Fakten schaffen mit dem Bagger:Abrissbirne an der Brennerei

Bevor im Gemeinderat über eine Veränderungssperre für das alte Gemäuer in Landsham beraten werden kann, ist der erste Bagger angerückt: Genossenschaftsvorsitzender Königer: "Wer lässt sich schon gerne enteignen."

Alexandra Leuthner

Pliening- Noch ragt der charakteristische Industrie-Kamin hoch über die rostfarbenen Mauern hinaus, noch läuft die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren zum Erhalt der alten Brennerei in Landsham. Für den Sitzungsabend am Donnerstag stand ein Antrag auf Erlass einer Veränderungssperre für das Gebäude auf der Tagesordnung des Gemeinderats. Noch hatten die Befürworter eines Erhalts und Erwerbs der Brennerei durch die Gemeinde die Hoffnung nicht aufgegeben. Doch wer am gestrigen Tag am Grundstück an der Kirchheimer Straße vorbei kam, dem muss es schwer gefallen sein, noch eine Zukunft für das über 100 Jahre alte Gemäuer zu sehen. Ein Schuttcontainer war vor dem seitlichen Kesselgebäude abgestellt, die kleine Betonsäule, die das rechte äußere Eck des Anbaus schmückte, lag zerbrochen am Boden, auf der anderen Seite stieg man über einen Berg herabgestürzter Ziegel und im Innern der Mauern war ein Bagger damit beschäftigt, den Anbau in seine Einzelteile zu zerlegen.

Voraus gegangen war dem, wie inzwischen bekannt geworden ist, dass der Gemeinderat bereits im Juli in nicht öffentlicher Sitzung den Erwerb des Grundstücks durch die Gemeinde mit acht zu sechs Stimmen abgelehnt hat. Er hätte seinen Gemeinderatskollegen einen Kauf niemals mit gutem Gewissen empfehlen können, sagt Emmeran Königer, Vorsitzender der Brennereigenossenschaft. "Ich sitze ja selbst im Gemeinderat, das hätte geheißen, Geld zu verbrennen." Bei einem Rundgang durch die drei Stockwerke und den Keller des markanten Baus, erläuterte Königer, was er damit meint.

110 Jahre lang sei hier gearbeitet worden, mit sehr viel Wasserdampf, der beim Verarbeiten von Kartoffeln, Getreide und Mais, beim Erhitzen und Wiederabkühlen der Maische entstanden sei. Es gebe im ganzen Haus keine Heizung - nicht mal für die frühere Wohnung des Brennmeisters im Obergeschoss. "Dem ist im Winter heiß geworden, wenn wir gebrannt haben und wenn wir aufgehört haben, hat er gefroren." Um das Gebäude erhalten zu können, müsste man also nicht nur eine Heizung einbauen, sondern sämtliche Wände komplett sanieren, Stahlträger neu einziehen, die nach neuen feuerschutztechnischen Vorgaben komplett verkleidet sein müssten. Von den Wänden im Keller, wo eine uralte Pumpe von der Vergangenheit der Brennerei als Wasserpumpstation für Landsham zeugt und vier ausgediente Malzbehälter seit dem Ersetzen des Malzes durch Enzymzugaben vor sich hin rotten, bröckelt der Putz. An den Stahlbrücken über den Maischebottichen im Erdgeschoss hat sich Schimmel breit gemacht.

Dass nun von den Initiatoren des Bürgebegehrens - Stefan Seizl und Bettina Marquis sitzen selbst für die Gruppierung Alternative für Pliening und SPD/Unabhängige im Gemeinderat - versucht werde, auch gegen den Willen der Genossenschaftsmitglieder, die sich entschlossen haben, die Brennerei zu verkaufen, den Status Quo zu bewahren, erfüllt CSU-Mitglied Königer mit Zorn. "Eine Veränderungssperre würde hier für fünf Jahr alles lahm legen, das käme für uns einer Enteignung gleich." Schließlich habe man das Gebäude ja der Gemeinde angeboten und auch nach Investoren gesucht. Aber selbst ein großer Gastwirt aus München, den Namen will er nicht nennen, der mit Fachleuten hier gewesen sei, habe im Hinblick auf die prognostizierten Kosten abgewunken. Das Haus aber nur provisorisch zu unterhalten, bis sich doch noch eine Möglichkeit auftue, eine Neunutzung zu finanzieren oder finanzieren zu lassen, verursache enorme Kosten. "7000 Euro kostet uns allein die Versicherung im Jahr, und wir sind verantwortlich wenn was passiert." Als erstes könnte der Kamin bei großer Kälte einfrieren und vom Frost gesprengt werden, erklärte Tobias Zeller, bis Anfang des Jahres verantwortlicher Brennmeister in Landsham.

Derweil gab sich Stefan Seizl immer noch optimistisch. Die 400 notwendigen Unterschriften für das angestrebte Bürgerbegehen habe man fast zusammen und "ich habe meine Zuversicht noch nicht verloren." Er hoffe darauf, dass so schnell ja nicht das ganze Gebäude abgerissen werden könne. "Jetzt haben wir heute den Gemeinderat und dann schauen wir mal." Bettina Marquis, die von den Abrissarbeiten erst von einer Nachbarin erfuhr, war dagegen geschockt. "Wenn jetzt Tatsachen geschaffen werden, dann war es das wohl."

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