Ebersberg:Verunsicherte Unternehmer

Lesezeit: 2 min

Die Ebersberger IHK drängt darauf, die Integration von Geflüchteten zu erleichtern

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Die Verunsicherung vieler geflüchteter Schüler sei derzeit groß, sagt Oliver Wohl, Geschäftsführer der Erdinger Berufsschule. Gerade unter den afghanischen Schülern mache sich derzeit Frust breit, "wenn da einer einen Ablehnungsbescheid vom Bamf bekommt, dann hinterlässt das in der Klasse Spuren", sagt Wohl. "Wir hatten so einen Fall erst letzte Woche, da ist ein Schüler einfach nicht erschienen. Als dann die Mail von seiner Betreuerin kam, war klar, was los ist: Sein Asylantrag wurde abgelehnt."

Der junge Afghane sei kurz davor gewesen, einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben, berichtet Wohl, doch dann kam der Brief vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dazwischen. In solchen Fällen helfe dann nur noch ein Anwalt, der den Bescheid anfechte. Der Gesetzgeber und staatliche Behörden legten der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt oft Steine in den Weg, moniert Sonja Ziegltrum-Teubner, Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer in Ebersberg. Das regionale Gremium des Wirtschaftsverbandes, der auch im Raum Ebersberg die Interessen von Unternehmen vertritt, traf sich am Donnerstag im Oberndorfer Gasthof Huber zur alljährlichen Regionalausschusssitzung - die Integration von Geflüchteten stand dabei ganz oben auf der Tagesordnung.

Die Erdinger Berufsschule hat im Landkreis vier Außenklassen, in denen geflüchtete Schüler auf den Berufsalltag vorbereitet werden, zwei in Kirchseeon und zwei in Markt Schwaben. Derzeit besuchen insgesamt 209 Asylsuchende die Berufsintegrationsklassen der Schule. Ein Drittel von ihnen stammt aus Afghanistan, rund 25 Prozent aus Eritrea, 13 Prozent kommen aus Syrien und zehn Prozent sind somalischer Staatsangehörigkeit. Der Rest ist aus Ländern wie Nigeria oder dem Irak geflohen. Sie alle unterliegen wie auch deutsche Minderjährige der Schulpflicht.

Wenn die Sprachkenntnisse gut genug sind, dann könnten die asylsuchenden Jugendlichen freilich auch auf andere Schulen gehen, was auch gängige Praxis sei, wie Wohl erklärt. Doch bei vielen Flüchtlingen beginnt die Schullaufbahn in Deutschland in der Berufsschule, denn die Berufsintegrationsklassen sind eigens darauf abgestimmt, dass zuallererst die deutsche Sprache verbessert und - wenn notwendig - das Alphabet gelernt wird.

Eigentlich sei man, was die Integration in den Arbeitsmarkt betreffe, schon mal einen Schritt weiter gewesen, sagte Sonja Ziegltrum-Teubner bei der IHK-Sitzung. Erst im vergangenen Jahr setzte der Wirtschaftsverband die sogenannte Drei-plus-zwei-Regelung durch: Wenn ein Geflüchteter eine Ausbildung erhält, dann darf er nach der Ausbildung zwei Jahre lang nicht abgeschoben werden. Die Regelung solle Arbeitgeber motivieren, dass sie bei der Azubi-Suche auch auf Flüchtlinge setzen, erklärt Ziegltrum-Teubner, die in ihrem Betrieb, der Blumenzentrale in Parsdorf, selbst drei Geflüchtete beschäftigt. Doch die Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer, und die vermehrten Abschiebungen nach Afghanistan verunsicherten viele Unternehmen.

Wer einen Asylbewerber einstellen will, egal ob zur Ausbildung oder für ein anderes Beschäftigungsverhältnis, der muss sich mit einer Stellenbeschreibung an das zuständige Landratsamt wenden. Dieses gibt die Beschreibung an die Bundesagentur für Arbeit weiter. Die Behörde entscheidet dann, ob der Geflüchtete eine Arbeitserlaubnis erhält oder nicht. Bei der Entscheidung spielt auch die sogenannte Vorrangprüfung eine Rolle: Gibt es für die selbe Stelle Bewerber aus Deutschland oder einem anderen EU-Land, dann müssen diese bevorzugt werden.

Ob ein Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis bekommt oder nicht, hängt zudem auch von der Bleibeperspektive ab - also davon, wie wahrscheinlich es ist, dass der Bewerber nicht abgeschoben wird. Bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen gehen die Arbeitsagenturen verschieden streng vor: In Ebersberg beispielsweise sei die Wahrscheinlichkeit höher, eine Erlaubnis zu bekommen als in Erding oder Freising. Das erklärt Inge Boockmann, Leiterin der Ebersberger Arbeitsagentur.

Die IHK versuche trotz aller Hürden weiterhin, Unternehmen bei der Beschäftigung von Geflüchteten zu unterstützen, betont IHK-Integrationsberaterin Marie-Catherine Rausch. Inwieweit die Integration von Geflüchteten gelingt, hänge aber auch vom Engagement der Unternehmen selbst ab.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: