Einsame Entscheidung in Ebersberg:Landrat brüskiert Ausschuss

Gottlieb Fauth hat den neuen Jugendamtsleiter Christian Salberg offenbar gegen die Mehrheit des zuständigen Gremiums bestellt

Lars Brunckhorst

Landrat Gottlieb Fauth (CSU) hat seine Entscheidung für Christian Salberg als neuen Jugendamtsleiter offenbar gegen die Mehrheitsmeinung im Jugendhilfeausschuss gefällt. "Die Tendenz ging eindeutig nicht zu Herrn Salberg", schilderten am Mittwoch mehrere Ausschussmitglieder der SZ den Verlauf der Sitzung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Die Mehrheit im Ausschuss hat sich demnach für die Mitbewerberin ausgesprochen: eine Sozialpädagogin, die beim Kinderschutzbund tätig ist. An Salberg wurde dagegen bemängelt, dass er über "keinerlei sozialpädagogische Ausbildung" verfügt.

Nach der Vorstellung der beiden Kandidaten wurde in dem Ausschuss ein Meinungsbild abgefragt und nach Aussagen von Teilnehmern auch protokolliert. Eine Abstimmung fand nicht statt, denn die Personalentscheidung liegt allein beim Landrat. Nach Ansicht von Ausschussmitgliedern stand diese aber anscheinend schon vor der Sitzung fest. "Mir hat sich der Eindruck aufgedrängt, dass die Entscheidung bereits gefallen war", sagte gestern der Glonner Bürgermeister und SPD-Kreisrat Martin Esterl.

Dabei hatte Esterl den Landrat noch zu Beginn der Sitzung gefragt, ob die Meinungsfindung im Ausschuss für die Entscheidung des Landrats eine Rolle spiele. Auf seine Frage hat Esterl nach eigenen Worten "ein knappes Ja" zur Antwort erhalten. Umso enttäuschter ist der Sozialdemokrat von dem Ausgang: "Im Nachhinein hätte ich mir die Teilnahme an der Ausschusssitzung sparen können. Es war verlorene Zeit." Diese Meinung gab bereits während der Sitzung Daniel Grasser zu Protokoll. Der Vorsitzende des Kreisjugendrings äußerte offen seinen Verdacht, dass die Entscheidung schon vorgegeben sei. Grasser ist über den Umgang des Landrats mit dem Jugendhilfeausschuss tief verärgert: "Mit Lappalien werden wir ausgiebig beschäftigt, aber wirklich Wichtiges kommt zu kurz." Verärgerung herrscht auch bei den Grünen. Deren Vertreterin im Jugendhilfeausschuss, die Kreisrätin Christine Gerneth, nannte es gestern "enttäuschend, wenn sich die eindeutige Meinung des Ausschusses so wenig in der Entscheidung widerspiegelt".

Gerneth wie auch andere Kritiker der Entscheidung bemängeln insbesondere, dass dem neuen Jugendamtsleiter jegliche Erfahrung in seinem künftigen Tätigkeitsfeld fehle. "Es ist schwer vorstellbar, wie jemand das Jugendamt gänzlich ohne sozialpädagogische Befähigung führen will", so die Grünen-Politikerin. Das sieht auch SPD-Mann Esterl so: "Es geht um die Leitung einer Fachbehörde, da brauchen wir jemanden, der nicht nur was von Betriebswirtschaft und Organisation versteht, sondern fachlich qualifiziert ist." Für KJR-Chef Grasser ist dagegen bereits klar, was der Landrat mit seiner Entscheidung für den 42-jährigen Diplomverwaltungswirt bezweckt, der von der Arbeitsagentur München kommt und bis März die Hartz-IV-Behörde in Ebersberg geleitet hat: "Salberg ist ein sehr kostenbewusster Mensch. Die Priorität im Jugendamt wird noch mehr in Richtung Kostensenkung verlagert werden", ist Grasser überzeugt.

Im Landratsamt will man die umstrittene Personalentscheidung nicht genauer begründen. Abteilungsleiter Andreas Stephan, einst selbst Jugendamtschef, sagte in Vertretung von Gottlieb Fauth zur SZ: "Die Entscheidung, wer der beste Mann ist, steht nur dem Landrat zu." Der Jugendhilfeausschuss müsse vor der Einstellung nur gehört werden. Dies sei geschehen. "Im Anschluss hat Herr Fauth seine Entscheidung getroffen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: