Ebersberg:Schneller in den Job

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen bei der Ausbildung besser gefördert werden. Ein entsprechendes Programm könnte bald im Landkreis starten - noch gibt es allerdings Streit um die Kosten

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Junge Flüchtlinge im Landkreis sollen besser in Ausbildung und Arbeit kommen. Gelingen könnte dies mit einem neuen Modellprojekt, über das der Landkreis Ebersberg in den kommenden Wochen mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) verhandeln wird. Ob das Vorhaben am Ende aber umgesetzt wird, hängt vor allem von den Kosten ab.

Geplant ist, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, für welche die Jugendhilfe des Landkreises zuständig ist, einen geförderten Ausbildungsplatz erhalten sollen. Dies soll in Zusammenarbeit mit dem Berufsbildungswerk (BBW) und dem Berufsförderungswerk (BFW) geschehen. Die beiden Einrichtungen in Kirchseeon sollen den jungen Leuten "flankierende Fördermaßnahmen", also gewissermaßen regelmäßige Nachhilfe bieten. Wie Christian Salberg, Leiter des Jugendamtes, im Ausschuss erklärte, sollen zunächst 18 Jugendliche teilnehmen, die wohl in Deutschland bleiben dürfen und derzeit ihr Berufs-Vorbereitungsjahr absolvieren. Vom kommenden Jahr an sollen sie im Rahmen einer 36-monatigen "assistierten Ausbildung" einen Beruf erlernen. Ähnliche Programme gibt es noch keine, daher könne man über die Erfolgsaussichten nichts sagen, so Salberg, "aber wenn es gelingt, könnten viele im Arbeitsmarkt unterkommen und es wäre eine Blaupause für mehr".

Doch über dieses "mehr" gab es im Ausschuss viel Diskussionsbedarf. Obwohl alle Redner betonten, wie sinnvoll das Modellprojekt sei, warnten sie auch vor den Folgekosten. Denn zwar wird die BA den Großteil der Kosten von 486 000 Euro für drei Jahre und 18 Teilnehmer bezahlen, ganz umsonst ist die Maßnahme für den Landkreis dennoch nicht zu haben. Wie Salberg erläuterte, müssen derartige Modellversuche bundesweit ausgeschrieben werden - mit der Folge, dass Ebersberg möglicherweise sein zusammen mit BBW und BFW entworfenes Vorhaben gar nicht selbst umsetzen kann. Allerdings gibt es eine Ausnahme, wenn der Kreis nämlich für die BA eine "vorteilhafte Gelegenheit" schafft und sich an den Kosten beteiligt.

Eigentlich hatte die BA einen Kostenanteil des Landkreises von rund einem Drittel verlangt, dies habe er aber "relativ entschieden" abgelehnt, so Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Stattdessen schlug er vor, der BA die Hälfte dieser Summe, das wären 81 000 Euro, anzubieten. Weitere 110 000 Euro wird der Landkreis für Fahrt- und Sachkosten aufbringen müssen. Salberg warnte vor den Kosten, die entstehen könnten, wenn man das Projekt nicht umsetzt: Würden die 18 Teilnehmer der Maßnahme keine Arbeit finden und die nächsten 50 Jahre Hartz IV beziehen, müsste der Landkreis alleine für die Unterkunft 4,2 Millionen Euro bezahlen.

Doch im Ausschuss machte man sich auch Sorgen um andere Folgekosten: "Es wäre eine gute Sache, wenn wir die Frage der Finanzierung nicht hätten", meinte Albert Hingerl (SPD). Denn bei den 18 Auszubildenden werde es sicher nicht bleiben. "Das ist heute ein Grundsatzbeschluss, ich schließe die Wette ab, dass bald ein Nachfolgeantrag kommt." Diese Wette werde er keinesfalls annehmen, sagte Martin Wagner (CSU). Wie Hingerl lobte er das Projekt grundsätzlich, dennoch sei dessen Finanzierung ausdrücklich keine Landkreisaufgabe. Würde der Landkreis dennoch dafür bezahlen, könnte dies langfristig teuer werden: "Mit welcher Berechtigung können wir 18 fördern und alle anderen nicht?" Hingerl, Wagner sowie Reinhard Oellerer (Grüne) forderten daher, über das Projekt noch nicht zu beschließen, sondern es erst in den Fraktionen zu besprechen. Dementsprechend fiel der Beschluss aus: Die Landratsamt-Verwaltung soll zunächst in den kommenden drei Wochen mit der BA über das Modellprojekt verhandeln, Ende November soll der Ausschuss dann endgültig entscheiden.

Landrat Niedergesäß betonte im Ausschuss, dass es "keinen Automatismus" bei dem Projekt gebe. Finanziert werde nur die Ausbildung der 18 Jugendlichen. Ohnehin sei in nächster Zeit nicht damit zu rechnen, dass es bald viel mehr Auszubildende in der Maßnahme gibt, sagte die Leiterin der Abteilung Soziales und Bildung im Landratsamt, Stefanie Geisler, auf Nachfrage. Denn erstens kommt nur ein kleiner Teil der unbegleiteten Minderjährigen überhaupt für das Projekt in Frage, zudem ist laut BBW und BFW die Zahl der Teilnehmer auf maximal 25 begrenzt.

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