Elf  Aufführungen zu sehen:Schauspiel auf der Insel

Theater Wasserburg: „Robinson - Meine Insel gehört mir“ von Raoul Biltgen Es spielen: Mike Sobotka und Benedikt Zimmermann.

Ums Gestrandet-Sein und den Wunsch nach Abschottung geht es in "Robinson - meine Insel gehört mir". Das Stück wird gespielt vom Wasserburger Jugendtheater.

(Foto: Christian Flamm/oh)

Zum 14. Mal finden in Wasserburg die Bayerischen Theatertage der freien Bühnen statt. Das Programm ist auch in diesem Jahr bunt, abwechslungsreich, experimentell und aktuell

Von Theresa Parstorfer

Am liebsten würde Robinson einen Zaun bauen. Um seine ganze Insel. Damit da nicht jeder beliebige, womöglich aus der Heimat vertriebene Schiffbrüchige einfach so an Land kommen kann. Von Asyl hält er wenig, denn er ist gerne alleiniger Großgrundbesitzer des Eilands, an dessen Strand er selbst vor einigen Jahren angeschwemmt wurde. Fast 300 Jahre ist Daniel Defoes Roman über Robinson Crusoe alt. Doch wie aktuell die Thematik des Gestrandet-Seins ist, zeigt Raoul Biltgen, Schauspieler und Autor aus Luxemburg: In seinem Jugendroman "Robinson - meine Insel gehört mir" verknüpft er den klassischen Stoff mit der aktuellen Flüchtlingsthematik. Zu sehen ist Biltgens Geschichte nun am Theater Wasserburg. Es spielt allerdings nicht das Hauptensemble des Hauses, sondern dessen Jugendtheater unter der Regie von Frank Piotraschke.

Die Aufführung ist der Wasserburger Beitrag zu einer Reihe von Veranstaltungen: Schon zum 14. Mal finden in der kleinen Stadt am Inn die Theatertage der bayerischen Privattheater statt. 30 bis 40 Bewerbungen bekommen die Verantwortlichen im Schnitt jedes Jahr zugeschickt. Zehn bis zwölf Schauspielhäuser können ihre Stücke an je einem Abend innerhalb von zwei Wochen zeigen. In diesem Jahr fällt der erste Vorhang am 26. April, bei einem Abend voller Balladen und Legenden von Bertolt Brecht. Vorgetragen vom renommierten Schauspieler Udo Sammel, begleitet von Daniel Fueter am Klavier.

Uwe Bertram, Leiter des Theaters Wasserburg, hat die Theatertage vor 14 Jahren initiiert, da es "ein derartiges Treffen in Bayern noch nicht gab". Mittlerweile ist das Event ein fest etablierter Termin im Kalender vieler freier Schauspielhäuser. "Fast ein bisschen wie die Hofer Kurzfilmtage in klein", sagt Bertram und lacht. Schirmherrin ist Marion Kiechle, bayerische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst. In ihrem Grußwort betont sie die Vitalität und Vielfalt der freien Theaterszene", die man während der Wasserburger Theatertage "in konzentrierter Form" erleben könne.

Auf ein ausgewogenes Programm, auch im Hinblick auf die Vorjahre, legt die verantwortliche Auswahlkommission aus Mitgliedern des Wasserburger Theaters besonderes Augenmerk. "Unser Publikum kommt natürlich vor allen Dingen aus der Region und wir wollen den Leuten Abwechslung bieten", sagt Bertram. Gelungen ist die Auswahl in diesem Jahr mit Sicherheit.

"Hoppla, wir leben!", ein "bayerisches Revolutionsdrama" gleich am zweiten Abend spielt in der Zwischenkriegszeit. Die Produktion der Theaterwerkstatt Augsburg erzählt von der blutigen Niederschlagung der Münchner Revolution 1918 und dem vorzeitigen Ende der kurz zuvor gegründeten Räterepublik.

Modern wird es zwei Tage später, am 29. April, mit "Paarungen" der Teamtheater Tankstelle München. Liebe, Beziehungen, Ehe, Freundschaften und wie all diese zwischenmenschlichen Entitäten durch Geheimnisse und Misstrauen zu Bruch gehen können, behandelt der französische Autor Eric Assous in geschickten Rück- und Vorblenden. Dem Thema Beziehungen widmen sich ebenso die Produktionen "Wasserstoffbrennen" des Zentraltheaters München und "Glück" des Theater ... und so fort München, während es mit "Im Fluss" des Spiel-Werks Ansbach am 3. Mai eher sozial-experimentell wird: Drei Männer in einem Boot. Einer turnt, einer tanzt und einer ist ein Schauspieler. Begleitet werden sie von einem Klavier, und selbst wenn sie sich am Anfang viel streiten und am Ende immer noch die selben sind, haben sie dem Leben doch ein paar glückliche Momente abgetrotzt.

Wie auch das Stück des Jugendtheaters über Robinson, rückt die Moreth Company aus Dießen am Ammersee Weltliteratur in zeitgenössisches Licht: Obwohl zwischen Arthur Schnitzlers Erzählungen "Leutnant Gustl" und "Fräulein Else" 23 Jahre liegen, obwohl die eine von einem Mann, die andere von einer Frau handelt, gewähren sie beide Einblick in das Seelenleben junger Menschen, die mit Fragen der Ehre ringen, der äußerlichen wie der verinnerlichten. Zeitgemäß wird diese Thematik angesichts der aktuellen Debatte um sexuelle Dominanz von Männern gegenüber Frauen - so wird es im Stück "Am Rande der Welt" interpretiert.

Auch einen Preis gibt es bei den Theatertagen zu gewinnen: für die beste Produktion, den besten Schauspieler und die beste Schauspielerin. Eine Jury aus Theatermitgliedern, Kulturreferenten und Medienvertretern entscheidet darüber, doch auch die Meinung des Publikums geht in die Bewertung mit ein.

Doch egal, ob die Privattheater selbst aufführen und damit Aussicht auf diesen Preis haben, oder nicht - jedes Jahr kämen auch viele Mitglieder freier Schauspielhäuser, die selbst nicht auf der Wasserburger Bühne stehen werden, sagt Uwe Bertram. Denn auch wenn sich Bertram persönlich - ebenso wie das Publikum - freut, für eine Aufführung etwa des Augsburger Theaters nicht durch ganz Bayern fahren zu müssen, sind die Theatertage für ihn vor allen Dingen ein kreatives "Arbeitstreffen": Vor allem der hinter den Kulissen stattfindende Austausch mit anderen in der freien Szene Tätigen sei wichtig. "Das ist für den Zuschauer vielleicht nicht so interessant, aber für uns ist es beispielsweise auch spannend, über Dinge wie die Finanzierung freier Theater zu sprechen", sagt Bertram.

Einen Besuch wert sind die Wasserburger Theatertage also allemal, denn sie zeigen, dass Wasserburg - obwohl geografisch auf einer Halbinsel liegend - in kreativer Hinsicht definitiv keine umzäunte Insel ist.

Die 14. Wasserburger Theatertage finden vom 26. April bis zum 6. Mai am Theater Wasserburg statt. Karten sowie das gesamte Programm gibt es im Internet unter www.theaterwasserburg.de

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