Ebersberg:Weichenstellung für Lärmschutz

Bundesverkehrsministerium und Bahn stellen neue Studie vor

Der Brenner ist weit weg, doch die Folgen des zunehmenden Zugverkehrs über die Nord-Süd-Verbindung sind bis in den Landkreis zu spüren. Vor allem der Güterverkehr auf der Strecke München-Rosenheim-Kiefersfelden nimmt zu. Und wenn in zehn Jahren der Brennerbasistunnel in Betrieb geht, werden noch mehr Züge Richtung Italien rattern. Das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn haben deshalb eine Machbarkeitsstudie zur Lärmminderung in Auftrag gegeben. Den Entwurf stellten Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bahn-Vorstand Volker Kefer nun in Flintsbach im Landkreis Rosenheim vor.

Demnach soll es mehr Lärmschutz etwa in den Gemeinden Vaterstetten, Zorneding, Kirchseeon, Grafing und Aßling geben. Die meisten Verbesserungen soll es auf der überwiegend zweigleisigen Strecke ab Grafing geben. Die Strecke von München bis Grafing ist beim Lärmschutz nach Ansicht der Bahn auf einem vergleichsweise aktuellen Stand. Gleichwohl soll es auch hier Verbesserungen geben: Die bestehenden Lärmschutzwände sollen erhöht und die Gleise regelmäßig geglättet werden. Einzig bei Vaterstetten soll auf etwa 3,4 Kilometern direkt an den Gleisen eine so genannte Schienenstegdämpfung angebracht werden, um Vibrationsgeräusche zu dämmen.

Konkrete Vorschläge sollen in den kommenden Wochen mit Vertretern der Gemeinden und später öffentlich besprochen werden. Die Anliegen der Kommunen unterscheiden sich je nach Ausgangslage. Während diejenigen, die schon selbst in Lärmschutz investiert haben, auf diesen Kosten sitzenbleiben, fürchten andere wie Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) um den Lärmschutz für noch nicht gebaute Siedlungen. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, antwortete Dobrindt bei der Vorstellung auf Mayrs Frage.

Grundsätzlich könne aber nicht jede freie Wiese an der Strecke als potenzielles Baugebiet eine Lärmschutzwand erhalten. Bahn-Vorstand Kefer verwies darauf, dass auch die Bahn für ihre teils seit 150 Jahren betriebenen Trassen einen gewissen Bestandsschutz genieße. Der Ebersberger CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz lobte die Anstrengungen seines Parteifreunds Dobrindt, die für den Landkreis Ebersberg mehr als fünf Kilometer neuer Lärmschutzwände brächten. Der Effekt all dieser Maßnahmen, die ohnehin nur Bestandteil eines ersten Entwurfes sind, hielte sich der Machbarkeitsstudie zufolge aber in Grenzen. Verkehrsministerium und Bahn wollen deshalb generell ein Lärmschutz-Niveau erreichen, das zehn Dezibel über dem Richtwert für reine Neubaustrecken liegt. Das würde bedeuten, dass Anwohner bestehender Strecken doppelt so viel Lärm hinnehmen müssten wie Anwohner einer Neubaustrecke.

Diese Pläne von Bahn und Ministerium werde man "genau prüfen", sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU), und gegebenenfalls Verbesserungen anmahnen. Ziel müsse sein "das Maximum für den Lärmschutz herauszuholen". Doch auch an der Umsetzung der vorgestellten Pläne gibt es Zweifel. So sagte der Haarer CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch: "Ich glaube erst, dass etwas passiert, wenn der Minister nach Haar kommt und hier Gespräche über konkrete Maßnahmen stattfinden." Seit Jahren, so Weidenbusch, werde über neue Lärmschutzmaßnahmen diskutiert. "Aber wirklich geschehen ist nichts. Und es würde mich wundern, wenn das jetzt so schnell gehen würde."

Die Skepsis des Ebersberger SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer richtet sich weniger gegen die an der Strecke geplanten Maßnahmen, als gegen die Strecke selbst. Schurer fordert eine ganz neue Trasse für den Güterverkehr. Dies sei nötig, wenn Österreich wie angekündigt im Jahr 2026 den neuen Brennerbasistunnel in Betrieb und der Verkehr weiter zunehme - von derzeit 200 auf dann bis zu 400 Züge pro Tag. Eine neue Trasse hält auch Weidenbusch für "wünschenswert", aber auch für "kaum realisierbar". So bleibt den Bahnanrainern zwischen München und Großkarolinenfeld nur auf eine Entlastung über Umwege zu hoffen: Auf lange Sicht soll es für den Großteil des besonders lauten Güterverkehrs einen anderen Brenner-Nordzulauf geben - über Mühldorf und Rosenheim.

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