Raiffeisenbanken:Schwierige Zeiten

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Wolfhard Binders (links) Bilanz für der vergangene Geschäftsjahr ist gut, doch ausruhen dürfen sich die Raiffeisen-Banker auf den Lorbeeren nicht. (Foto: Endt)

Die Raiffeisenbanken ziehen eine durchwachsene Bilanz. Man geht auch von langfristigen Folgen im Landkreis aus.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Über ein "gutes Jahr und eine flaue Prognose" konnte Wolfhard Binder am Donnerstag bei der Bilanz-Pressekonferenz der Raiffeisenbanken berichten. Der Kreisverbandssprecher der Genossenschaftsbanken hatte durchaus einige positive Entwicklungen zu vermelden. So ist etwa die Zahl der Mitglieder leicht gestiegen, um genau 311 auf nun 23 183. Außerdem verwaltet man mittlerweile 40 785 Girokonten, 883 mehr als noch im Vorjahr. Gut 60 Prozent aller Landkreisbürger, so schätzt Binder, haben ein Konto bei einer der vier Raiffeisenbanken im Landkreis. Sogar kräftig angezogen hat das Kreditgeschäft, 204 Millionen Euro haben die Raiffeisenbanken im verhangenen Jahr verliehen, 73 mehr als noch 2014. Trotzdem, zufrieden könne man mit der aktuellen Lage nicht sein, so Binder, "die Niedrigzinsen vergällen uns ein gutes Geschäft."

Dies macht sich beim Gewinn bemerkbar: Im vergangenen Jahr kamen die vier Raiffeisenbanken - neben Ebersberg-Grafing sind dies Zorneding, Isen-Sempt und Alxing-Bruck - auf einen Bilanzgewinn von 24,1 Millionen Euro, das sind 4,5 Millionen Euro oder 15,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Bilanzsumme bleibt dagegen 2015 mit 1332 Millionen Euro um nur ein halbes Prozent hinter dem Vorjahresergebnis, das Einlagevolumen ist sogar um 1,2 Prozent gestiegen und knackte 2015 erstmals die Milliardengrenze. Dass die sich Rahmenbedingungen bald verbessern werden, davon geht Binder nicht aus: "wir werden uns auch die nächsten drei bis vier Jahre mit dieser Zinslandschaft auseinandersetzen müssen". Für das aktuelle Jahr sei daher "ein ordentliches aber weiter rückläufiges Ergebnis" zu erwarten.

Die Struktur der Banken wird sich wohl ändern

Langfristig werde dies nicht ohne Folgen für die Raiffeisenbanken bleiben, so Binder, den Genossenschaften bleibe die Wahl zwischen "dem Verzehr mühsam aufgebauter Substanz oder Drehen an der Kostenschraube". Letzteres sei wohl die einzige realistische Option, Binder prognostiziert, dass sich die Struktur der Raiffeisenbanken im kommenden Jahrzehnt stark verändern dürfte: "Es wird zwangsläufig Konzentrationsprozesse geben", aktuell sei das Geschäft einem "Strukturwandel" unterworfen, der "nicht spurlos an uns vorüber gehen wird".

Ursache für diesen Wandel sind aber nicht alleine die niedrigen Zinsen, sondern auch das Verhalten der Kunden. Etwa indem diese immer mehr Bankgeschäfte übers Internet erledigen wollen. So werden mittlerweile mehr als die Hälfte aller Girokonten online verwaltet, alleine in Ebersberg-Grafing nutzen im Schnitt 1400 Kunden täglich das Online-Angebot, in Isen-Sempt sind es rund 930, was mittel- und langfristig Auswirkungen auf das Filialnetz haben dürfte: "Die Kunden bestimmen den Fortbestand der Geschäftsstellen", so Binder.

Sofortige Stellenkürzungen sind nicht geplant

Derzeit gibt es im Landkreis 20 davon, außerdem 33 Geldautomaten und 32 Kontoauszugsdrucker, 325 Mitarbeiter kümmern sich um die Kundschaft, elf mehr als noch 2014. Zumindest in naher Zukunft soll sich daran auch nichts ändern, versichert Binder. Auf keinen Fall werde man Personal und Geschäftsstellen auf einen Schlag abbauen, sagt auch Martin Schottenheim von der Zornedinger Bank. Allerdings sei es denkbar, die Öffnungszeiten zu reduzieren oder Stellen von Mitarbeitern, die in Rente gehen, nicht mehr nachzubesetzen.

Aber auch über neue Geschäftsmodelle macht man sich Gedanken, etwa im Bereich Immobilienentwicklung. Bislang "treten wir nicht als Bauträger auf", so Binder, was aber nicht auf alle Raiffeisenbanken zutreffe. So haben die Zornedinger beim Neubau ihrer Baldhamer Filiale die Geschäftsräume verkleinert, um in dem Gebäude mehr Platz für Wohnungen zu schaffen, die Kollegen aus Isen-Sempt planen die Bebauung von Brachflächen, die sie in ihrem Bestand haben und auch die kleinste Raiffeisenbank, jene aus Bruck, ist bereits im Wohnungsbau aktiv. Die Kunden der Raiffeisenbanken sind in diesem Geschäftsfeld längst sehr aktiv. Denn, auch dies laut Binder eine Folge der niedrigen Zinsen, Immobilienkredite sind sehr gefragt, weshalb das Kreditvolumen im vergangenen Jahr mit insgesamt 1,18 Milliarden Euro auch einen neuen Höchststand erreicht hat.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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