Forstinning:Kältetod bei Jungstörchen

Forstinning: Seit vielen Jahren fühlen sich die Störche in Forstinning wohl, bisweilen bleiben sie sogar den Winter über hier.

Seit vielen Jahren fühlen sich die Störche in Forstinning wohl, bisweilen bleiben sie sogar den Winter über hier.

(Foto: Christian Endt)

Erst Anfang Mai war der Nachwuchs im Horst auf dem Dach des Huber-Wirts in Forstinning geschlüpft

Von Mariel Müller, Forstinning

Die Storchenjungen im Forstinninger Horst auf dem Dach des Huber-Wirts sind gestorben. Wahrscheinlich erfroren, vermutet Richard Straub, Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) im Landkreis. Schuld sei das schlechte Wetter im Mai gewesen: "Wenn sich die Elterntiere bei nasskalten und windigen Wetter auf Futtersuche begeben, kommt es schon mal vor, dass die Jungen in der Zwischenzeit auskühlen", erläutert er. Der Bestand der Tiere sei dadurch aber nicht gefährdet, beruhigt Straub. Der Storch könne bis zu 25 Jahre alt werden, da lasse sich so ein Verlust ausgleichen.

Trotzdem sieht der Markt Schwabener Storchenexperte die derzeitige Entwicklung kritisch: Der Forstinninger Horst ist derzeit der einzige besetzte Horst im Landkreis; der in Emmering habe seit 1996 keinen Storchenbesuch mehr gehabt und auch in Bruck hat sich trotz jahrelanger Bemühungen der Vogelschützer kein Storch niedergelassen. In Markt Schwaben seien während einer Gebäudesanierung trotz Warnungen des Landesbundes für Vogelschutz Bauarbeiter dem dortigen Horst und dessen Bewohnern zu nahe gekommen, die Folge: Die Störche verloren das Vertrauen und ließen sich seitdem nicht mehr blicken.

Seit 1994, als sich der erste Storch im Raum Markt Schwaben ansiedelte, sei es sehr viel schwieriger für die Tiere geworden einen geeigneten Horstplatz zu finden, so Straub. Intensive Landwirtschaft, Flächenverbrauch durch den Bau von Straßen und Wohnhäusern und großer Wiesenverlust - all das trage dazu bei, dass Störche in ihrem natürlichen Lebensraum eingeschränkt werden. Mehr Rücksicht der Menschen gegenüber der Natur und der in ihr lebenden Tiere wünscht sich der Horstbeauftragte für Markt Schwaben deshalb. Spaziergänger abseits von Waldwegen, zu Pferd oder mit Hund, verhalten sich respektlos, findet er.

Es geht aber auch anders. Dank Webcam haben die Störche des Forstinninger Horsts Fans auf der ganzen Welt: Da kam schon mal Post aus Toronto, Kanada, von wo wegen der Zeitverschiebung auch nachts dank Infrarotkamera das Treiben im Horst beobachtet werden kann. Ein anderes Mal erreichte Straub eine Nachricht aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem Hinweis, dass die Kamera defekt sei. Die Anteilnahme am Leben und Verhalten der Störche freut Straub, denn "nur was man kennt, kann man auch schützen". Dank aufmerksamer Beobachter konnte ein Storchenjunges beispielsweise von einer Angelschnur befreit werden. Solche Rettungsaktionen seien in 19 Jahren Horstbetreuung aber nur zwei bis drei Mal vorgekommen, so Straub. Auch hier sei, seiner Meinung nach, die Gewissenlosigkeit vieler Menschen Schuld, die ihren Plastikmüll gedankenlos in der Natur zurücklassen. Störche verbauen diesen dann in ihr Nest.

Die Webcam als Fenster zur Welt hat aber auch ihre Schattenseiten, nämlich wenn nützliches Interesse in "übertriebene Tierliebe" umschlägt, wie der Vogelkenner es formuliert. Er habe schon Drohbriefe bekommen, in denen Leute forderten, aktiv einzugreifen, wenn es zu Kämpfen zwischen Störchen kam. "Diese Leute haben ein Miezekatzenverhältnis zu Tieren, denken, das ist ein Streichelzoo. Sie vergessen, dass es nun mal Wildtiere sind, die man respektieren und in Ruhe lassen muss." Andere Horste hätten schließlich auch keine Kamera und dort passiere das Gleiche. Man müsse Natur eben Natur sein lassen.

Und die hat eben ihre eigenen Regeln. So werden auch die Kadaver der toten Jungen effektiv "verbraucht": Nach zwei bis drei Tagen fressen die Elterntiere, die nun mal Aasfresser sind, die Brut oder verfüttern sie an die stärkeren Jungen und verwenden die unverdaulichen Teile, Kopf und Füße, bei Storchen Ständer genannt, als Horstmaterial.

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