Ebersberg:Vermächtnis der Gletscher

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Es gibt Gebiete im Landkreis, deren Entstehungsgeschichte bis in die Eiszeit zurück reicht, andere haben eine unschätzbare ökologische Bedeutung für die Zukunft

Von Lisa Bender, Ebersberg

Vor Tausenden von Jahren bedeckte eine riesige Eisfläche den Landkreis: der Inntal-Gletscher. Auf Grund von Klimaveränderungen bildete sich der Gletscher immer weiter zurück, doch bis heute finden sich in der Natur seine Spuren, etwa der Kastensee mit den angrenzenden Kesselmooren im Egmatinger Forst. Ein erdgeschichtlich bedeutsames Fleckchen also, das es hier zu erhalten gilt.

Als "beispielhafte Toteisverlandung der Endmoränenlandschaft des Inn-Chiemseegletschers" sind der See und seine Umgebung in der Liste der schützenswerten Gebiete im Landkreis aufgeführt. Toteis ist Gletschereis, das mit dem Gesamtgletscher irgendwann den Kontakt verloren hat und von Sedimenten überdeckt wurde. Durch das langsame Abschmelzen des darunter liegenden Eises sank die Sediment-Oberfläche ab, es bildeten sich Toteiskessel oder Toteisseen, wenn der Grund des Kessels unter Grundwasserspiegel lag. So ist der Kastensee ein Zeugnis uralter Vorzeit. Das Gewässer und 28 Hektar rund herum sind als Flora-Fauna-Habitat (FFH-Gebiet) ausgewiesen.

Aber nicht nur geologische Besonderheiten gilt es im Landkreis zu erhalten, sondern auch Ausnahmeerscheinungen in Fauna und Flora. So sind der Ebersberger und der Großhaager Forst das einzige bekannte Fortpflanzungsgebiet der Bechsteinfledermaus in Südostbayern, was dem Landkreis eine europäische Gesamtverantwortung zuweist. 3852 Hektar Wald sind als FFH-Gebiet ausgewiesen worden. Auch das Flusstal der Attel bei Emmering, ein Teil des Rotter Forstes und das Kupferbachtal mit den Glonnquellen und die Gutterstätter Streuwiesen stehen unter dem Schutzmantel der EU-Richtlinie.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Atteltal hat das Wasserwirtschaftsamt 2011 ein Monitoring der Wasserqualität und hydromorphologische Maßnahmen umgesetzt.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Streuwiesen wie bei Gutterstätt bieten dringend nötige Nahrungsmöglichkeiten für Bienen.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Als besonders schützenswert gilt in Teilen des Ebersberger Forsts die Bechsteinfledermaus, weshalb hier auch ein FFH-Gebiet ausgewiesen wurde.

Nachdem die Regierung von Oberbayern über ihre FFH-Gebiete entschieden hatte, wurden 1998 die Landkreise informiert - was nicht überall auf Begeisterung traf. So erzählt Max Finster, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Ebersberg: "Vorher war es eine große Heimlichtuerei, und dann wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt." Zunächst habe es auch einige Einwände gegeben, die jedoch relativ schnell beigelegt worden seien. "Im Landkreis hatten wir Glück, die ausgewiesenen FFH-Gebiete entsprechen in den häufigsten Fällen den bereits festgelegten Natur - und Landschaftsschutzgebieten." So kam es für die betroffenen Forst- und Landwirte kaum zu merklichen Veränderungen und der bürokratische Aufwand halte sich bis heute in Grenzen. Ein Forstwirt im FFH-Gebiet der Bechsteinfledermaus dürfe zwar Bäume fällen, müsse aber zunächst prüfen, ob sie Höhlenbäume und damit Lebensraum für die Fledermaus sind. Wenn ja, müssen sie stehen bleiben. "In den letzten 20 Jahren gab es bei uns im Landkreis keine Betroffenheit", sagt Finster.

Überhaupt sei man in der Region stets sehr bemüht, die Schutzgebiete zu erhalten. Auf die anstehende Feinabgrenzung der FFH-Gebiete im Rahmen der Verordnung "Natura2000" hätten sich, so Finster, nur zwei Forstwirte gemeldet. Sie wollten aus dem FFH-Gebiet austreten. Das könne der Landkreis jedoch nicht entscheiden; man habe die Einwände an die zuständige Behörde der Regierung in Oberbayern weitergeleitet. Der Naturschutzbeauftragte des Landkreises zeigt durchaus Verständnis für die Betroffenen. Oftmals entstünden solche Einwände weniger aus Angst vor land-und forstwirtschaftlichen Einschränkungen, sondern vor mehr Bürokratisierung. "In FFH-Gebieten darf normalerweise uneingeschränkt Land-und Forstwirtschaft betrieben werden, aber die Menschen wollen sich nicht zunehmend reglementieren lassen, deshalb zeigen sie Vorbehalte vor weiteren Änderungen." Einige Landschaftsschutzgebiete im Landkreis gibt es schon deutlich länger als die 1999 verabschiedete FFH-Richtlinie und die 1992 erlassene Natura 2000-Verordnung. Die elf eigenständigen Gebiete machen eine Fläche von 12 387 Hektar aus und umfassen in einigen Fällen FFH-Gebiete. Unter Landschaftsschutz stehen etwa der gesamte Ebersberger Forst, das Atteltal und das Kupferbachtal. Das Gebiet rund um das Kupferbachtal ist sogar mehrfach geschützt, durch verschiedene Verordnungen und Regelungen. So sollen durch die Ausweisung als FFH-Gebiet die Quell- und Feuchtgebiete erhalten werden. Unter Landschaftsschutz stehen der freie Lauf des Kupferbachs und die Schönheit des Landschaftsbilds. Erhalten werden soll aber auch das weitläufige Wander- und Naherholungsgebiet. Das Kalkflachmoorgebiet nahe dem Kupferbach ist als Naturschutzgebiet eingestuft und darf eigentlich in keiner Weise verändert werden.

Quelle: SZ Grafik (Foto: N/A)

Doch wie das so ist - es gibt Ausnahmen. Jagd, Forstwirtschaft und teilweise landwirtschaftliche Bodennutzung sind erlaubt. Das Angeln jedoch nicht - komplizierte Einzelfallbestimmungen, die es manchmal nicht verwunderlich erscheinen lassen, wenn die Bürger Angst vor zunehmender Reglementierung haben. Dabei sei gerade in heute Naturschutz wichtiger denn je, sagt Max Finster. Und der Naturschutz bringt dem Einzelnen ja manchmal sogar wirtschaftliche Vorteile. "Auch wenn dem Forstwirt in einem Schutzgebiet nicht alles erlaubt ist, kommt ihm das doch zugute, denn nur so kann sich die Natur langfristig erholen und wird dadurch ertragsreicher."

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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