Ebersberg:Provokation von rechts

Die AfD hat den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, der wegen antisemitischer Äußerungen aus der CDU geworfen wurde, nach Ebersberg eingeladen. Wo er sprechen wird, ist allerdings noch unklar

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Als "Provokation" bezeichnet Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) die Veranstaltung, man solle ihr aber auch nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Es geht um einen Vortrag, den die AfD, genauer gesagt der Kreisverband Ebersberg-Erding, ankündigt. Stattfinden soll er am Freitag, 11. November, und damit zwei Tage nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht, an dem bundesweit der Opfer der Judenvernichtung gedacht wird. Referieren soll der frühere Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann, der wegen Antisemitismusvorwürfen 2004 aus der CDU ausgeschlossen wurde und in diesem Jahr in die AfD eintrat.

In der "Ebersberger Alm" will man die Veranstaltung nicht

Ob der Vortrag aber tatsächlich stattfinden wird, ist derzeit unklar: Denn in der "Ebersberger Alm", wo die AfD ursprünglich reserviert hatte, ist kein Platz für diese Veranstaltung. "Wir haben die Reservierung storniert", erklärte Ludwig Obermaier, Geschäftsführer der "Ebersberger Alm", auf Anfrage. Vom Tisch ist das Thema damit allerdings dennoch wohl nicht: Auf seiner Facebook-Seite wettert der AfD-Kreisverband über die "fadenscheinige Absage" und kündigt an, die Veranstaltung dennoch nicht abzusagen und einen alternativen Veranstaltungsort zu suchen. Franz Arnold, Vorsitzender des Kreisverbandes Ebersberg-Erding, war Ende vergangener Woche nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Angekündigt ist der Vortrag unter dem Titel "Der deutsche Schuldkomplex und seine Auswirkungen". Wegen seiner Thesen zur Kollektivschuldfrage löste Martin Hohmann in einer Rede zum Tag der deutschen Einheit im Jahr 2003 einen Skandal aus. Dieser war auch Grund dafür, dass Hohmann aus der CDU-Fraktion ausschied und später aus der Partei ausgeschlossen wurde. Hohmann hatte in der Rede die Verbrechen der Nationalsozialisten mit den angeblichen Verbrechen von jüdischen Russen während der Oktoberrevolution gleichgesetzt.

Die Grünen bezeichnen die Pläne der AfD als "beängstigend"

In den Vorjahren hatte Hohmann bereits immer wieder mit homophoben und frauenfeindlichen Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht. Nach seinem Parteiausschluss im Jahr 2004 erklärte Hohmann in der rechtsradikalen österreichischen Zeitschrift Die Aula, "dass eine klar konservative, patriotische, christliche Partei rechts neben der Union" für Deutschland "von Vorteil sein könnte". Diese Partei hat Hohmann in der AfD gefunden. Im Frühjahr 2016 wurde er Mitglied, laut Spiegel Online will er sich für die Bundestagswahl 2017 als Kandidat aufstellen lassen.

Kritik an der geplanten Veranstaltung in der Kreisstadt kommt auch von den Grünen. Es sei "beängstigend", dass die AfD zwei Tage nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht eine Veranstaltung in Ebersberg plane, erklärte Bettina Goldner vom Ortsverband der Grünen. Der Referent Hohmann stehe "in der Tradition von antisemitischen Verschwörungsvorstellungen", wie Goldner mit Verweis auf eine gleichlautende Stellungnahme des Expertenkreises Antisemitismus im Deutschen Bundestag betont.

Eine Rosenheimer Jugendorganisation kündigt Proteste an

Goldner begrüßte die Entscheidung des Geschäftsführers der "Ebersberger Alm", die Reservierung zu stornieren. "Niemand, dem an einem demokratischen Grundkonsens gelegen ist, darf solchen Hetzern ein Forum geben. Wir erwarten, dass die anderen Gasthäuser und Vermieter von Veranstaltungsräumen im Landkreis das ganz genauso sehen", so Goldner.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) erklärte in einer Stellungnahme, jeder Wirt könne und solle in seiner eigenen Verantwortung entscheiden, wen er in seine Räume lasse und wen nicht: "Ich habe großen Respekt vor jedem Gastwirt, der zu seiner inneren Überzeugung steht und auch den Mut hat, einmal Nein zu sagen." Die "Demokratische Jugend", eine linke Jugendorganisation aus Rosenheim, hat angekündigt, zu Protesten aufzurufen, sollte Hohmanns Vortrag tatsächlich stattfinden.

Die AfD schmückte sich mit dem Landkreiswappen - ohne Erlaubnis

Unterdessen bekommt die AfD auch an anderer Stelle Gegenwind. Ein Ebersberger hat nämlich das Landratsamt darauf aufmerksam gemacht, dass der Kreisverband bisher das Landkreiswappen auf seiner Facebookseite verwendet hat. Wo das Wappen stehen darf, ist in den Landkreisrichtlinien allerdings klar geregelt: "Eine Verwendung des Landkreiswappens zu gewerblichen, parteipolitischen oder Werbezwecken ist unzulässig", heißt es dort.

Eine Ausnahme sei, so Landrat Robert Niedergesäß, weder beantragt worden, noch würde sie genehmigt werden: "Dieses Verhalten spricht für das unseriöse Benehmen dieser Partei." Er habe seine Mitarbeiter bereits angewiesen, "eine solche Nutzung umgehend zu unterbinden". Das ist allerdings nun wohl gar nicht mehr nötig: Am Sonntag war das Wappen bereits von der Seite verschwunden.

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