Ebersberg:Schön, aber holprig

Wheelmap.org Besichtigung in EBE

Fabian Kraemer, Simone Hendrischke, Thomas John, Walter Brilmayer und Monika Samii-Pichlmeier (von links) stellen bei ihrer Tour durch die Innenstadt fest, dass es für Rollstuhlfahrer doch noch etliche Hürden gibt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Ebersberger Innenstadt birgt für Menschen, die auf den Rollstuhl oder den Rollator angewiesen sind, einige Hürden. Das wird bei einem Test deutlich

Von Marc Dimitriu, Ebersberg

"Barrierefreiheit schadet niemandem, aber hilft allen", sagt Fabian Kraemer von der offenen Behindertenarbeit des BRK-Kreisverbands Ebersberg. Um die Barrierefreiheit im Landkreis Ebersberg zu erhöhen, haben sich mehrere Organisationen zu einem Verbundprojekt zusammengeschlossen. "Der Awo-Kreisverband, das BRK und der Einrichtungsverbund Steinhöring sind dabei für die praktische Ausführung zuständig, das Landratsamt für die Koordination und die VHS Grafing für die Ausbildung", erklärt Kraemer. Er hatte am Freitag anlässlich des Wheelmap-Tages zu einem Rundgang durch die Stadt eingeladen, um die Barrierefreiheit von Geschäften, Einrichtungen und Lokalen in Ebersberg zu erkunden.

Zu seinem Bedauern waren keine Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen der Einladung gefolgt, sich an der Tour zu beteiligen. Deshalb machten er und seine Kollegin Simone Hendrischke sich nur in Begleitung des Bürgermeisters Walter Brilmayer, der Behindertenbeauftragten Monika Samii-Pichlmeier und des Seniorenbeirats Thomas John auf den Weg.

Das Projekt ist eine Kooperation mit der Website "wheelmap.org", die es auch als App gibt. Auf der Website findet man eine Weltkarte, die Google Maps ähnelt. Alle möglichen Orte wie Gaststätten, Arztpraxen, Ämter, Spielplätze, Geschäfte, Kinos, oder Bahnhöfe sind darin eingetragen. Man kann auch selbst noch nicht vorhandene Punkte auf die Karte stellen. Diese Orte können dann mit einem Ampelsystem auf ihre Barrierefreiheit bewertet werden. Grau markierte Orte sind noch nicht bewertet worden. Rot sind sie, wenn sie nicht barrierefrei zugänglich sind. Orange bedeutet, dass sie teilweise zugänglich sind, also eine Stufe höchstens sieben Zentimeter hoch ist. Grün markierte Plätze sind komplett rollstuhlgerecht. Zusätzlich können auch öffentliche Toiletten bewertet werden. "Hier in den alten Gaststätten sind die meisten WCs im Keller, das ist schon ein Problem", sagt Kraemer.

Jeder kann auf der Seite Orte bewerten, was auch eins der Probleme ist, wie Kraemer zugibt: "Eine Rollstuhlfahrerin hat mir erzählt, dass sie einen Ort rot markiert hat, aber jemand ihn immer wieder auf grün stellt." "Ich glaube auch, dass die Leute heutzutage, wo die Internetwerbung von Geschäften so wichtig ist, nicht gerne eine rote Markierung wollen. Das zeigt bestimmt Wirkung und fördert die Bereitschaft, etwas zu ändern", sagt Bürgermeister Brilmayer. Trotzdem stellt sich das Bewertungssystem allgemein als problematisch heraus, wie Seniorenbeirat Thomas John bemerkt: "Auch bei körperlich Beeinträchtigten gibt es Unterschiede bei der Muskelkraft. Ein jüngerer Rollstuhlfahrer kann zum Beispiel leichter eine Schwelle passieren als ein älterer."

Bei dem Rundgang wird deutlich, dass es in Ebersberg etliche nicht barrierefreie Zugänge gibt. Das hügelige Gelände erschwert die Fortbewegungsfreiheit von Rollstuhlfahrern und älteren Menschen zusätzlich. "Der Marienplatz ist beispielsweise denkmalgeschützt, da ist es schwer, bauliche Veränderungen vorzunehmen", sagt der Bürgermeister.

Das Rathaus ist aber mittlerweile barrierefrei. Schon in den Neunzigern wurden in Ebersberg mit Hilfe von Mitteln aus der Städtebauförderung in den Kopfsteinpflasterwegen glatte Platten eingesetzt, um das Fahren zu erleichtern. "Rein ästhetisch sind die alten Pflastersteine schön und machen natürlich auch das Bild der Altstadt aus, aber für Rollstuhl- oder Rollatorfahrer sind sie natürlich ein Problem", erklärt Brilmayer. Er weist bei dem Rundgang auch darauf hin, dass beispielsweise in der Sieghartstraße der Gehweg teilweise komplett erneuert wurde. "Bei Neubauten geht es ja auch mittlerweile nicht mehr anders. Da müssen die Anträge erst unserer Behindertenbeauftragten Monika Samii-Pichlmeier vorgelegt werden. Bei den neuen Gebäuden muss alles perfekt sein." Bestes Beispiel in der Kreisstadt ist dafür das e-EinZ. Wenn man Ebersberg auf der "wheelmap.org"-Karte anschaut, ist das Einkaufszentrum komplett grün hinterlegt.

Der Bürgermeister kennt die Problematik der mangelnden Barrierefreiheit auch aus eigener Erfahrung, wie er bei dem Rundgang erzählt. "Mein Vater, der inzwischen schon lange verstorben ist, musste nach einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzen. Da ist mir erst aufgefallen, an wie viele Orte ich nicht mit ihm hin konnte. Die Folge daraus war, dass wir dann einige Gaststätten nicht mehr mit ihm besuchen konnten."

In zwei Jahren soll der gesamte Landkreis auf der Karte hinterlegt sein. "In diesem Jahr wollen wir noch die zwölf größten Gemeinden schaffen", gibt Kraemer als Ziel aus. "Natürlich ist die Pflege der Datensätze und das neuerliche Überprüfen der Plätze eine unserer Hauptaufgaben."

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