Ebersberg:Mit dem E-Mobil raus aus der Steinzeit

Ebersberg: Vor dem Landratsamt gibt es bereits eine Elektrotankstelle, im Landratsamt ging es nun darum, wo weitere errichtet werden sollen.

Vor dem Landratsamt gibt es bereits eine Elektrotankstelle, im Landratsamt ging es nun darum, wo weitere errichtet werden sollen.

(Foto: Christian Endt)

Mehr als 80 Interessierte diskutieren im Landratsamt mit den Planern von Team Red über das Elektromobilitätskonzept für den Landkreis Ebersberg: Bis 2020 ist noch viel zu tun

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Spricht man über Elektromobilität in Deutschland, kommt man aus den Urzeitmetaphern gar nicht mehr heraus. So geht es auch Thorsten Gehrlein und Tobias Kipp vom Planungsbüro Team Red, die nun im Landratsamt den Zwischenstand des Elektromobilitätskonzepts für den Landkreis präsentiert haben: "Im Vergleich zu asiatischen Ländern sind wir hier noch in der Steinzeit", ist beispielsweise ein Satz, der gleich mehrfach fällt - von Seiten der Vortragenden, aber in den Anmerkungen der mehr als 80 Interessierten, die den Hermann-Beham-Saal füllen. "Wenn man in den alten Dieselbussen sitzt, da fühlt man sich doch wie in einem Dinosaurier", fügt Thorsten Gehrlein hinzu. Tatsächlich bleibt auch im Landkreis noch viel zu tun, wenn das Ziel erreicht werden soll, bis 2030 frei von fossilen Energieträgern zu sein. "Die Mobilität wird ja häufig als das Problemkind des Klimaschutzes angesehen", so Kipp. "Aber ohne geht es schlicht nicht."

Nicht nur die Menge der Bürger, die dem Vortrag im Landratsamt folgen, deutet auf die Relevanz des Themas hin, sondern auch deren Diskussionsbereitschaft. Kaum einen Themenkomplex schließen die Planer ab, ohne dass Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht werden. Ein Thema, das besonders im Umfeld der zweiten Zornedinger Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder wiederholt aufkommt, ist die Verbindung von erneuerbaren Energien und Elektromobilität: "Wenn der Strom, mit dem wir die Batterien aufladen, nicht aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, hilft das nichts", sagt ein junger Mann. "Ob das CO₂ aus dem Auspuff kommt oder aus dem Schornstein von einem Kraftwerk, ist dann auch egal." Viele der Anwesenden reagieren mit Applaus auf diese Bemerkung.

Für die Planer sind die Hinweise der Bürger wichtig. Denn bis zum Abschluss des Elektromobilitätskonzeptes fehlen noch zwei Schritte: Fertig ist bereits die Erhebung des Ist-Zustandes für den Landkreis. Noch in Arbeit beziehungsweise ausstehend ist vor allem Zweierlei: Die Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge sowie eine Reihe von unterstützenden Maßnahmen. Bis 2030 sei es durchaus möglich, so Gehrlein, dass jeder zweite Wagen im Landkreis ein elektrisches Fahrzeug ist: "Dafür muss allerdings noch einiges passieren", fügt er hinzu. Momentan liegt der Bestand von Elektroautos im Landkreis bei unter einem Prozent. "Das ist für uns momentan interessant: Mit was für Szenarien können und müssen wir bei der Planung rechnen?"

Tobias Kipp stellt in seinem Vortrag zur Lade-Infrastruktur die verschiedenen technischen Möglichkeiten vor: Da ist zum einen die konventionelle Steckdose daheim, die allerdings auf Dauer aufgrund der Überlastung der Leitungen nicht ideal ist. Gängig ist heute alternativ die "Wallbox", die an der Wand festgedübelt wird und bis zu 22 Kilowatt liefern kann. Auch über die Ladesäulen spricht Kipp. Sie kann - sofern sie mit Wechselstrom läuft, eine Autobatterie in einer halben Stunde aufladen. Deshalb wäre sie, trotz hoher Anschaffungskosten, wohl das Mittel der Wahl für potenzielle Tankparks im Landkreis.

Allerdings: die Experten raten den Kommunen zu "maßvollem Ausbau" in puncto öffentliche Ladeinfrastruktur. "Das Problem ist momentan, dass wir noch nicht wissen, wo die Reise hingeht", so Gehrlein. Etwa 90 Prozent der Batterien werden derzeit noch daheim geladen. "Zahlen zeigen, dass die bereits bestehende Infrastruktur gar nicht ausgelastet ist", fügt er hinzu.

Dass die Unsicherheit in Bezug auf öffentliche Ladestationen nach wie vor zu Zurückhaltung bei der Kaufbereitschaft beiträgt und die Kommunen mit der Schaffung einiger Stationen ein klares Statement für die Umstellung auf Elektromobilität abgäben, sind die wohl stärksten Argumente für eine Investition an dieser Stelle. Die Argumente, die laut den Planern dagegensprechen, sind in erster Linie, dass "Kommunen auch keine Tankstellen betreiben" und die technischen Entwicklungen der kommenden Jahre so unberechenbar sind.

"Aber damit werden die kleinen Maßnahmen, die man als Anreize für potenzielle Käufer verstehen muss, umso wichtiger", betont Gehrlein. Das geht los bei Parkplätzen, die für Elektroautos umsonst sein könnten. Aber auch die Unterstützung von Wohnanlagen und Arbeitgebern, die Mietern und Mitarbeitern die Infrastruktur zum Aufladen bieten. "Und das Abschleppen von Autos, die zu lange einen Lade-Parkplatz belegen, wird auch wichtig werden", so Gehrlein. "Sie meinen so wie den Benz, der gerade den Parkplatz vor dem Landratsamt belegt hat, auf den ich wollte", ruft ein Mann aus dem Publikum unter Gelächter.

Auffällig ist, dass viele derjenigen, die sich zu Wort melden, selbst bereits mit Elektroautos - oder noch lieber: Pedelecs - unterwegs sind. Bis jeder Zweite im Landkreis so weit ist, wird allerdings noch ein wenig Zeit vergehen. Das Konzept für die Elektromobilität im Landkreis wird jedenfalls voraussichtlich im Sommer abgeschlossen sein.

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