Erster Besuch in Ebersberg:Schwarze Schafe und Unschuldslämmer

Michael Kaniber Landwirtschaftsministerin

Die neue Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber forderte die Ebersberger Bauern auf, ihr "die Meinung zu geigen". Diese ließen sich nicht lange bitten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) verspricht den Ebersberger Landwirten, dass Tier- und Umweltschutz nicht um jeden Preis durchgesetzt werden dürfe.

Von Victor Sattler, Ebersberg

"Mein rechter, rechter Platz ist frei", hat CSU-Kreisvorsitzender Thomas Huber im März beklagt, als seine Sitznachbarin im Landtag, Parteikollegin Michaela Kaniber, überraschend zur neuen Agrarministerin Bayerns berufen wurde. Weil er sie seitdem arg vermisst hat, besuchte Kaniber nun die Ebersberger Alm und die CSU-Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ELF), der sie die Gelegenheit gab, ihr "mal die Meinung zu geigen". Bei einer Rhabarberschorle und im rhabarberpinken Mantel nahm Michaela Kaniber also wieder den gewohnten Platz zur Rechten Hubers ein. Sie bewies den Ebersbergern, dass sie auch als Quereinsteigerin, für die Landwirtschaft politisches Neuland ist, recht genau weiß, was im Landkreis wächst, weidet und wo die Probleme wuchern.

Die Landwirte, geschmeichelt durch einen Besuch von solch Kaliber, trugen ihre Sorgen an die Ministerin heran. Der Bund und die EU verfolgten Ziele wie den Umweltschutz und eine humanere Tierhaltung, die mit der Praxis der Bauern noch nicht vereinbar seien. Als Konsequenz fühlen sich die Landwirte unter der Fuchtel und in existenzieller Gefahr: Eines Tages könnten Discounter plötzlich ihr Fleisch ablehnen, weil das Rind in Anbindehaltung sein Leben fristete. Oder sie könnten sich vor Gericht wiederfinden, weil erst am Schlachtband ein Knochenbruch des Tieres entdeckt werde. Auch die neue Düngeverordnung, welche die EU-Nitratrichtlinie umsetzen soll und zu diesem Zweck eine längere Lagerung von Gülle nötig macht, macht ihnen zu schaffen. Just am Folgetag der Veranstaltung verurteilte der Europäische Gerichtshof Deutschland für die hohen gesundheits- und umweltschädlichen Nitratlevel im Grundwasser. Die einen Bauern hätten den Richtern gern erklärt, dass sie die Vorgaben für nicht umsetzbar halten, die anderen wünschen sich vom Staat zumindest Subventionierung für ihre neuen Güllegruben. "Es stinkt doch von vorne bis hinten", klagte einer der Bauern.

Michaela Kaniber hörte zu und notierte sich dabei einen kleinen Roman auf die Rückseite ihres Ehrengast-Schildes. Sie versprach, sich gegen den Generalverdacht zu wehren: "Natürlich gibt es auch schwarze Schafe unter den Bauern, aber dem Großteil wird Unrecht getan, wenn sie als Brunnen- und Bodenvergifter beschimpft werden." Außerdem zeigte sie sich enttäuscht, dass die EU beim Thema Düngen "mit einer Schablone übers Land geht und dann sagt, es darf keiner mehr". Deshalb folgen laut der Ministerin beim Düngen bald wieder Entlastungen statt Verschärfungen, einige Böden würden noch weit mehr Nitrat vertragen. Bei der Ferkelkastration, die ab 2019 nicht mehr betäubungsfrei durchgeführt werden darf, setzt sich Kaniber für den sogenannten vierten Weg mit örtlicher Betäubung ein; eine komplett schmerzfreie Kastration hielten Fachleute für nicht machbar. Übergangsfristen sollen sicherstellen, dass bayerische Schweinebauern nicht vergrault werden und somit noch mehr dänisches Schwein importiert werden müsste als ohnehin.

"Das alte Gegeneinander von Agrar- und Umweltministerium endet nun endlich!", verkündete Thomas Huber, denn die Zusammenarbeit Kanibers mit dem neuen und alten Umweltminister Marcel Huber (CSU), den sich viele als Agrarminister gewünscht hatten, sei bisher exzellent. Kaniber wolle Entwicklung zulassen, aber nicht um jeden Preis. Auch ihr Spiel mit dem zweiten Huber lief wie geschmiert, beide suchten zu verschleiern, wer um wen scharwenzelte. "Keiner rotiert wie Tom Huber", sagte Kaniber und strahlte, "er ist der stärkste, leidenschaftlichste und fleißigste Abgeordnete." Huber lobte sie als ehrlich, konservativ und durchsetzungsfähig. Von Markus Söder hat Kaniber ganz andere Qualitäten bescheinigt bekommen: "Du bist immerhin die Frau aus den Alpen!", habe der Ministerpräsident vor ihrer Berufung zu der Berchtesgadenerin gesagt.

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