Amtsgericht Ebersberg:Lokführer zu schnell unterwegs

Schallschutzwand an Bahnstrecke in München, 2013

Zu schnell war ein Meridian-Lokführer bei Aßling unterwegs, weshalb er sich nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten musste.

(Foto: Bardehle)

Ein Lokomotivführer muss sich vor dem Amtsgericht wegen Überschreitung des Tempolimits verantworten

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer zu schnell fährt und sich dabei erwischen lässt, muss Strafe zahlen. Wer der Meinung ist, dass er doch nicht zu schnell war, kann dies vor Gericht anfechten - insofern war der Prozess gegen einen 45-Jährigen aus dem Landkreis Miesbach nicht ungewöhnlich. Nicht ganz alltäglich war jedoch das Verkehrsmittel, mit er gegen das Tempolimit verstoßen haben soll: einem Zug.

Mit diesem ist der 45-Jährige des öfteren unterwegs, er ist nämlich Lokomotivführer und befährt für die Privatbahn Meridian die Strecke Rosenheim-München. Auch im Juli vergangenen Jahres war er in Richtung Landeshauptstadt unterwegs, nahe Aßling war die Fahrt aber zunächst beendet. Denn der Zug hatte eine automatische Notbremsung eingeleitet. Grund dafür war, nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, eben die Raserei des Lokführers. Dieser sei auf dem Streckenabschnitt nicht die erlaubten 120 Kilometer pro Stunde gefahren, sondern mit Tempo 152, daraufhin habe sich das Notfallprogramm aktiviert und den Zug zum Stillstand gebracht.

Mit seiner Geschwindigkeitsübertretung und der damit ausgelösten Blockade der Strecke habe sich der Lokführer der fahrlässigen Gefährdung des Bahnverkehrs schuldig gemacht, so die Staatsanwaltschaft. Da sich bei der Vollbremsung auch noch der Koffer eines Passagiers aus der Gepäckablage gelöst und einer Mitreisenden auf den Kopf gefallen war - sie wurde dabei leicht verletzt -, sei außerdem noch der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erfüllt. Zudem seien auch die nicht verletzten Passagiere durch das Verhalten des Angeklagten in Gefahr gebracht worden. Per Strafbefehl wurde der Lokomotivführer darum mit einer Geldstrafe von 2700 Euro belegt, wogegen der 45-Jährige Einspruch einlegte.

Das Sicherheitssystem hat eine Vollbremsung erzwungen

In der Hauptverhandlung erklärte der Verteidiger, die im Strafbefehl formulierten Vorwürfe gegen seinen Mandanten "können wir nicht nachvollziehen". Daraus lasse sich keinesfalls ablesen, dass der Lokführer zu zügig unterwegs gewesen sei. Denn der Streckenabschnitt mit dem Tempolimit auf 120 Kilometer pro Stunde, auf den der Strafbefehl sich beziehe, sei nicht der Streckenabschnitt, auf dem der Zug seines Mandanten eine erzwungene Vollbremsung hingelegt habe. Stattdessen sei der Angeklagte sogar langsamer gefahren als erlaubt, in dem betreffenden Abschnitt gelte nämlich Tempo 160.

Der Angeklagte selbst versuchte das Gericht mit einer ausführlichen Erläuterung der Streckentabelle, eine Art Kartenwerk für Lokführer, zu überzeugen. Daraus ergebe sich eindeutig ein Tempolimit von 160 Kilometer pro Stunde. Der Staatsanwalt musste offen zugeben, dass ihm für das Interpretieren einer solchen Tabelle das nötige lokführerische Fachwissen fehlt: "Es kann ja alles stimmen, was Sie uns sagen, aber üblicherweise glauben Staatsanwälte den Angeklagten nicht uneingeschränkt."

Außerdem bleibe noch die Frage, warum, falls der Angeklagte wirklich nicht zu schnell unterwegs war, der Zug dennoch eine Notbremsung eingeleitet hatte. Dies könne er auch nicht beantworten, meinte der Verteidiger, vielleicht habe eine Störung des Leitsystems vorgelegen. Der Angeklagte konnte sich die Vollbremsung auch nicht erklären, aber seitens seines Arbeitgebers habe man ihn dafür nicht verantwortlich gemacht. Die Frage nach dem Tempolimit und nach einem möglichen technischen Defekt des Notfallsystems sei ohne einen Sachverständigen nicht zu beantworten, befand Richterin Vera Hörauf. Daher wurde die Verhandlung für zwei Wochen unterbrochen, dann soll ein Experte dem Gericht erklären, ob der Angeklagte zu schnell unterwegs war oder ob es andere Gründe für die Notbremsung geben könnte.

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