Ebersberg:Schule im Ausnahmezustand

Von Anja Blum, Ebersberg

Eine ganz besondere "Katastrophe" erlebt Eberhard Laspe, Leiter der Ebersberger Realschule, am Dienstag: "Bei uns ist ausgerechnet heute Wandertag, die Kinder sind pfundweise irgendwo gestrandet", sagt er. "Und unsere Telefonleitungen glühen." Vor allem viele besorgte Eltern riefen an, deren Kinder es gar nicht zu ihrem Treffpunkt geschafft hätten.

Grund für das Chaos war das Messer-Attentat in Grafing Bahnhof - und die "fürchterliche Informationspolitik" der Bahn, wie Laspe sagt. "Eine einfache Durchsage, wann es wieder weiter geht, ist das zu viel verlangt?" Aber auch von anderen offiziellen Stellen sei die Schule nicht über den Vorfall informiert worden. Nach München, Dachau, Wasserburg, an den Flughafen oder ins Gebirge seien die Ebersberger Schüler und Lehrer an diesem Projekttag unterwegs gewesen, hätten jedoch oftmals warten oder gar die Route umplanen müssen. Mittlerweile sei jedoch kein Kinder mehr unbeaufsichtigt. "Jetzt hoffe ich nur noch, dass alle wieder gut heimkommen", sagt Laspe, während im Hintergrund schon wieder das Telefon klingelt.

Kein Chaos, sondern nur ein paar Verspätungen meldet das Grafinger Gymnasium am Dienstagvormittag. "Unsere Schüler sind alle wohlbehalten hier angekommen", so Rektor Paul Schötz. Allerdings herrsche unter ihnen durchaus Verunsicherung und Sorge. "Deswegen werden die Lehrer den Unterricht sofort unterbrechen, wenn jemand Gesprächsbedarf hat", verspricht der Schulleiter. Auch er sei von offizieller Seite nicht über die Messerstecherei in Grafing Bahnhof informiert worden, habe aber selbst rasch den Kontakt zur Polizei gesucht. "Da wurde uns dann gesagt, dass der Täter gefasst sei." Außerdem hätten die Beamten der Schule geraten, erst einmal nichts weiter zu unternehmen, also keinen Sammelelternbrief oder ähnliches herauszugeben. Anfragen per Telefon habe es nur vereinzelt gegeben.

"Bei uns ist die Lage relativ ruhig", sagt Renate Schwarz-Reis, Leiterin der Grafinger Grundschule am Dienstagvormittag. Sie habe gleich in der Früh aus privaten Gründen von dem Amoklauf erfahren und sich dann selbst informiert, ob die Schule Vorkehrungen zu treffen habe. "Hätte noch Gefahr bestanden, hätten wir das Haus sofort abgesperrt", so Schwarz-Reis. Doch das sei nicht mehr nötig, der Täter bereits gefasst gewesen. Nun werde man nur noch die Kinder aus Grafing-Bahnhof darauf vorbereiten, dass vor ihrer Haustür viele Polizisten stünden - mit dem wichtigen Hinweis, dass absolut keine Gefahr mehr bestehe.

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