Ebersberg:Der neue Skate-Park bekommt ein Graffiti

Daniel Man Künstler Sprayer "Codeak" aus Augsburg

Daniel Man alias "Codeak" kann ganz groß.

(Foto: Maximilian Geuter)

Der international bekannte Künstler Daniel Man wird in der Zeit des Ebersberger Kulturfeuers eine große Wand im Skaterpark besprayen.

Von Franziska Langhammer

Vor einigen Jahren hatte Daniel Man ein Erlebnis, das ihn bis ins Mark traf. Er war mit der Münchner Sprayer-Legende Loomit für ein Projekt in Shenzhen unterwegs, einer Stadt bei Hongkong. Dort wurden die beiden Künstler bei einer Veranstaltung auf die Bühne gebeten, und der Moderator ermunterte sie auf Englisch, sich mit ein paar Worten vorzustellen. Als Man dran war, gab er zu, zwar ein Hongkonger zu sein, aber kaum mehr Chinesisch zu sprechen. Daraufhin meinte der Moderator: "Dann bist du ja eine Banane!" Daniel Man verstand nicht, was er damit meinte. Da erklärte der Moderator: "Innen weiß - außen gelb!" "Alle haben gelacht", sagt Man, "ich war der einzige, der nicht gelacht hat." Denn mit einem Schlag hatte ein Unbekannter seine persönliche Zerrissenheit auf den Punkt gebracht.

Daniel Man Künstler Sprayer "Codeak" aus Augsburg

Das Wandbild "Collision" ziert ein Hotel in München.

(Foto: oh)

In den vergangenen Jahren war Man, auch bekannt unter dem Graffiti-Namen Codeak, rund um den Globus unterwegs, um seine malerischen Fingerabdrücke auf den Wänden der Welt zu hinterlassen. So hat er beispielsweise für das Projekt "Mural Global" mit internationalen Kollegen ein 300 Quadratmeter großes Wandbild in São Paulo, Brasilien kreiert. Nun wird Daniel Man sich auch in Ebersberg verewigen: Der Verein Rollsport konnte - in Zusammenarbeit mit dem Ebersberger Kunstverein - den Künstler dafür gewinnen, eine neue große Wand im Skaterpark zu gestalten. "Gerade in diesem Jahr haben meine Wand-Arbeiten sehr zugenommen", sagt Man. Er habe sehr viel Spaß daran - und das Projekt in Ebersberg verspreche, interessant zu werden.

Das Undefinierbare, Rätselhafte ist es, was das Schaffen des in Augsburg lebenden Künstlers durchzieht. Zwischen Pop- und Street-Art, Abstraktion und Grafik bewegen sich seine meist farbenfrohen Werke. "Oft sagt man mir: Dein Bild ist nicht dies, und es ist auch nicht das", sagt Man, "doch das ist auch völlig in Ordnung so - es muss auch etwas dazwischen geben." Daniel Mans Kunst verortet sich zwischen den Stühlen; eine Herangehensweise, die seine Bilder als unverrückbares, mehr spür- als sichtbares Emblem begleitet. Zu finden ist ein Schlüssel zu seiner Kunst wohl in Mans Biografie.

Daniel Man Künstler Sprayer "Codeak" aus Augsburg

Für die Galerie im Lenbachhaus entwickelte Man das Projekt "Eis, Eisbaby".

(Foto: Simone Gaensheimer/oh)

Daniel Man, geboren 1969 in England, wohnte einige Jahre bei seinen Großeltern in Hongkong, bevor er mit seiner Familie nach Augsburg zog. "Wir waren das zweite China-Restaurant, das dort eröffnete", erzählt Man. Er lernte schnell Deutsch, fand Freunde. So bekam er mit, wie die anderen Kinder in seinem Alter aufwuchsen - und musste gleichzeitig viel im Lokal seiner Eltern mithelfen, kochen, für die Familie da sein. In dieses Spannungsfeld fiel das Jahr 1984; das Jahr, in dem "das erste Hip-Hop-Paket aus den USA", wie Man es nennt, Europa erreichte. Hip-Hop, Graffiti, Breakdance - all das wurde schnell zum Familienersatz für ihn. Er trieb sich in Jugendclubs herum, lernte Breakdance und kam schließlich zum ersten Mal in Kontakt mit Sprayern. "Da wusste ich: Das will ich auch machen", erzählt Man.

Daniel Man Künstler Sprayer "Codeak" aus Augsburg

Der Künstler Daniel Man.

(Foto: privat)

Mit den Jahren reichte ihm die Sprayer-Szene nicht mehr aus

Jugendlichem Austesten folgte eine Ausbildung zum Siebdrucker; mit den Jahren kam dann der Wunsch, auch beruflich die Sprühdose in die Hand zu nehmen. Mit berühmten Sprayern wie Daim aus Hamburg arbeitete Daniel Man zusammen, wurde etwa 2002 vom Olympischen Kulturministerium nach Griechenland eingeladen, um dort öffentlich zugängliche Flächen zu gestalten. "Die Wände sind immer größer geworden", erzählt Man.

Daniel Man Künstler Sprayer "Codeak" aus Augsburg

Das Wandbild "Useless Mirror" ist derzeit in der Galerie Binder zu sehen.

(Foto: Andreas Binder)

Mit den Jahren reichte ihm jedoch die Sprayer-Szene nicht mehr aus, sie wurde ihm zu eng: Viele Dogmen würden dort geschaffen, sagt er. Da merkte für sich: "Das, was ich will, kann ich nur in der freien Kunst erreichen." Und so begann Daniel Man ein Kunststudium, zuerst in Braunschweig bei Walter Dahn, schließlich in München bei Markus Oehlen; beide gelten als Hauptvertreter der Stilrichtung der "Neuen Wilden".

Prägnant sind die Positionen, die Daniel Man immer wieder innerhalb seiner Werke bezieht. "Eine künstlerische Arbeit kann nur entstehen, wenn man ernsthaft in einen Dialog mit ihr tritt", formuliert er das. Oft sind seine Werke in Schichten gefertigt; man muss als Betrachter mit dem Auge eine Wanderung begehen, um es im Gesamten zu verstehen. Mit dieser Erzählweise zitiert Man die Kalligrafien und Landschaftsbilder der Kunst Chinas. Über Mans neuesten Coup spricht derzeit ganz München: In Obersendling bemalte er mit seinem Kollegen SatOne>, der aus Kirchseeon stammt, die Fassade des NYX-Hotels. Im Lenbachhaus sind seine Werke derzeit im Rahmen der Ausstellung "I'm a believer" zu sehen.

Nächste Station nun: Ebersberg. Der Rollsportverein war auf den Kunstverein zugekommen: Was tun mit der neuen Wand? Dieser freute sich über die Anfrage. "Schön, dass wir auch bei jungen Leuten wahrgenommen werden", findet Geraldine Frisch, die Zweite Vorsitzende des Kunstvereins. Und so machte man sich via Ausschreibung auf die Suche nach einem geeigneten Kandidaten. Daniel Man meldete sich und bekam umgehend eine Zusage. "Man ist ein toller Künstler, wir haben uns sehr gefreut", so Frisch.

In diesen Tagen wird Man nach Ebersberg kommen, um sich schon einmal ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort zu machen. Auch mit den Skatern habe er schon gesprochen. "Selbst wenn ich freie Hand bei der Umsetzung habe, gibt es natürlich auch eine Erwartungshaltung", sagt Man. So wünschen sich die Betreiber des Parks etwa, dass auf jeden Fall ein Eber mit auf das Gemälde kommt. Man aber bleibt gelassen: "Meine Arbeit geht stark ins Abstrakte, das gibt mir relativ viel Spielraum".

Die Herausforderung sehe er - wie immer - in erster Linie in der Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit, so Man. Bei diesem Projekt sollen auch die Skater selbst aktiv werden: Die Wand wird im Rahmen des Festivals "Kulturfeuer", das vom 18. bis 29. Juli im Klosterbauhof in Ebersberg stattfindet, gemeinsam mit den Jugendlichen gestaltet werden. Ob sie auf der Wand eine eigene Freifläche bekommen, oder gemeinsam mit dem Sprayer einen Entwurf erarbeiten werden, hat Man noch nicht entschieden. Fest steht aber: "Ich habe die künstlerische Hand darauf."

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