber auch das Hörerlebnis: Gekonnt setzt sie ihre Stimme ein, flüstert mal, schreit dann wieder plötzlich los und redet je nach Figur mal mehr oder weniger im Dialekt - und alles immer in Worten, die passend sind für die kleinen Zuhörer zwischen etwa zwei und acht Jahren.

Die zweite Märchenstation befindet sich nur einige Meter weiter den Waldweg entlang am Fledermausturm - einem hochgewachsenen Baum mit einem Holzhäuschen für Fledermäuse als Krone. Die Geschichten hier stellt ein Teil der Jugendgruppe der Theaterfreunde in einer Teilimprovisation dar. "Alles, was vorab feststeht, ist die Rollenverteilung", erklärte Sabine Fröschl, die gemeinsam mit der Regisseurin und Leiterin der Jugendgruppe Alexandra Tschernik auch in dieser Impro-Gruppe mitwirkt.

"Mit so einem Andrang haben wir gar nicht gerechnet"

Beide sind sichtlich stolz auf das Engagement ihrer Jugendlichen. Jeder durfte sich ein Märchen aussuchen - und leitet die Aufführung nun hoch oben auf einem Baumstumpf stehend als Erzähler. "Das hat toll geklappt", freut sich Tschernik nach einer Vorführung, und die vielen Lacher und freudigen Gesichter von allen Seiten geben ihr Recht.

Im Imkerhäuschen wartet die dritte und letzte Station auf die Besucher, an der diese Märchen lauschen können. Hier gibt es aber noch einmal etwas ganz Besonderes: Rudi Sedlmeier führt drei japanische Märchen in Form eines Tischtheaters vor. Dazu öffnet er zwei Flügeltüren eines schwarzen Guckkastens, schiebt nach und nach verschiedene Illustrationen zu dem jeweiligen Märchen in den Kasten und trägt passend zu den Bildern die Geschichten vor.

"Mit so einem Andrang haben wir gar nicht gerechnet", sagt Sedlmeier. Eigentlich ist ein Tischtheater nur für bis zu acht Zuschauer gedacht. In das kleine Imkerhäuschen im Forstinniger Märchenwald drängen sich jedoch bestimmt dreimal so viele neugierige Märchenliebhaber. Die japanischen Geschichten seien dabei gar nicht so anders als die deutschen, erklärt Sedlmeier: Letztendlich gehe es immer um den Kampf zwischen Gut und Böse.

Zu enge Rüstung beim Drachentöten

Nach den Märchen können die Zuschauer an der vierten Station, der Spielwiese, bei Speisen und Getränken, Kinderschminken, Dosenwerfen und mittelalterlicher Musik etwas durchschnaufen. Ein Musiker mit dem Künstlernamen Anton von Schwaneck musiziert mit seiner Partnerin Mätzli Lechspiess auf einer Irish Bouzouki, einem Saiteninstrument mit vier Doppelsaiten. In einem ihrer Lieder erzählen sie von den Schwierigkeiten, die ein Leben als Ritter und Prinzessin mit sich bringt: Der Ritter steckt beim Drachentöten ständig in einer viel zu engen Rüstung und die arme Prinzessin muss den damit einhergehenden Mief aushalten.

Nach der musikalischen Pause marschieren die meisten der Gäste wieder zurück zur ersten Station, wo ein weiterer Durchlauf mit neuen Märchen beginnt. Bei insgesamt vier solcher Runden kommen hier also nicht nur die Kleinen auf ihre Kosten - auch viele Eltern und Großeltern haben ihr Märchenwissen aufgefrischt - und dies mit reichlich Spaß.

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