Ebersberger Forst:Bäumchen wechsel dich

Inventur Forstbetrieb Wasserburg

Forstbetriebsleiter Heinz Utschig (links) erläutert die Pläne für das kommende Jahrzehnt.

(Foto: oh)

Momentan besteht der Ebersberger Forst zu mehr als 50 Prozent aus Fichten. In den kommenden zehn Jahren soll sich das ändern: Gepflanzt werden jetzt mehr Douglasien und Tannen

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Der Ebersberger Forst soll in den kommenden Jahren noch vielfältiger werden als bisher. Das geht aus dem neuen Inventurplan des Forstamts in Wasserburg hervor. Danach sollen in den kommenden zehn Jahren zwischen 20 und 30 Prozent des Fichtenwaldbestandes aus dem Forst verschwinden. Als Ersatz soll mindestens die gleiche Holzmenge an Douglasien und Buchen aufgeforstet werden, wie Forstamtsleiter Heinz Utschig der SZ mitteilte: "In den kommenden Jahren ist die Mischung im Wald unser Programm."

Bei einer Forstinventur werden Baumarten und Holzvorräte erfasst. An 5000 Punkten wurden im Sommer 2016 Informationen wie das Alter, die Höhe und der Umfang der Bäume erfasst. Alle zehn Jahre findet so eine Inventur statt. Für den Ebersberger Forst ist hier wie sonst auch die Behörde in Wasserburg zuständig. Der Forst macht 40 Prozent des Waldes aus, den Amtsleiter Utschig zusammen mit Förstern des Forstbetriebs, Waldbauspezialisten, Vorständen und dem Aufsichtsrat der Bayerischen Staatsforsten nun auch in einer zweitägigen Begehung nochmals analysiert hat. In den kommenden zwölf Monaten entwickeln Utschig und seine Kollegen nun ein detailliertes Konzept, wie die Förster bis Sommer 2028 die geplante Mischung im Wald erreichen sollen.

Vor 300 Jahren hatte der Ebersberger Forst diese Mischung noch. Stand jetzt, so Utschig, macht die Fichte aber 50 bis 55 Prozent des Ebersberger Forstes aus. Der Hauptgrund: Ende des 19. Jahrhunderts hatte eine Raupenplage die Hälfte des Forstes vernichtet. Geschäftstüchtige Forstarbeiter pflanzten danach zwar wieder Bäume, allerdings massenhaft Fichten - Holz, das schnell wächst und gut verkauft werden kann. So entstanden die Monokulturen hier und anderswo. "Wir arbeiten seit längerem daran, deren Bestand einzudämmen", sagt Utschig.

Konkret soll es so aussehen: Bis zum Jahr 2028 soll etwa ein Viertel aller Fichten verschwinden, sodass deren Bestand nur noch 40 Prozent im Ebersberger Forst ausmacht. Stattdessen soll der Bestand an Tannen und Douglasien verdoppelt werden, von jeweils fünf auf zehn Prozent. Außerdem, so Utschig sollen nach Möglichkeit die Flora-Fauna-Habitats-Areale (FFH-Gebiete) vergrößert werden, dort sieht der Wald nahezu unberührt aus, diese Teile des Waldes machen derzeit etwa fünf Prozent im Forst aus. Lediglich am Bestand der Buchen soll festgehalten werden - er macht bisher ein Drittel aus. Gelingt all das, hätte die Fichte im Forst erstmals seit 200 Jahren ihre absolute Mehrheit verloren.

In den vergangenen zwölf Monaten wurde immer wieder daran erinnert, dass der Ebersberger Forst eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Bayerns ist. Zuletzt war der Ebersberger Forst vor allem wegen eines geplanten Bauprojekts in den Schlagzeilen. Der Freistaat Bayern will auf Höhe Forstinning eine Umgehungsstraße bauen, die Anwohner der viel befahrenen Hauptstraße wünschen sich das Projekt. Weil die Straße aber gut einen Kilometer durch den Forst gebaut werden soll, gehen die Kreis-Grünen und der Bund Naturschutz auf die Barrikaden.

Auf die neue Zehn-Jahres-Planung hat die aktuelle Debatte allerdings kaum Einfluss, auch wenn mit der Umgehung zwei Hektar Wald verschwinden würden. Für Utschig würde es in dieser Hinsicht nichts ändern. "Das ist ein so kleiner Prozentsatz", sagt er. Bei 7000 Hektar Gesamtfläche würde dies kaum ins Gewicht fallen, zumal die Bäume wieder aufgeforstet werden. Utschig ist kein erklärter Gegner der Umfahrung, er sieht aber auch die Risiken. Das Problem: Tiere würden ihren Lebensraum verlieren, und ein 15 Hektar großes Waldstück würde vom Rest abgetrennt - der Forst würde seine Immunität verlieren.

In ihrer Pressemitteilung heben die Bayerischen Staatsforsten vor allem die positiven Entwicklungen im Ebersberger Forst hervor. Bereits in den vergangenen zehn Jahren sei der Fichtenbestand zurückgegangen, Tannen, Lärchen und Douglasien hätten sich vermehrt - ein Beispiel für andere Waldgebiete in Bayern. "Ziel ist es, dass der zukünftige Wald immer aus mindestens vier Baumarten aufgebaut sein soll", sagt Walter Faltl, der Bereichsleiter Waldbau der Bayerischen Staatsforsten. Je mehr verschiedene Baumarten im Wald sind, desto stabiler der Wald. "Wenn der Borkenkäfer die Fichte wegfrisst, bleiben immer noch drei andere Baumarten", sagt Utschig.

Der Ebersberger Forst ist längst nicht mehr nur Nutzwald, sondern über die Landkreisgrenzen hinaus als Erlebnisort bekannt. Mit ein Grund ist ein 15 Jahre altes Konzept, dessen Auswirkungen jetzt sichtbar werden: Im umzäunten Wildpark, der etwa zwei Drittel des Ebersberger Forstes ausmacht, kann man Wildschweine, Hirsche und Rehe anschauen, ohne dass sie sofort weglaufen. Auf ein Gutachten der TU München von 2002 hin änderten sich im Wildpark die Jagdregeln. Seither werden dort 50 Prozent aller Tiere auf fünf Jagden zwischen Oktober und Anfang Dezember gejagt, auf 500 Hektar herrscht komplettes Jagdverbot. "Unsere Jäger pausieren deutlich länger als es die gesetzliche Schonzeit vorgibt", sagt Utschig. Wenn überall anders gejagt wird, ist der Ebersberger Forst über viele Monate im Jahr Schutzzone. Die Tiere seien dadurch entspannter, sagt Utschig. Und so bekommt man im Ebersberger Forst immer öfter Wildschweine zu sehen, und manchmal auch einen Hirschen.

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