Ebersberg:Zwei Gramm Gras pro Tag

Kiffen

Dieser Kiffer zieht gerade ordentlich einen durch.

(Foto: dpa)

Ein 41-Jähriger wird wegen Besitz von 350 Gramm Marihuana verurteilt. Es war die Ration für ein halbes Jahr.

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Über Monate hinweg hatte ein aufmerksamer Nachbar den Angeklagten IT-Angestellten aus dem nördlichen Landkreis beobachtet. Immer wieder sah er den 41-Jährigen mit Blumenerde, Töpfen und anderen Utensilien durchs Wohngebiet gehen. Einen Garten aber hat der Angeklagte nicht.

Als der Nachbar regelmäßig den Stromzähler im Keller des Mietshauses beobachtete verhärtete sich sein Verdacht: Immer wieder stieg der Stromverbrauch über einige Stunden stark an. Er vermute, dass sein Nachbar eine Aufzuchtanlage für Marihuana betreibe, schrieb er in einer anonymen E-Mail an die Polizei. Er sorge sich deshalb um seine Kinder.

Aufgrund der E-Mail durchsuchte die Polizei die Wohnung des Angeklagten und wurde fündig: Neun Marihuana-Pflanzen sprossen in den Räumen des Angeklagten, in seiner Wohnung bewahrte er auch diverse Plastikboxen auf, der Inhalt: 112 Gramm Marihuana, die Überreste der vergangenen Ernte. Zusammen mit dem Ertrag der frischen Pflanzen kamen die Beamten auf eine Menge von insgesamt 350 Gramm Marihuana. Der Reinwirkstoff wurde auf 27,31 Gramm geschätzt.

Für den Richter handelt es sich um einen ungewöhnlich hohen Eigenverbrauch

Der Grenzwert, bei dem der Gesetzgeber von ein milderes Strafmaß wegen einer "geringen Menge" vorsieht liegt bei sieben Gramm Reinwirkstoff. Diesen Richtwert hatte der Angeklagte um das vierfache überschritten, Richter Markus Nikol betonte in der Verhandlung vor der Ebersberger Amtsgericht, das es sich auch deshalb um keinen "minder schweren Fall" handele.

Der Anwalt des Angestellten hatte auf ein geringes Strafmaß gepocht, weil sein Mandant keinen Handel getrieben habe. Der Vorwurf des Handels stand zu Beginn der Verhandlung noch im Raum, doch der Angeklagte konnte Nikol davon überzeugen, dass er das Marihuana ausschließlich für den eigenen Konsum angebaut habe. Er kiffe seit seinem 20. Lebensjahr, "am Tag mindestens zwei Gramm".

Mit Sorgenfalten auf der Stirn starrte der Angeklagte auf den Boden, während sich Nikol und die Schöffen im Nebenzimmer beratschlagten. Wegen des Prozesses sorge er sich um seine Zukunft, so der Angeklagte. Er beteuerte, dass er das Kiffen inzwischen an den Nagel gehängt hat, zum Beweis legte er Richter Nikol die Ergebnisse von freiwilligen Drogentests auf den Tisch.

Auf den Angeklagten werden wohl weiter Test zukommen, sie sind Teil der Bewährungsauflagen: Nikol verurteilte den Angestellten zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten. Zusätzliche Auflage: Die Zahlung von 5000 Euro an eine Suchtberatungsstelle.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: