Ebersberg:Paradiesische Zustände

Ebersberg: Wollen nicht nur nach oben, sondern oben bleiben: Andreas Lenz, Robert Niedergesäß, Horst Seehofer und Thomas Huber (von links) im Alten Speicher.

Wollen nicht nur nach oben, sondern oben bleiben: Andreas Lenz, Robert Niedergesäß, Horst Seehofer und Thomas Huber (von links) im Alten Speicher.

(Foto: Christian Endt)

Die Mittelstands-Union serviert beim Sommerempfang Wahlkampf-Häppchen

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Zur Begrüßung gab es Prosecco und Johannisbeer-Schorle, die Grafinger Jazzer spielten im Schatten des Alten Speichers im Klosterbauhof Ebersberg auf. Am Ende wurden Hühnchenspieße in süßsaurer Sauce und Mini-Hamburger serviert. Zwischen derlei Verheißungen eines schönen Sommerabends freuten sich viele Gäste der Mittelstands-Union (MU) am Freitag im Alten Speicher aber wohl auf das Sahnehäubchen der Veranstaltung. Wobei der Vergleich eines Kuchen-Topping mit Ministerpräsident Horst Seehofer schon aus Konsistenzgründen hinkt. Hier ein fluffig süßes Wölkchen, das dem Gaumen schmeichelt, dort ein knallharter Politiker, der seinen Job versteht. Den gut 400 Handwerkern, Freiberuflern und Selbstständigen, die die CSU-Arbeitsgemeinschaft zum Sommerempfang nach Ebersberg eingeladen hatte, machte Seehofer in jedem Fall Appetit auf das, was die Union mit Hilfe der CSU nach der Bundestagswahl in sieben Wochen alles schaffen will.

Die Choreografie des Abends war denn auch nicht nur kulinarisch professionell durchgestylt. Auftritt von MU-Chef Hans Michelbach mit viel Lob, dass der Mittelstand in Bayern über 70 Prozent der Arbeitsplätze und sogar 90 Prozent der Ausbildungsstellen schaffe. Lob auch für die Rahmenbedingungen, für die der Freistaat zuständig ist. Familienfreundliche Erbschaftssteuer, keine neuen Schulden, Stabilitäts-Politik.

Auftritt Thomas Huber. Der Grafinger Landtagsabgeordnete begrüßte die Gäste im "wirtschaftsstärksten Landkreis" der Republik, so eine Studie der Zeitschrift Focus Money. Das sei Verdienst des Mittelstandes. Als Sozialpolitiker im bayerischen Landtag wies Huber aber auch auf die Bayern hin, die nicht auf der Sonnenseite stünden. Diese ebenfalls zu unterstützen, "dafür steht unser bayerischer Ministerpräsident wie kein anderer." Auch die eigenen Verdienste ließ Huber nicht unerwähnt - etwa das Strategiepapier, das er gemeinsam mit Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle erarbeitet hat. Darin fordern die CSU-Politiker mehr Anreize zum Wohnungsbau. Zum Beispiel eine deutliche Senkung der Grunderwerbssteuer beim erstmaligen Kauf eines Grundstücks - damit sich auch Erzieherinnen, Krankeschwestern oder Polizisten Wohneigentum in Ebersberg schaffen könnten.

Auftritt Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz. Er hatte passend zur bevorstehenden Wahl ebenfalls einen Forderungskatalog in petto. Zum Beispiel, dass die Erbschaftssteuer Ländersache werden soll. Dann erspare die CSU den Koalitionsverhandlungen dieses leidige Thema. Ansonsten parolisierte der Frauenneuhartinger im Wahlkampfmodus: "Die anderen machen Schulden, wir schaffen Chancen. Die anderen sind für Planwirtschaft, wir sind für Marktwirtschaft" und so weiter.

Nach der Lenz'schen Liebeserklärung für seine Partei folgte die des Chefs für seine Kanzlerin. Ja, es habe einen Disput mit Angela Merkel gegeben, "aber wenn es um unser Land geht, müssen wir zusammenstehen", sagte Seehofer. "Angela Merkel ist die Leitfigur in der freien Welt. Niemand anderes kann sie so zusammenhalten." Wobei ein bisschen Unterstützung der bayerischen Schwesterpartei nicht nur Merkel, sondern auch dem Mittelstand gut tue. Ein Machtwort aus München gehört in der Diesel-Affäre mit dazu. Fahrverbote, "das wird es mit Horst Seehofer nicht geben", polterte Horst Seehofer, der unerwähnt ließ, dass Gerichte darüber entscheiden werden, ob die Feinstaubbelastung in Städten so groß ist, dass Diesel-Fahrzeuge zeitweise ausgesperrt werden müssen. Stattdessen ein Bekenntnis zur Automobilindustrie als Schlüsselwirtschaft der Republik und der Vorschlag, die vereinbarten Software-Updates in ein paar Monaten auf deren Wirksamkeit hin zu überprüfen.

In seiner gut einstündigen Festrede deckte Seehofer ziemlich jedes Politikfeld ab und bekannte, dass Bayern für ihn längst nicht mehr, wie er einmal gesagt hatte, die Vorstufe zum Paradies sei. "Nein, Bayern ist das Paradies." Allerdings mit dem Hinweis, dass die Gäste im Alten Speicher die paradiesischen Zustände nur aufrechterhalten könnten, wenn sie am 24. September ihr Kreuzchen richtig setzten. Das habe er auch den Eltern erklärt, die ihn auf einem Familienempfang gefragt hätten, wie es Seehofer denn schaffen wolle, dass es pro Kind tatsächlich 300 Euro Kindergeld gebe. "In dem Sie die CSU wählen", habe Seehofer geantwortet. Eine Verheißung, die über einen Sommerabend hinausreichen soll.

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