Forstinning:Annäherung im Wald

Forstinning: Der gelbe Punkt markiert den Verlauf der geplanten Umfahrung. Forstamtsleiter Heinz Utschig führte am Samstag durch den Wald.

Der gelbe Punkt markiert den Verlauf der geplanten Umfahrung. Forstamtsleiter Heinz Utschig führte am Samstag durch den Wald.

(Foto: Christian Endt)

Forstinnings Gemeinderat muss seit zehn Monaten Kritik an seinem Beschluss für eine Umgehungsstraße ertragen. Nun hat Bürgermeister Rupert Ostermair das betroffene Areal mit Gegnern des Projekts besichtigt

Von Korbinian Eisenberger, Forstinning

Zwei Monate nach der wohl größten Demonstration, die es im Ort je gegeben hat, ist es am Samstag erneut zu einem Zusammentreffen von Gegnern und Befürwortern der geplanten Umgehungsstraße durch den Ebersberger Forst gekommen. Auf Einladung der Umfahrungskritiker kamen knapp 100 Leute auf dem Waldweg am Ortsausgang von Schwaberwegen zusammen. "Die meisten, die da waren, sehen das Projekt kritisch", sagte Forstamtsleiter Heinz Utschig am Montag. Mit dabei waren aber auch acht Gemeinderäte und Bürgermeister Rupert Ostermair (CSU). Forstinnings Gemeinderat hatte die Straße durch den Wald vor zehn Monaten einstimmig beschlossen.

Konfliktpotenzial gab es genug, Utschig, der durch den Forst führte, hatte vorab in Erwägung gezogen, die Veranstaltung notfalls abzubrechen. Doch der Notfall trat nicht ein: Keine Streitigkeiten, keine Polizisten zur Absicherung. "Es war alles sehr friedlich", so Utschig. Am Anfang habe er kurz thematisiert, dass die geplante Umgehung der Anlass sei, dabei sei es geblieben. "Es wurde kaum über Pro und Contra der Straße diskutiert." Vielmehr seien die Teilnehmer am Wald und an der Arbeit der Förster interessiert gewesen.

Eingeladen hatte die "Bürgerinitiative St 2080". Deren Sprecher Ludwig Seebauer und viele, die am Samstag dabei waren, wohnen in Schwaberwegen am Waldrand. Kommt die 2,4 Kilometer lange Umfahrung, müsste eine 1085 Meter lange Schneise durch den seit 200 Jahren unberührten Forst geschlagen werden, in 80 bis 150 Meter Entfernung zu den Häusern am Ortsrand. Seebauer und viele seiner Nachbarn befürchten, dass die Umgehung den Lärm auf ihre Seite des Dorfs verlagern würde.

Der Gemeinderat um Bürgermeister Rupert Ostermair hatte in seiner Begründung den Schutz der Anwohner im Ortsinneren in den Vordergrund gestellt. An der viel befahrenen Hauptstraße stehen manche Gartenzäune direkt am Bürgersteig. Die Anwohner sprechen von unzumutbarem Lärm, Eltern machen sich Sorgen, wenn ihre Kinder an der Bushaltestelle warten.

Am Samstag betraten Ostermair und die Gemeinderäte jenes Terrain, das für das gemeinsame Vorhaben von Gemeinde und Freistaat weichen muss: gut drei Hektar, zwei Drittel davon mit Wald bewachsen. Für den Bürgermeister war es - wie für viele anderen Teilnehmer - die erste Begehung der geplanten Trasse, die mittlerweile mit Farbtupfern markiert ist. "Es ist sicherlich ein Eingriff in die Natur", so Ostermair. Er und sein Gremium werden für ihren Beschluss immer wieder kritisiert, manche Bürger fragen direkt beim Bürgermeister nach. "Ich erkläre es dann", sagt er. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht." Am Beschluss des Gemeinderats halte er aber nach wie vor fest.

Einer, den das Thema Umfahrung seit 30 Jahren umtreibt, ist Altbürgermeister Arnold Schmidt, besonders seit der Eröffnung der A 94 im Jahr 1989. "Erst da wurde das mit dem Verkehr im Ort so schlimm", sagt er. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit hatte der Gemeinderat 2012 die Umfahrung auf den Weg gebracht. Das Gremium stimmte für die Empfehlung des staatlichen Bauamts Rosenheim, die Umfahrung in die höchste Dringlichkeitsstufe zu heben. "Wir haben uns für eine weiträumige Lösung eingesetzt und auf die Lärmproblematik hingewiesen", so Schmidt. "Mittlerweile halte ich die Zustände an der Straße für unverantwortlich", sagt er.

Im Sommer 2016 folgte der nächste Schritt: Der neue Gemeinderat beschloss mit 16 zu null Stimmen die Westumgehung durch den Forst. Die anderen Varianten, die das Bauamt in seiner Machbarkeitsstudie vor acht Jahren vorstellte, sind seither vom Tisch - darunter auch ein Tunnel, der zwar deutlich teurer gekommen wäre, dafür aber den Wald verschont hätte.

Bis die Umfahrung kommt, könnte es noch viele Jahre dauern, gerade wegen all der Beschwerden, das weiß auch der Bürgermeister. Und der Verkehr wird in dieser Zeit eher zu- als abnehmen. Braucht es also nicht auch kurzfristige Verbesserungen im Ortsinneren? "Wir haben Anträge wie beispielsweise eine Reduzierung auf Tempo 30 in Schwaberwegen eingereicht", sagt Ostermair. Das Landratsamt hat abgelehnt, auf Staatsstraßen ist das unüblich. Trotz der Annäherung bleibt vorerst alles, wie es ist.

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