Sozialarbeit an Schulen:Die Trägerschaft wird ausgeschrieben

Nachdem der Vertrag mit der Diakonie im Herbst ausläuft, will der Landkreis Ebersberg die Trägerschaft für Sozialarbeit an seinen Realschulen und Gymnasien künftig ausschreiben.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Konkurrenz belebt das Geschäft, dieser Grundsatz soll im Landkreis künftig auch bei der Schulsozialarbeit gelten. Mit großer Mehrheit hat der zuständige Ausschuss des Kreistages beschlossen, dass die Sozialarbeit an den vier Realschulen und vier Gymnasien künftig ausgeschrieben werden soll.

Seit Herbst 2011 gibt es an den kreiseigenen Schulen Sozialarbeit, ein Projekt, um das in den Gremien jahrelang heftig debattiert wurde. Der Bedarf des Angebots wurde zwar nicht bezweifelt, zumal die Schulen selbst immer wieder darauf hinwiesen, wohl aber die Zuständigkeit des Kreises. Denn rein formell wäre für Sozialarbeit an weiterführenden Schulen der Freistaat zuständig und müsste die Kosten tragen. Schließlich einigte man sich darauf, dass der Landkreis rund 190 000 Euro pro Jahr als freiwillige Leistung übernimmt. Drei Sozialarbeiter sollten die Betreuung der acht kreiseigenen Schulen übernehmen.

Das Problem war, alle Stellen zu besetzen

Doch knapp ein Jahr nach dem Start war es mit dem Projekt fast schon wieder vorbei. Grund dafür war, dass es dem vom Jugendhilfeausschuss bestimmte Träger, der Diakonie, auch bis Herbst 2012 nicht gelungen war, alle drei Stellen zu besetzen. Das Jugendamt drängte damals auf eine sofortige Kündigung der Trägervereinbarung wegen Nichterfüllung - eine Forderung, welcher der Ausschuss aber nicht folgen wollte. Inzwischen läuft die Schulsozialarbeit aber zur allgemeinen Zufriedenheit, der Vertrag mit der Diakonie wurde 2014 um weitere zwei Jahre verlängert. Außerdem wurde im vergangenen Jahr beschlossen, das Budget auf 255 000 Euro anzuheben, so dass eine vierte Sozialarbeiterstelle eingerichtet werden kann.

Im Herbst dieses Jahres läuft nun aber der neue Vertrag mit der Diakonie aus. Die Verwaltung im Landratsamt schlug nun vor, diesen nicht automatisch zu verlängern, sondern eine Ausschreibung über den künftigen Träger der Schulsozialarbeit entscheiden zu lassen. Am Besten, so Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales, sei es, man lasse diese Ausschreibung von einer externen Kanzlei vornehmen. Dies garantiere die nötige Unabhängigkeit, etwa für den Fall, dass sich das Jugendamt selbst um die Trägerschaft bewerben wolle.

Der Termin der Ausschreibung sei zu früh angesetzt

Über beide Vorschläge gab es reichlich Diskussionsbedarf. So erinnerte Reinhard Oellerer (Grüne) daran, dass "dieses Projekt sehr holprig gestartet" sei, daher sei es für eine Ausschreibung jetzt noch zu früh. "Sozialarbeiter brauchen eine gewisse Zeit, bis sie drin sind, ich würde ihnen erst einmal drei bis vier Jahre geben." Etwas zu schnell kam der Termin auch für die SPD. Sie habe zwar nichts gegen die Ausschreibung an sich, so Doris Rauscher, aber vielleicht solle man damit noch etwas warten. Auch Albert Hingerl fragte, ob man die Neuvergabe nicht um ein weiteres Jahr verschieben könne.

Dies sei zwar möglich, so Geisler, widerspräche aber einer Entscheidung der "Arbeitsgruppe Freiwillige Leistungen". Diese hatte Anfang Februar beschlossen, derartige Aufgaben künftig auszuschreiben. Und der Trägervertrag für die Schulsozialarbeit sei in nächster Zeit der einzige, der zur Neuvergabe anstehe. Die Ausschreibung hier könne daher vielleicht auch dazu dienen, Erfahrungen für andere Ausschreibungen solcher Leistungen zu sammeln.

Die Grünen äußerten aber auch grundsätzliche Bedenken gegen die Ausschreibung. Er sehe hier kein Einsparpotenzial, sagte Oellerer, "alle Träger müssen nach Tarif bezahlen, die könnten höchstens jüngere Kollegen einstellen, die billiger sind". Was aber wegen der angespannten Nachfragelage bei Sozialpädagogen kaum möglich sei, und falls doch, "wird dann ein möglicher finanzieller Gewinn überkompensiert durch einen pädagogischen Verlust". Schließlich gehe es hier auch um mühsam aufgebaute Beziehungen zwischen Sozialarbeitern und Schülern.

Externe Experten sollen nicht beauftragt werden

Dass diese erhalten bleiben, sei auch bei einer Verlängerung des Vertrages mit der Diakonie nicht sicher, so Geisler, "wir können die Träger nicht verpflichten, niemanden zu versetzen". Wobei dies auch Vorteile haben könne, merkte der Stellvertretende Landrat Walter Brilmayer (CSU) an: "Jeder kennt das, wenn man einen Lehrer über mehrere Jahre hat, kann das ein Segen sein oder ein Fluch." Genau wie für den Auftraggeber, ergänzte CSU-Fraktionssprecher Martin Wagner: "Das ist auch die Chance, sich von einem Träger zu trennen, mit dem es nicht so gut läuft." Alexander Müller (FDP) schließlich lobte die geplante Ausschreibung ausdrücklich: "Das macht man doch in der Industrie auch so, damit keine Spezi-Spezi-Netzwerke entstehen." Gegen die Stimmen der Grünen wurde schließlich beschlossen, die Stellen künftig auszuschreiben.

Einigkeit gab es dagegen darin, dass man damit keine externen Experten beauftragen will: "Das sehe ich kritisch", meinte etwa Alexander Müller, "wenn das, was wir sparen, dann die Kanzlei einsteckt". Auch Walter Brilmayer sprach sich gegen eine Vergabe der Ausschreibung aus, "so etwas kostet immer ein Schweinegeld". Stattdessen wurde beschlossen, dass die Ausschreibung nun von einer unabhängigen Stelle im Landratsamt selbst organisiert werden soll.

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