Flüchtlinge in der Sporthalle:Niedergesäß wehrt sich gegen Kritik aus Kirchseeon

Lesezeit: 2 min

Nach einem Brandbrief aus Kirchseeon an das Landratsamt zu den Missständen in der Sporthalle, meldet sich nun der Landrat zu Wort. Er sieht auch die Gemeinde in der Pflicht.

Von Isabel Meixner, Ebersberg/Kirchseeon

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat gereizt auf die Kritik aus Kirchseeon am Zustand der Flüchtlingsunterkunft in der Gymnasiumsturnhalle reagiert. Viele der Forderungen, die Gemeinderat und Helferkreis in einem Brief an das Landratsamt formuliert hatten, seien bereits erfüllt worden oder in Umsetzung begriffen. "Anstatt uns hier mit Vorwürfen zu begegnen, wären wir dankbar, wenn uns weitere Liegenschaften gemeldet werden", nimmt Niedergesäß die Gemeinde in die Pflicht - und lässt gleichzeitig eine Spitze gegen Bürgermeister Udo Ockel (CSU) los, der das Thema Flüchtlinge ausschließlich als Landkreisaufgabe ansieht: Er bitte Ockel, sich in der Gemeinde nach Räumen umzuschauen, in denen die Helfer Deutschkurse geben können, "in vielen anderen Landkreiskommunen ist dies gängige Praxis".

Der Landrat kündigte auch an, noch in dieser Woche mehr Unterstützung von den Bürgermeistern einfordern zu müssen: Mitte Januar werden die Kapazitäten bei der Unterbringung der Flüchtlinge zur Neige gehen, und erst Ende Januar, Anfang Februar wird die Traglufthalle in Pliening bereitstehen, in der bis zu 300 Asylbewerber Platz finden können.

Für den Landrat handelt es sich um einen Krisen- und Notmodus

Ihm sei bewusst, dass die Turnhalle in Kirchseeon beengt sei, so Niedergesäß, "aber ich denke, es ist für alle nachvollziehbar, dass wir uns im Krisen- und Notmodus befinden". Ursprünglich sollten in der Turnhalle am Gymnasium 130 Asylbewerber unterkommen; inzwischen sind es 170. Diese Überbelegung hatte auch dazu geführt, dass unter anderem sämtliche Tische und Stühle aus der Halle verbannt wurden - um Flucht- und Rettungswege offen zu halten, wie der Landrat betont. Das hat jedoch auch zur Folge, dass die Flüchtlinge auf dem Boden oder in ihrem Bett essen müssen.

"Es kann nicht sein, dass ein Nein von Seiten des Landratsamtes nicht akzeptiert wird und dann der Weg über die Presse oder Ähnliches gesucht wird. Auch kann es nicht sein, dass sich meine Mitarbeiter immer wieder für Entscheidungen rechtfertigen müssen", so Niedergesäß. Bis jetzt habe der Kreis immer davon abgesehen, Liegenschaften der Kommunen zu beschlagnahmen "und stattdessen jede unserer Liegenschaften bis auf das Letzte ausgereizt. Ist es dem Marktgemeinderat lieber, wir greifen auf gemeindliches Eigentum zurück?"

Auch die Asylbewerber müssen sich einbringen

Niedergesäß schließt nicht aus, in Kirchseeon auf Lebensmittelpakete umzusteigen. Die Grünen im Gemeinderat hatten unter anderem die Hygiene in den zwei Küchencontainern angeprangert und gefordert, dass diese einmal täglich professionell geputzt und gereinigt werden. Doch hier sieht der CSU-Politiker auch die Asylbewerber in der Pflicht: "Wir haben Unterkünfte, die mehr als reinlich gepflegt werden."

Eine Essensversorgung würde die Küchen obsolet machen und ein weiteres Problem entschärfen: das der fehlenden Kühlschränke. Etwa ein Dutzend steht allen Asylbewerbern zur Verfügung, zu wenig, um dort Töpfe mit Essen aufbewahren zu können. Diese würden stattdessen unter dem Bett gelagert, hatte Sonja Naumann vom Helferkreis berichtet.

Die Kommunikation ist laut Niedergesäß durchaus gegeben

Die Reparaturen, etwa der kaputten Toiletten, seien in Auftrag gegeben, so Niedergesäß weiter, er könne aber nicht sicherstellen, ob die Handwerker den Auftrag noch vor Weihnachten erledigen können. Inzwischen würden täglich die Halle und die Küchencontainer grundgereinigt.

Räume für Deutschkurse zur Verfügung zu stellen, sei nicht die Pflicht des Landratsamts. Dennoch habe seine Behörde mit der Schulleitung des Gymnasiums vereinbart, dass die Ehrenamtlichen zwei Zimmer nutzen können. Den Vorwurf der mangelnden Kommunikation könne er nicht nachvollziehen. Der Helferkreis sei stets in E-Mail-Wechsel und Termine eingebunden gewesen - was er anders herum nicht behaupten könne: Vom Besuch der Grünen-Fraktion in der Turnhalle habe er erst aus der Zeitung erfahren. "Uns ist bewusst, welch wichtigen Beitrag die Ehrenamtlichen zur Integration beitragen", so Niedergesäß. Dennoch bitte er in manchen Fällen auch um Geduld, manche Dinge nähmen ein paar Tage in Anspruch.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: