Ebersberg:Ohne Heim und Herrchen

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In Grafing war dieser junge Kater vergangene Woche allein unterwegs. Jetzt wartet er in der Ebersberger Fundtierauffangstation auf seine Besitzer. (Foto: Christian Endt)

In der Fundtier-Auffangstation des Tierschutzvereins Ebersberg herrscht in der Sommerferienzeit Hochbetrieb. Die Einrichtung beherbergt derzeit knapp 50 Katzen

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Neugierig springt der Kater den drei Besuchern entgegen, die sich in sein kleines Reich voller Spielmäuse, Leitern aus Holz und einem Kratzbaum gesellen. Sachte gleitet er zwischen den Beinen hindurch und schnurrt dabei zufrieden. Einige Tage zuvor habe man den zierlichen schwarzen Kater vor der Drogerie Rossmann in Grafing aufgelesen und ihn in die Fundtier-Auffangstation nach Ebersberg gebracht, berichtet Evelyn Bauer, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Ebersberg.

Vor allem in den Pfingst- und Sommerferien nimmt die Zahl der ausgesetzten Tiere erheblich zu. "Heuer ist es ziemlich schlimm", offenbart Bauer. Insgesamt beherbergt die Station im Moment fast 50 Katzen und Kater. Sechs sind allein an diesem Tag angekommen, davon zwei Katzenbabys mitsamt Mutter. "Wir haben so viele Katzenbabys, das ist nicht jedes Jahr gleich." Zwei von ihnen wurden im Wald ausgesetzt.

Ferienzeit bedeutet Hochbetrieb für Bauer und ihr Team aus zwei Angestellten und mehreren ehrenamtlichen Helfern. Für eine gute Versorgung der aktuell untergebrachten Tiere sei das die Untergrenze, gesteht Bauer. "Was wir vor allem bräuchten, das wäre jemand für handwerkliche Angelegenheiten" - vom Zusammenbauen und -schrauben der vielen Klettermöglichkeiten für die Katzen bis hin zur Montage von Regalen oder Arbeiten an den Außenbereichen. Aber auch über Geldspenden würde sich das Team mehr als dankbar zeigen. So konnte beispielsweise der Tierarztraum mangels finanzieller Möglichkeiten noch nicht fertiggestellt werden.

Im ersten Stock der Station sind die Neuankömmlinge und die als eher unvermittelbar geltenden oder in Quarantäne gehaltenen Tiere untergebracht. Dort wartet auch der bislang noch namenlose schwarze Kater in einem isolierten Raum auf seine Besitzer. Dass es solche gibt, steht für Bauer außer Frage: "Ein Fundtier sieht anders aus als ein herrenloses Tier", erklärt sie. So wohlgepflegt, zutraulich und verschmust, wie der Kater ist, habe er sicherlich Besitzer, die sich gut um ihn gekümmert haben. Die sind leider trotz Ohrmarkierung mittels Tätowierung nicht auszumachen. Wenn der Kater innerhalb der kommenden Tage nicht abgeholt wird, werde ihn der Tierarzt untersuchen und impfen. Kastriert sei er bereits. Erst dann dürfe die Quarantäne aufgehoben und er mit anderen Artgenossen zusammen gebracht werden, wie Bauer das weitere Prozedere mit dem Findlingskater darlegt.

Ein Stockwerk tiefer befindet sich das Territorium der übrigen Katzen. Zu dritt oder zu viert haben sie dort separate Zimmer mit je einem kleinen Außenbereich. Schön sehen die Räume aus: Da türmen sich raffinierte Kratzbäume neben diversen Klettermöglichkeiten wie Leitersprossen. Und neben verschiedenen anderen Utensilien, die ganz dem Jagdinstinkt von Katzen entsprechen zu scheinen, liegen Spielmäuse verstreut.

Als Fundtier-Auffangstation sind Bauer und ihr Team lediglich für Findlingstiere zuständig. Für weitere fehlen sowohl Versorgungs- als auch Unterbringungskapazitäten. Nur in Ausnahmefällen nimmt die Ebersberger Station auch solche Tiere auf. So wie vergangene Woche: Bei strömendem Regen lag morgens in einem Karton ein Meerschweinchen vor der Tür. Oder die 24 Kaninchen, die man in einem Waldstück ausgesetzt aufgelesen hat. Sieben davon versorgt nun die Fundtier-Auffangstation; die übrigen sind in Tierheimen im Umkreis untergebracht. Den zehnjährigen Kater Fitz gab sein Frauchen ab. "Todtraurig war der", erinnert sich Bauer. Nachdem ihn ein Auto angefahren hatte, musste man ihm ein Bein abnehmen. Das sei wohl der Grund gewesen, weshalb sich seine Besitzerin nicht mehr um ihn kümmern wollte, vermutet Bauer.

Das derzeit wohl extremste Beispiel für ein Nicht-Findlingstier aber ist Elli, eine beschlagnahmte Hündin. Ihre Besitzer haben sie in einem kleinen Kellerabteil gehalten, wie Bauer erzählt. "Das Abteil war mit Kartons verhängt, sodass man von außen nicht reinsehen konnte." Als aufmerksame Nachbarn wiederholt ein Winseln aufgefallen war, wandten sie sich an die Fundtier-Auffangstation. Diese alarmierte daraufhin das zuständige Veterinäramt, das die verstörte Hündin umgehend aus dem dunklen Kellerabteil befreite. Seitdem ist Elli in Ebersberg untergebracht. Dort hat sie ein eigenes großes Zimmer mit einem Auslaufgehege. Wenn gerade kein hundeschreckhafter Besuch vor Ort ist, darf Elli in der großen Gartenanlage der Station frei herumtollen.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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