Ebersberg:Was noch zu sagen wäre

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Mitte des vorigen Jahrzehntes war das Gruber Genmaisfeld eines der großen politischen Themen im Landkreis. Darüber diskutieren lassen wollte der frühere Landrat Gottlieb Fauth im Kreistag aber nicht. (Foto: Christian Endt)

Der Kreis- und Strategieausschuss befasst sich mit der Zulässigkeit von Resolutionen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Soll der Kreistag auch Stellung nehmen dürfen zu Dingen, für die der Landkreis nicht zuständig ist? Diese Frage ist in der Vergangenheit sehr unterschiedlich beantwortet worden, je nach Mehrheitsverhältnissen und Verwaltungschef. In der Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses an diesem Montag soll es darum gehen, wie man es generell mit solchen Resolutionen des Kreistages halten will, welche man verabschieden will - und kann - und von welchen man lieber Abstand hält.

Auslöser ist ein Antrag auf eine Resolution, den SPD und Grüne bereits Mitte März gestellt hatten. Darin wird ein "menschlicher Umgang mit Flüchtlingen" gefordert. Konkret wenden sich die Antragsteller gegen Abschiebungen nach Afghanistan, gegen die Art und Weise, in der Abschiebungen vorgenommen werden und gegen Abschiebungen innerhalb der EU nach dem Dublin-Verfahren, wenn es dazu keine Einzelfallprüfung gibt. Außerdem soll sich der Kreistag gegen Arbeits- und Ausbildungsverbote aussprechen.

Dass der Kreistag für die Asylgesetzgebung nicht zuständig ist und man daher durch eine Resolution wohl wenig bis gar nichts an der Realität ändern werde, ist auch den Antragstellern bewusst. "Aber man kann bekunden, was man davon hält", so Grünen-Kreisrat Reinhard Oellerer im März bei der Vorstellung des Antrages. Für Renate Glaser (SPD) ist die Resolution auch eher eine Gelegenheit, auf die "Absurdität der bayerischen Asylpolitik" hinzuweisen. Der Kreistag sei "eine Plattform, auf der wir uns Gehör verschaffen können", sagte Glaser, die sich in der Asylhilfe im Landkreis engagiert, "und wir wollen endlich auch gehört werden."

Eine solche unverbindliche Meinungsäußerung ist grundsätzlich im Kreistag möglich, das zeigen einige Beispiele. So beschloss das Gremium im vergangenen August eine Resolution zum Bau der dritten Startbahn des Münchner Flughafens - allerdings erst im dritten Anlauf und nicht jene, welche die Antragsteller, die Fraktion der Grünen, eingebracht hatten. Diese wollten, dass der Kreis den Bau grundsätzlich ablehnt, mit den Stimmen der CSU/FDP-Fraktion wurde dann ein wesentlich zahmeres Statement verabschiedet, wonach man zustimme, wenn der Bedarf nachgewiesen sei.

Ähnlich erging es einer Resolution, die Ende 2014 zum Thema Freihandelsabkommen beschlossen wurde. Grüne und ÖDP hätten sich gewünscht, dass der Kreistag einen kompletten Verzicht solcher Abkommen fordert. Mit den Stimmen von CSU und SPD wurde dann lediglich ein Appell für Verbraucherschutz, Transparenz und die kommunale Selbstverwaltung beschlossen.

Doch auch wenn die Resolutionen nicht immer komplett im Sinne der Antragsteller ausfielen, ist es neu, dass überhaupt darüber diskutiert werden kann. Denn Robert Niedergesäß (CSU), der 2013 Landrat wurde, steht solchen Meinungsbekundungen deutlich offener gegenüber als sein Vorgänger und Parteifreund Gottlieb Fauth. Dieser hatte strikt den Standpunkt vertreten, dass das Gremium nur über das zu diskutieren habe, wofür der Landkreis auch zuständig sei. Allgemeine Statements wurden daher gar nicht zur Beratung zugelassen, sondern per Geschäftsordnungsantrag ohne Debatte abgeschmettert.

So geschehen etwa 2004, als die Grünen wiederholt den Antrag stellten, der Landkreis möge sich gegen den Anbau von Genmais aussprechen. Hintergrund waren Freilandversuche mit manipulierten Pflanzen am Staatsgut in Grub. Dagegen hatte sich zuvor bereits der Bauenverband ausgesprochen. Dem solle man sich anschließen, forderten die Grünen mit Unterstützung der SPD, und den Landkreis zu gentechnikfreien Zone erklären. Was der Landkreis aber nicht tun könne, so die Auffassung der Verwaltung damals. Der Kreistag würde mit einem entsprechenden Beschluss seine Kompetenzen überschreiten. Die Mehrheit aus CSU und Freien Wählern sah dies damals genauso und ließ den Antrag nicht zur Beratung zu.

Doch nicht immer hatte Fauth mit seiner grundsätzlichen Ablehnung Erfolg. Nach der Kernschmelze im japanischen Kraftwerk Fukushima hatten ÖDP und Grüne eine Resolution zur Abschaltung des Kernkraftwerks Isar 1 gefordert. Zunächst schien diese nach gewohntem Muster zu versanden, Ende 2010 votierte eine knappe Mehrheit aus CSU, FDP und einigen Freien Wählern gegen eine Befassung mit dem Antrag. Nachdem diesem auf Anregung der CSU allerdings ein Verweis auf das "Gesamtenergiekonzept" hinzugefügt worden war, wurde die Resolution ein halbes Jahr später bei einer Gegenstimme - der des Landrates - angenommen.

Ein Beschluss zum aktuellen Antrag der SPD und Grünen steht noch nicht an, zunächst soll nur grundsätzlich darüber informiert werden. Entscheiden wird dann der Kreistag in seiner nächsten Sitzung am 8. Mai.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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