Ebersberg:Viel Sirene, wenig Einsatz

Ebersberg: "Frechheit" und "Zumutung": Die Verantwortlichen bei der Feuerwehr fordern Nachrüstungen bei den Brandmeldeanlagen in großen Gebäuden.

"Frechheit" und "Zumutung": Die Verantwortlichen bei der Feuerwehr fordern Nachrüstungen bei den Brandmeldeanlagen in großen Gebäuden.

(Foto: Christian Endt)

Die Feuerwehren im Landkreis klagen über die hohe Anzahl an Fehlalarmen. Zu selten werde in öffentlichen Gebäuden neue Brandmeldetechnik genutzt

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Ulrich Proske ist genervt. Und das nicht erst seit Kurzem. Der Grund: Zahlreiche Fehlalarme halten den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr in Ebersberg und seine Einsatzkräfte auf Trab, allein 14 Fehlalarme waren es in diesem Jahr bereits - allein in der Kreisstadt. Auch wenn die Zahl zurückgegangen ist - im Jahr 2015 waren es rekordverdächtige 42 - "jeder dieser Fehlalarme ist einer zu viel!", schimpft Proske.

Woran es liegt? Viele Gebäude seien, was den Brandschutz angeht, nicht auf dem neuesten Stand, so der Fachmann. Moderne Technik könne dafür sorgen, dass bereits vor dem Ausrücken der Feuerwehr festgestellt werden kann, ob es sich um einen Ernstfall oder einen Fehlalarm handele, sagt Proske. Über ein neues Meldesystem würden erst die Verantwortlichen in dem betroffenen Gebäude informiert, die dann entscheiden können, ob sie die Feuerwehr informieren oder nicht. Doch die Technik werde bislang noch viel zu wenig genutzt, was zulasten der Einsatzkräfte geht, "und das ist eine Frechheit", schimpft Kommandant Proske. Kreisbrandrat Andreas Heiß pflichtet ihm bei. Auch für die Arbeitgeber und Familien der Feuerwehrmänner und -frauen steige durch jeden Alarm die Belastung, so Heiß. Zudem binde jeder Falschalarm Einsatzkräfte - die dann nicht gleichzeitig zu einem Ernstfall ausrücken können.

Seit Oktober vergangenen Jahres muss der Verursacher des Fehlalarms den Einsatz bezahlen - so will es der Finanz- und Verwaltungsausschuss der Stadt Ebersberg. Zurückgegangen ist die Zahl der Fehlarme im Landkreis trotzdem nicht, sagt Heiß. 215 zählten die Feuerwehren im Jahr 2015, 162 seien es bis Ende September dieses Jahres gewesen, so Heiß.

Muss die Feuerwehr ausrücken, kostet das schnell mehrere hundert Euro. Werde beispielsweise im Krankenhaus oder in einer Schule der Alarm ausgelöst, dann rücke ein kompletter Rettungszug aus, erklärt Ulrich Proske. Das heißt 23 Einsatzkräfte und mehrere Wagen mit kompletter technischer Ausstattung. Zumindest in den Schulen in Ebersberg und im örtlichen Krankenhaus wurde in den vergangenen Monaten technisch nachgerüstet. Dort greift das neues Meldesystem. Der Alarm geht direkt auf das Smartphone des Verantwortlichen im betroffenen Gebäude. Er hat dann 15 Sekunden Zeit, um zu entscheiden, ob die Feuerwehr alarmiert werden soll oder nicht. Das Smartphone weist ihm auch den Weg zum Brandmelder. Nur wenn es wirklich brennt - oder der verantwortliche Mitarbeiter nicht reagiert - muss die Feuerwehr ausrücken.

In der Kreisklinik kam es in den vergangenen Monaten trotz des Meldesystems zu mehreren Fehlalarmen. "Der Alarm löst im Krankenhaus natürlich schneller aus als in einer Lagerhalle", erklärt Klinik-Geschäftsführer Stefan Huber, "da sind ja auch viel mehr Menschen in Gefahr". In den meisten Fällen seien die Feuerwehreinsätze der vergangenen Monaten auf die Baumaßnahmen in der Kreisklinik zurückzuführen, so Huber. "Die Staubentwicklung auf der Baustelle ist oft daran schuld". In einigen Fällen trage die Baufirmen die Schuld an den Fehlalarmen, weil sie die Rauchmelder in den betreffenden Bauabschnitten nicht abgestellt habe, sagt der Geschäftsführer. Die Rechnung für den Feuerwehreinsatz reiche das Krankenhaus dann an das Unternehmen weiter. Es komme auch vor, so Huber, dass der Brandmelder wegen Reinigungsarbeiten Alarm schlage. "Eine Mitarbeiterin hat die Dusche in einem Patientenzimmer sehr heiß gereinigt, und dann wurde der Alarm wegen dem Wasserdampf ausgelöst".

Auch in Firmen seien Reinigungsarbeiten oft Grund für das Ausrücken der Feuerwehr, erklärt Kreisbrandrat Heiß. Und auch dort sei es oft der Baustaub, der den Rauchmelder in Gang setze. Immerhin: Inzwischen passiere es seltener als früher, dass jemand mutwillig den Druckknopfmelder betätige. "Da wurde viel Aufklärungsarbeit betrieben, die Leute sind sich der Konsequenzen inzwischen bewusst", sagt der Kreisbrandrat.

Trotzdem: Für die Einsatzkräfte seien die vielen Einsätze eine Zumutung. Schließlich gibt es im Landkreis keine Berufsfeuerwehr, alle Einsatzkräfte gehen einem anderen Beruf nach - und müssen springen, sobald der Alarm los geht. Bis sie zurück an ihrem Arbeitsplatz sind, vergehe bei einem Fehlalarm mindestens eine Stunde, erklärt Kommandant Ulrich Proske. Eine Lösung sieht der Kommandant in der Verschärfung der gesetzlichen Regelungen. Der Staat müsse die Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen verpflichten, modernere Brandmeldeanlagen in ihn ihren Gebäuden zu installieren.

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