Ebersberg/München:Überraschende Wende

Belastungszeugin behauptet vor Gericht, gelogen zu haben

Ein Pizzabäcker und dessen mutmaßlicher Komplize, die sich seit Dienstag wegen eines Einbruchs und eines Raubes vor dem Landgericht München II verantworten müssen, sind unschuldig. Das zumindest behauptete die frühere Frau des Pizzabäckers am zweiten Verhandlungstag. Die Altenpflegehelferin sagte bei ihrer Vernehmung, sie habe ihren geschiedenen Mann und den Mitangeklagten - ihren Bruder - zu Unrecht beschuldigt. Im März 2012 soll der Pizzabäcker zusammen mit dem 44-Jährigen Schmuck im Wert von rund 18 000 Euro aus der Wohnung einer ehemaligen Bankangestellten aus dem Landkreis gestohlen haben. Nur fünf Monate später habe ihr Ex-Mann dann mit einem Schulfreund die Frau in ihrer Wohnung ausgeraubt. Das alles habe sie sich ausgedacht, sagte die Altenpflegehelferin. Sie habe sich an ihrem Mann und an ihrem Bruder rächen wollen. "Ich habe die schlimmste Art der Rache gemacht", sagte die 42-Jährige. Im Mai 2014 hatte der Pizzabäcker seine Frau vergewaltigt und war hierfür im März 2015 vor dem Landgericht München II zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Ihren Bruder habe sie bei der Polizei angeschwärzt, da er ihr das Auto sowie 400 Euro geklaut habe, erklärte die Altenpflegehelferin. Der 44-Jährige sitzt derzeit in Untersuchungshaft.

Auf die Idee, ihrem Ex-Mann und dessen Schulfreund den Raub im August 2012 in die Schuhe zu schieben, habe sie die Sendung Aktenzeichen XY ungelöst gebracht, so die 42-Jährige. Das ZDF hatte Anfang 2015 über den Fall berichtet. "Ich schaue mir diese Sendung gern an und habe gedacht, die zwei passen da gut rein", erklärte die Altenpflegehelferin bei ihrer Vernehmung. Habe ihr der Schulfreund ihres früheren Mannes auch etwas angetan, fragte der Vorsitzende, Richter Martin Hofmann, die Zeugin. Nein, räumte die 42-Jährige ein. Sie habe dessen Namen der Polizei nur deshalb genannt, weil er dem Täter, von dem ein Fahndungsfoto vorlag, ähnlich gesehen habe. Der Mann hält sich zur Zeit in Belgrad auf. Auch er ist in dem Verfahren vor dem Landgericht München II angeklagt, ist aber zum Prozess nicht erschienen.

Für den Pizzabäcker und den mitangeklagten Bruder der Altenpflegehelferin ist der Fall mit der Aussage der 42-Jährigen aber noch nicht ausgestanden. Sie bleiben vorerst in Haft. Denn sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht hatten Zweifel an der Geschichte, die ihnen die frühere Frau des Pizzabäckers auftischte. Unter anderem hatte die 42-Jährige berichtet, sie habe vor ihrer Aussage bei der Polizei im Juli 2015 Heroin konsumiert. Sie sei damals süchtig gewesen. Bei ihrer Vernehmung sei sie "voll drauf" gewesen. Dafür habe sie habe aber sehr detaillierte Angaben zu dem Einbruch als auch zu dem Raub gemacht, wandte Richter Hofmann ein. Sie habe sich alles ausgedacht, versicherte die Zeugin. "Und das angeblich unter dem Einfluss von Heroin", bemerkte die Staatsanwältin. Die Altenpflegerin wird nun ein weiteres Mal vernommen. Der Prozess dauert an.

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