Gerichtsverhandlung in Ebersberg:Prahlen, bis die Polizei kommt

Mit einem gefälschten US-Führerschein lässt sich vor Kollegen angeben - vor Gesetzeshütern besser nicht. Einen Landkreisbürger bringt das vor Gericht.

Von Klemens Hering, Ebersberg

Verschaffung von falschen amtlichen Unterlagen: So lautete die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen einen Landkreisbürger. Angefangen hat alles 2005 mit einem zweiwöchigen Trip in die USA bei dem der jetzt Angeklagte einen Ungarn kennenlernte, der ihm ein verlockendes Angebot machte: 80 US-Dollar für einen amerikanischen Führerschein und eine "ID-Card". Benutzen wollte er diese nie, versicherte der Mann nun vor Gericht, außer zum Angeben bei den Kollegen. Dass keines der Dokumente aussagekräftig ist, habe man ihm gesagt, aber er brauchte die Dokumente ja nur zum Prahlen. Zurück in Deutschland ging der Plan auf: Die Kollegen waren beeindruckt.

Nicht aber die Polizei, als sie die Dokumente Anfang des Jahres bei einer Routinekontrolle fand, und stutzig wurde. Der Angeklagte gab wahrheitsgemäß an, dass er sich nicht ausweisen könne, sein Reisepass liege in seiner Wohnung, da es bei Verlust zu mehrmonatiger Verzögerung bis zum Wiedererhalt kommen kann. Polizeibeamte durchsuchten den Mann, entdeckten die "Fahrerlaubnis" mit Lichtbild und kassierten diese sofort ein.

Nun sitzt er im Amtsgericht in Ebersberg und muss sich wegen Verschaffung von falschen amtlichen Unterlagen verantworten. Das pinke Polohemd, die zerrissene Jeans und die neonfarbenen Sneakers passen so gar nicht zu der reuigen Körperhaltung die der Mann an den Tag legt. Den Blick vor sich auf die Anklagebank gerichtet erklärt er Richterin Vera Hörauf, wie er an die Dokumente gekommen ist. Autofahren könne er nicht einmal, nur angeben wollte er, wiederholt er.

Doch die Richterin ist noch beschäftigt zuzuordnen, um welches eingezogene Dokument es sich nun handle, den Führerschein, oder den Personalausweis. Also erheben sich Angeklagter, Staatsanwalt und Verteidiger, finden sich vor der Richterin ein und versinken in rätselndes Gemurmel.

Nach vermeintlicher Klärung ruft Hörauf einen ehemaligen Kollegen des Angeklagten in den Zeugenstand. Dieser bezeugt nach der Belehrung durch die Richterin, dass der Angeklagte mit den gefälschten Dokumenten vor ihm prahlte und stolz seinen amerikanischen Führerschein zeigte. Nach der Frage, ob er diesen identifizieren könne erheben sich Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter und Zeuge ein weiteres Mal, finden sich bei der Richterin ein um grübelnd die Köpfe zusammenzustecken.

Zu lange sei es her gewesen, er erkennt den Ausweis nicht wieder. Die Richterin bedankt sich entlässt den Zeugen und ruft einen der Beamten, der bei der Kontrolle dabei war, in den Zeugenstand. Der gut gelaunte Polizeihauptmeister gibt den Ablauf der Kontrolle routiniert wieder. Ob er die eingezogenen Dokumente wiedererkennt, lautet auch die Frage an ihn. Wieder erheben sich die Anwesenden und finden sich vor der Richterin ein. Der Beamte wirkt, als könne er sich besser erinnern und so scheint das Rätsel gelöst.

Nun steht die Frage der Gebrauchsabsicht im Gerichtssaal. Diese hat der Angeklagte auch schon das ein oder andere Mal beantwortet, bestätigt durch seinen Arbeitskollegen. Nur der Staatsanwalt ist noch nicht zufrieden und unterstellt im Abschlussplädoyer eben diese Gebrauchsabsicht. Für den Verteidiger ist dieser Vorwurf mit dem altbewährten "in dubio pro reo" - im Zweifel für den Angeklagten, ausgeräumt. Dem schließt sich auch das Gericht an und spricht den Angeklagten frei.

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