Ebersberg:Revier der Rentner

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Dieses symbolträchtige Schaufenster schmückte einst die Ebersberger Altstadtpassage. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Bevölkerung im Landkreis wird immer älter. Laut einer neuen Prognose werden in 20 Jahren 37 500 Senioren zwischen Anzing und Aßling wohnen, gut 12 000 mehr als heute

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Landkreis Ebersberg wird nicht nur immer voller, er wird auch immer älter. Wie eine aktuelle Studie des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum (PV) nun zeigt, nimmt sowohl die Zahl der Landkreisbürger zu wie auch der Anteil der Menschen über 65 Jahre. Dieser Trend wird sich laut Statistik auch in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen.

Untersucht wurden die Jahre 2005 bis 2015, mit einem eindeutigen Ergebnis: Der Anteil der Landkreisbürger unter 65 an der Gesamtbevölkerung nimmt stetig ab. So waren im Jahr 2005 noch 63,2 Prozent der Einwohner des Landkreises im sogenannten erwerbsfähigem Alter, also zwischen 18 und 64 Jahre alt. 20,1 Prozent hatten ihren 18. Geburtstag noch vor sich. 16,7 Prozent waren 65 oder älter.

Zehn Jahre später waren bereits 18,7 Prozent aller Landkreisbewohner älter als 65 Jahre, dagegen ging der Anteil der 18 bis 64-Jährigen auf 62,5 Prozent, jener der unter 18-Jährigen auf 18,8 Prozent zurück. Diese Entwicklung, so erwarten es zumindest die Statistiker, wird sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen. Laut einer Prognose gibt es im Jahr 2035 zwar wieder etwas mehr Junge - der Anteil soll auf 19,1 Prozent steigen - dafür werde die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen nur noch 57,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachen, jene der über 65-Jährigen dagegen 23,3 Prozent.

In absoluten Zahlen fällt der Zuwachs in der Gruppe der Älteren noch deutlicher aus - denn die Bevölkerung nimmt ja auch insgesamt zu. So lebten 2005 noch rund 124 000 Personen im Landkreis, 2015 waren es bereits 137 000 - und 2025 sollen es bis zu 161 000 sein. Das bedeutet, die Gruppe der über 65-Jährigen im Landkreis ist zwischen 2005 und 2015 um fast 5000 Personen gewachsen, somit entfallen 38,5 Prozent des Zuwachses bei der Bevölkerung auf die Senioren. Bis 2035 schließlich werden insgesamt 37 500 Menschen im Rentenalter im Landkreis wohnen, gut 12 000 mehr als heute. Die Zahl der Jugendlichen wird dagegen im gleichen Zeitraum nur um etwa 5000 wachsen, bei der erwerbsfähigen Bevölkerung sind es laut Prognose etwa 7000 mehr als heute.

Allerdings ist davon auszugehen, dass dieser Zuzug regional nicht gleichmäßig ausfällt, auch das legt die Statistik nahe. Bereits heute sind die Anteile der unter 18- beziehungsweise der über 65-Jährigen in den einzelnen Landkreiskommunen sehr unterschiedlich. Untersucht wurde, wie viele Jugendliche oder Senioren es in den Gemeinden pro 100 Einwohner im erwerbsfähigen Alter gibt. Demnach ist Bruck aktuell die jüngste Gemeinde, hier kommen auf 100 Bewohner zwischen 18 und 64 immerhin 35 Jugendliche. Landkreisweit liegt der Wert bei 30,1. Am wenigsten unter 18-Jährige leben derzeit in Kirchseeon, hier kommen auf 100 Erwerbsfähige nur 27,3 Jugendliche.

Ebenfalls über dem Durchschnitt liegen die beiden größten Gemeinden des Landkreises, für Poing liegt der Wert bei 34,1 und in Vaterstetten bei 31,5. Allerdings ist Vaterstetten auch die Gemeinde mit dem größten Anteil an über 65-Jährigen. Auf 100 Personen zwischen 18 und 64 kommen dort 39,1 Senioren. Der Durchschnitt liegt hier bei 29,9 Senioren pro 100 Personen im erwerbsfähigen Alter. Genau am anderen Ende der Skala ist Poing, dort trifft man pro 100 Erwerbsfähige lediglich 21,3 Rentner, aber immerhin 34,1 Jugendliche, Platz drei im Landkreis.

Tendenziell liegen beim Jugend-Anteil die kleineren Gemeinden im Süden meist über dem Landkreisschnitt. Neben Bruck sind das Frauenneuharting, Glonn, Moosach, Emmering und Baiern, allerdings eben auch Vaterstetten - trotz größtem Seniorenanteil. Dieser liegt in den kleinen Gemeinden dagegen meist eher unter dem Schnitt, Ausnahme ist Glonn, was vermutlich am dortigen Altenheim liegt. Allerdings gibt es auch Gemeinden mit sowohl wenig Jugendlichen als auch wenig Senioren. Etwa Kirchseeon, das nicht nur anteilig die wenigsten Jugendlichen hat, sondern mit 28,5 auf 100 Erwerbsfähige auch einen unterdurchschnittlichen Seniorenanteil. Auch in Markt Schwaben, Hohenlinden und Steinhöring sind die Anteile von Senioren und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung unterdurchschnittlich.

Eine mögliche Erklärung ist, dass in vielen Gemeinden die Wohngebiete schubweise entstehen - entsprechend entwickeln sich Altersstruktur und Generationenwechsel. So sind etwa in Vaterstetten in den vergangenen 50 Jahren immer wieder große Siedlungen gebaut und meist von jungen Familien bezogen worden. Im Lauf der Jahre sind die Kinder ausgezogen und die Eltern inzwischen im Rentenalter - also steigt der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung. Da aber gleichzeitig immer neue Wohngebiete entstehen - derzeit etwa an der Dorfstraße - bleibt auch der Anteil der Jugendlichen einigermaßen hoch. In Poing wiederum ist man noch eher am Anfang der Entwicklung, dort sind die großen Wohngebiete jüngeren Datums, dementsprechend niedrig ist der Anteil der Senioren. In Markt Schwaben und Kirchseeon schließlich scheint bei den meisten Familien der Zeitpunkt erreicht, wo die erwachsenen Kinder ausgezogen, die Eltern aber noch erwerbstätig sind.

Für alle Gemeinden allerdings gilt: Wollen sie den Anteil der Jugendlichen und der Erwerbstätigen halten, müssen sie weiter neue Wohngebiete schaffen.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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