Ebersberger Stadtlauf:Die Lunge sticht, der Oberschenkel schmerzt

Ebersberger Stadtlauf: Der Regen schreckt sie nicht: Teilnehmer beim Ebersberger Stadtlauf.

Der Regen schreckt sie nicht: Teilnehmer beim Ebersberger Stadtlauf.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Trotz Sauwetter starten beim Ebersberger Stadtlauf 430 Teilnehmer. Sogar ein 81-Jähriger ist dabei. Und ein SZ-Reporter, der unter größter Kraftanstrengung das Feld auf 10,2 Kilometern sportlich begleitet.

Von Thorsten Rienth

Am Sonntagmorgen sind die Leute auf dem Ebersberger Marienplatz vor allem mit einem beschäftigt: sich unter Pavillons, Hauseingänge oder sonst irgendwo zu drängeln. Irgendwo, wo es nicht hinregnet. Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) aber ist ein Mann mit Humor. "Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch", zitiert er den Komiker Karl Valentin. Ein paar Minuten später brüllt jemand "Los!" und ein Pulk von etwas über 430 Läufern schiebt sich vom Marktplatz in Richtung Bahnhofstraße. Es biegt rechts in den Klosterbauhof ab und dann am Landratsamt vorbei die Eichthalstraße hoch.

Kurz vor dem Start hatte der Moderator darum gebeten, dass die Schnelleren bitte ganz nach vorne an die Startlinie sollten. Der SZ-Reporter, der den Lauf auch als Sportler begleitet, glaubt, dass er zu den eher Schnellen gehöre. Sicherheitshalber stellt er sich relativ weit vorne an den Start. So müssen einige gedacht haben, denn bis der Pulk in der Heinrich-Vogl-Straße langsam die Ziehharmonika macht, steckt er fest. Wenigstens läuft er dadurch nicht viel zu schnell los und riskiert, bei der Hälfte am Straßenrand zu kapitulieren. Und hat noch Muße, die Läufer zu beobachten:

Der Regen ist ein Fluch. Die ganze Zeit läuft einem das Wasser in die Augen. "Wichtig ist, dass du wirklich daran glaubst, anzukommen", sagt mir ein paar Tage vorher ein Bekannter. Er hat einige Semester Sportpsychologie hinter sich und weiß, wovon er redet. Ankommen? Wie bitte? 46 Minuten 20 Sekunden sind mein Ziel für die 10-Kilometer-Strecke. Gelaufen bin ich sie als 15-Jähriger beim Anzinger Forstlauf. Meine C-Jugend habe ich in der in der Fußballabteilung des TSV Grafing verbracht. Samstags war ich der Rechtsaußen - auf der Ersatzbank. Aber zweimal die Woche scheuchte uns der Trainer um den Fußballplatz und manchmal noch viel weiter. 16 Jahre später will ich wissen, wie alt ich inzwischen geworden bin.

Ob der Ebersberger Stadtlauf dafür der richtige Test ist? Es geht erstaunlich unverbissen zu. Die Sache hat eher Stadtfestcharakter, bei dem halt ein bisschen gerannt wird. "Ziel ist es, vor allem auch Bürger zum Laufen oder Walken zu bewegen, die sonst nichts mit Laufen zu tun haben", schreiben die Organisatoren Bernhard Frey, Martin Schug und Peter Hölzer auf der Stadtlauf-Internetseite.

"Die Jesuitengasse ist der Wahnsinn"

Stadtjugendpfleger Hölzer kennt gefühlt das gesamte Starterfeld. Ein Lauftreff aus der Mittelschule ist dabei. Mitarbeiter aus dem Rathaus. Betreuer und Betreute aus der Ebersberger OBA, der Offenen Behindertenarbeit. Korbinian "Kurbi" Kreißer, das Ebersberger Original mit langem, weißen Bart, ist mit 81 Jahren der Älteste. Der CSU-Ortsvorsitzende Florian Brilmayer läuft ebenfalls mit. Näher am Menschen eben. In der Ignaz-Perner-Straße, bevor es die Abt-Häfele-Straße zum Sägewerk hinunter geht, feuern ihn seine Mutter Elfriede und die beiden Töchter an.

"Die Jesuitengasse ist der Wahnsinn", hatte Hölzer vor dem Rennen gewarnt. Der Mann hat untertrieben. Die Lunge sticht, der Oberschenkel schmerzt. Ich überlege mir, ob es nicht sinnvoller wäre, kurz zu Fuß zu gehen, um mir die Kraft für später zu sparen. Gerade als ich vom Laufschritt in den Gehschritt schalten will, sehe ich oben eine Kollegin. Unmöglich, jetzt klein beizugeben. Also weiter. Klosterbauhof, Eichthalstraße, Gärtnerei Weber, wenden, zurück zum Marienplatz. Der Wendepunkt in der Heinrich-Vogl-Straße ist die wohl beste Idee der Streckenführung: Man bekommt einen ziemlich guten Überblick, wer vor einem ist, und wer dahinter.

Plötzlich kommt da jemand im Darth Vader-Kostüm und mit Lichtschwert in der Hand gelaufen. Der Spaßvogel entpuppt sich als Christian Zeisel, ehemaliger Vorsitzender der Ebersberger Aktion Jugendzentrum e.V. (AJZ) und heute Mitarbeiter in der Stadtjugendpflege. "Cool", keuchen ein paar Jugendliche . "Cool", sagt später der andere Jugendpfleger, Peter Hölzer. Die Freiwillige Feuerwehr sperrt die Straßen ab und ist als Rad fahrende Streckenorientierungshilfe unterwegs.

Ungefähr 130 Höhenmeter sind auf der 10,2-Kilometer-Strecke zu überwinden. "Das ist natürlich was ganz anderes als beim Stadtlauf in München, wo alles eben ist", appelliert der Jugendpfleger ans Ego der Läufer. Und nach ein paar Kilometern ist der Regen längst kein Fluch mehr, sondern willkommene Abkühlung. Meine Uhr bleibt bei 50 Minuten 15 Sekunden stehen. Im Ziel bin ich. Aber nicht an meinem. Der Sieger braucht eine Viertelstunde weniger.

Die Jugend hält halt nicht ewig, mag die Erkenntnis des Sonntags sein. Trotzdem beruhigend, dass es den Stadtlauf im nächsten Jahr wieder geben soll.

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