Fans beim EHC Klostersee:"Tod und Hass" den Gegnern

Die Stimmung im Stadion des EHC Klostersee ist aggressiver geworden. Vor allem die Brigade Grafing hat sich einen zweifelhaften Ruf erarbeitet.

Von Isabel Meixner

Ihr Name stammt aus dem Militärbereich, ihr Emblem zeigt eine vermummte Person, ihre Mitglieder beschimpfen Anhänger anderer Eishockey-Vereine aufs Äußerste und sind immer wieder an Tumulten rund um Spiele des EHC Klostersee beteiligt. Die Brigade Grafing hat sich einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. Im Jahr 2008 von zehn Jugendlichen gegründet, die ihre Mannschaft mit Fangesängen anfeuern wollten, ist sie heute ein Refugium für eingefleischte Anhänger des EHC im Alter von 16 bis 23 Jahren, die immer wieder mit gegnerischen Fans in Konflikt geraten.Nach den Ausschreitungen gegen Deggendorf denkt der Verein nun über ein Stadionverbot für die Gruppierung nach.

Dabei will die Brigade Grafing nichts mit den Steinwürfen vor einer Woche gegen den gegnerischen Fanbus zu tun haben. In einer Stellungnahme distanziert sie sich von dem Angriff: "Zu dem Geschehen können wir nur sagen, dass das Verhalten einiger Leute nicht ok war und wir Angriffe auf Busse nicht tolerieren!"

Alles friedlich also? "Alle zusammen für Grafing - Tod und Hass dem DSC" prangt auf ihrer Internetseite "Alles für Grafing" auf einem Plakat, mit dem sich die Fanszene auf das Heimspiel gegen "Deppendorf" eingestimmt hat. Neben dem Schriftzug das Profil eines jungen Mannes, der sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hat, darüber die - anonyme - Stellungnahme, man toleriere keine Angriffe auf Fanbusse, "aber jedem sollte klar sein: Deggendorf ist kein unbeschriebenes Blatt!" Auf ihrer eigenen Homepage zeigt die Brigade, die sich den Fanspruch "Immer alles geben, weil wir unsre Liebe leben!" gegeben hat, bereitwillig zahlreiche Fotos von brennenden Bengalos im und außerhalb des Stadions, im Gästebuch überschlagen sich die Eintragenden mit Schmähungen und Beleidigungen unterhalb der Gürtellinie.

Unbeteiligte Fans bemerken seit ein paar Jahren, dass der Ton im Eishockey-Stadion aggressiver geworden ist. Die Stimmung heizen beim EHC vor allem drei Fan-Gruppierung an: die Brigade Grafing, Red Chaos und die Nord-Chaoten München 2011, die ursprünglich den EHC München anfeuerten, als Reaktion auf das Einsteigen von Red Bull als Sponsor aber ihre Unterstützung aufgekündigt haben.

Juliane Schimpf etwa, die zehn Jahre lang ins Stadion gegangen ist, ohne einer der Fan-Gruppierungen anzugehören, schreckt die "aggressive Grundstimmung" ab. Die Gegner würden auch ohne Grund beschimpft: "Das hat mir keinen Spaß mehr gemacht." Es hätten sich zunehmend junge Männer Anfang 20 im Stadion eingefunden, die oft angetrunken waren und selbst eigene Fans angepöbelt hätten. Sie sei als "Hure" beschimpft worden, daraufhin, berichtet Schimpf, mussten Ordner eingreifen.

Sascha Reis, bis voriges Jahr noch Spieler der ersten Mannschaft, sagt: "Ich fühle mich nicht unsicher, aber als gegnerischer Fan würde ich das wohl schon." Auch er hat beobachtet, dass vor allem die jüngeren Stadionbesucher angriffslustiger seien: "Da sind einige Irre unterwegs." Bei Fouls, egal welcher Qualität, würden die Fans sofort aufspringen, sich massiv beschimpfen, Stinkefinger zeigen und - im schlimmsten Fall - sogar aufeinander losgehen: "Was ich so mitkriege, ist mittlerweile fast jedes Spiel etwas los."

Tatsächlich ist es vor allem bei Spielen gegen Deggendorf immer wieder zu Ausschreitungen gekommen. In der vergangenen Saison sollen Stadionbesucher in Deggendorf zwei Autos von EHC-Fans schwer beschädigt haben, beim Rückspiel in Grafing konnte die Polizei eine Massenschlägerei gerade noch verhindern.

Wie die Gewalt bekämpft werden kann? "Schwierig", sagt Juliane Schimpf. Sie erinnert sich an eine Szene in Regensburg, als ein EHC-Fan ein Bier in Richtung Sicherheitskräfte warf und einen Ordner die Treppe hinunterschubste. Anschließend verschwand er in der Menge der Mitgereisten und wurde hinten herausgeschleust. "Die decken sich alle gegenseitig", sagt die langjährige EHC-Anhängerin.

Sie befürwortet ein Alkoholverbot, im Gegensatz zu Catharina Ries, die auch ein Stadionverbot gegen die Brigade ablehnt. Die Ordnerin plädiert dafür, im Zweifel die eigenen Fans wie am Freitag so lange im Stadion zu lassen, bis die anderen abgereist sind. In einem sind sich alle einig: Der Verein könne nicht mehr tun. Seit dieser Saison ist ein privater Sicherheitsdienst bei jedem Spiel im Einsatz, er darf aber wie die Ordner nur im Stadion tätig werden. Juliane Schimpf bedauert, dass sich die Eishockeyszene so negativ entwickelt hat: "Ich finde es schade, weil wir als Fans einen guten Ruf hatten."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: