Ergebnis einer Routineprüfung:Grenze überschritten

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Grafinger Biogasanlage produziert deutlich mehr Energie als genehmigt

Thorsten Rienth

Die Betreiber der Grafinger Biogasanlage sind gerade dabei, sich eine erhöhte Gasproduktion genehmigen zu lassen. Jetzt kommt heraus: Sie haben die Kapazität der Anlage am Stadtteil Schönblick schon längst erhöht. Die jährlich erlaubten 2,3 Millionen Kubikmeter Biogas sind im Jahr 2012 "deutlich überschritten" worden, wie der Büroleiter des Landrats, Norbert Neugebauer, bestätigt.

Neugebauers Angaben zufolge hatte das Landratsamt dies bei einer Routineüberprüfung festgestellt. In welcher Größenordnung die Betreiber zu viel Gas produzierten, konnte er im Detail nicht sagen. Nur so viel: "Es geht nicht um eine geringfügige, sondern um eine deutliche Überschreitung" der erlaubten Menge. "Das Landratsamt prüft gerade, ob gegen die Genehmigung der Anlage verstoßen worden ist", sagt Neugebauer. Seinen Aussagen nach zu urteilen ist die offizielle Feststellung eines Verstoßes offenbar nur noch eine Formalie.

Der Zeitpunkt dieser Nachricht kommt für die Betreiber der Anlage denkbar ungünstig. Erst vor zwei Wochen hatten sie beim Stadtrat eindringlich für die Genehmigung einer Kapazitätserhöhung um etwa 30 Prozent geworben. Weil die Anlage laut derzeitiger Genehmigung nur 2,3 Millionen Kubikmeter Biogas im Jahr produzieren darf, müsste der Stadtrat das Areal zum "Sondergebiet Erneuerbare Energien" umwidmen. Stellt sich nun heraus, dass die Betreiber praktisch hinter dem Rücken des Grafinger Stadtrats schon längst mehr als erlaubt produzieren, wäre das für das Wohlwollen des Gremiums kaum dienlich.

Auch bei den Anwohnern dürften die Neuigkeiten als Vertrauensmissbrauch interpretiert werden. Der Geruch von Silage und der Lärm von der Anlieferung der Biomasse seien eine große Belastung, heißt es am Schönblick unisono. Würde die Gasproduktion gesteigert, erhöhe sich auch Lärm und Gestank, lautet ihr Kalkül.

Bei dem zu den Betreibern gehörenden Grafinger Energieversorger Rothmoser ist man um Schadensbegrenzung bemüht. "Es stimmt, wir haben zu viel produziert", bestätigt Florian Rothmoser. Der Grund dafür sei gewesen, dass die Temperaturen im Jahr 2012 in Grafing verhältnismäßig niedrig gewesen seien. "Es war erst im Frühjahr sehr lange kalt, dann ist auch im Herbst früh der Frost gekommen." Den dadurch gestiegenen Grafinger Wärmebedarf habe man - anstatt mit fossilen Energieträgern - eben mit Biogas gedeckt. Gleichzeitig habe man sich davon erhofft, "die tatsächlichen Kapazitäten der Anlage festzustellen".

Warum die Betreiber dies ohne Genehmigung machten, ist einigen im Stadtrat ein Rätsel. "Ungeschickter geht es fast nicht mehr", war die erste Reaktion eines Gremiumsmitglieds, das die SZ gestern um eine Stellungnahme bat. "Das könnte zu einem echten Glaubwürdigkeitsproblem werden", warnte er. Rothmoser hält dem entgegen, dass man ja gerade dabei sei, die förmliche Genehmigung für das "Sondergebiet Erneuerbare Energien" einzuholen. Auf die Frage, warum die Betreiber dies nicht bereits im Laufe des vergangenen Jahres getan hätten, sagte er: "Wir wollten erst die Öffentlichkeit zu Wort kommen lassen."

Ob dies dem Landratsamt als Erklärung genügt, ist freilich offen. Dort läuft gerade ein sogenanntes Anhörungsverfahren. Die Betreiber der Biogasanlage sind aufgefordert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Auf dieser Basis - und den Ergebnissen der Routineüberprüfung - wird das Landratsamt über die nächsten Schritte entscheiden. Fest steht für Neugebauer: "Wenn gegen die Auflagen verstoßen wurde, wird das Konsequenzen haben." Wie diese aussehen, ließ er allerdings offen.

© SZ vom 13.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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