Ebersberg:Magische Anziehungskraft

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Roswitha Hülser aus Ebersberg hat zusammen mit dem Ortsverband für Zauberkünstler die Vorentscheidungen der deutschen Meisterschaften in den Landkreis geholt. Von 3. bis 5. Juni wird im Alten Speicher um die Wette getrickst

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Eine Zauberschule für angehende Magier, Aufnahmeprüfungen in gleich drei verschiedenen Zaubereidisziplinen, wöchentliche Zauberclubtreffen, deutsche Meisterschaften und Weltmeisterschaften in der Zauberkunst: Das alles klingt schon sehr nach ausgeklügelten Fantasiekonstrukten, wie man sie in den Romanen um den berühmten Roman-Zauberlehrling Harry Potter mit der Stirnnarbe finden könnte. Aber das trügt. Denn all das gibt es tatsächlich.

Roswitha Hülser ist eine von denen, die in diesem Zauberei-Sammelsurium zu Hause sind. Die Ebersbergerin bezeichnet sich als Zauberin, sie ist seit 1988 Mitglied im Magischen Zirkel von Deutschland (MZvD), dem nationalen Dachverbund für Zauberkünstler. Eigentlich geht es natürlich um Zauberkunst, also Tricks, die aussehen wie echte Zauberei. Jeder "Magier", der etwas auf seinen Ruf hält, ist im MZvD Mitglied. So beispielsweise auch das wohl bekannteste deutsche Zaubererkünstler-Duo Siegfried und Roy.

Bevor Hülser Vereinsmitglied wurde, besuchte sie zwei Jahre die Zauberakademie in München. Einmal pro Woche lernte sie für jeweils drei Stunden von Profis, was es mit der Zauberkunst auf sich hat. Entdeckt hat Hülser die Zaubereikunst aber schon viel früher. "Das ist eigentlich eine recht lange Geschichte", sagt Hülser. Ihr älterer Bruder versuchte sich im Jugendalter an einigen Zaubertricks. Da sei sie, damals zehn Jahre alt, neugierig geworden. "Aber er hat nie etwas verraten." Hülser lacht, während sie von diesen Erinnerungen erzählt.

Viele Jahre passierte nichts, bis 1986 Hülsers Kostümwahl zum Ebersberger Faschingsball auf das einer Zauberin fiel. Als ihr Mann und ihr Bruder zum einen sagten, dass sie dann auch zaubern müsste, zum anderen aber, dass sie das ohnehin nicht könnte, "da dachte ich mir: Und jetzt erst recht!" In einem der Zauberläden, in denen sie sich mit Literatur und Zaubereimaterialien eindeckte, hörte sie von der Münchener Zauberakademie. Sie meldete sich an und bewarb sich nach ihrem erfolgreichen Abschluss als Anwärterin für einen der zwei Ortszirkel des MZvD in München. Während dieser Zeit dürfe man einmal im Monat bei den wöchentlichen Vereinstreffen dabei sein und sollte auch jedes Mal etwas vorzaubern, sagt Hülser. "Das ist gar nicht so einfach, vor Zauberern zu zaubern", fügt sie noch hinzu.

Nach ein bis eineinhalb Jahren folgt dann eine Prüfung, die über eine ordentliche Mitgliedschaft im Verein entscheidet. In drei Kategorien müssen die Anwärter die fünfköpfige Jury von ihrem Können überzeugen: Im Bereich Theorie werden beispielsweise Fakten über den MZvD gefragt, im praktischen Teil muss man drei Zaubereigrundtechniken wie einen Kartentrick vorzaubern und in der letzten Kategorie dürfen sich die Lehrlinge eine zehnminütige Zauberkür mit einem eigenen Schwerpunkt zusammenstellen.

Nach ihrer Anwärterzeit war Hülser die fünfte Frau, die ordentliches Mitglied in ihrem Ortsverband wurde. Mit durchschnittlichen drei Prozent Frauen im MZvD dominieren bis heute Männer die Zauberkunst. "Es sind eben meistens immer noch die Buben, die einen Zauberkasten geschenkt bekommen", sagt Hülser.

Mit der Zeit ist ihre aktive "Zauberei" immer weniger geworden. "Man muss pausenlos üben", sagt sie. Dazu habe ihr einfach die Zeit gefehlt. Die Vereinsarbeit nimmt sich Hülser dafür umso mehr zu Herzen. Seit 1990 ist sie die Kassierin und Schriftführerin in ihrem Ortsverband. Dass Ebersberg einer der beiden Orte für die Austragung der Vorentscheidungen zu den deutschen Meisterschaften der Zauberkunst vom 3. bis 5. Juni ist, ist zu einem Großteil Hülsers Verdienst. Zwei der derzeit begehrtesten Magier stammen sogar aus dem Landkreis: der amtierende deutsche Meister Luke Dimon aus Forstinning und der frühere Weltmeister Gaston aus Bruck. Im kommenden Jahr wird dann die deutsche Meisterschaft ausgetragen, gefolgt von der Weltmeisterschaft 2018.

Bei den Vorentscheidungen treten 34 Magier in gleich sechs verschiedenen Sparten gegeneinander an: Karten- und Kinderzauberei, Close-Up-Magie, Großillusion sowie Mental- und Bühnenmagie. Daneben gibt es für 160 Teilnehmer verschiedene Seminare, eine Händlermesse und Shows. Prinzipiell könne sich zwar jeder für den Kongress anmelden, die Öffentlichkeit ist jedoch ausgeschlossen - aus einem einfachen Grund, wie Hülser erklärt: Niemand soll auf dem Silbertablett serviert bekommen, wie das mit dem Tricksen und Zaubern nun wirklich funktioniert. Damit die Ebersberger dennoch auf ihre Kosten kommen, findet am 4. Juni im Alten Speicher die Ebersberger Zaubernacht statt. Hochkarätige Zaubererkünstler, wie der gebürtige Forstinninger Luke Dimon, zeigen dort in einer öffentlichen Galashow ihre Tricks.

Ziemlich viel, was da in den kommenden Tagen auf Ebersberg zukommt. "So eine Organisation können eigentlich nur die großen Ortsverbände übernehmen. Es macht einfach sehr viel Arbeit", sagt Hülser. Seit beinahe zwei Jahren planen die 68 Mitglieder des Verbands den Kongress, und so kurz vor den Veranstaltungstagen steht Hülsers Telefon kaum mehr still. Da gibt es Nachfragen zu Entfernungen in Ebersberg, Änderungs- und Stornierungswünsche von Übernachtungsmöglichkeiten oder Zauberer, die ihre Show kurzfristig noch einmal ändern möchten. Fast alles bündelt sich bei Roswitha Hülser. "Unsere Vorsitzenden haben aber bestimmt noch mehr zu tun", sagt sie bescheiden.

Und das, obwohl Hülser parallel zu dem Kongress und der Gala noch ein weiteres Projekt zusammen mit dem Ebersberger Stadtführer Thomas Warg stemmt: die Ebersberger Zaubertour. Am 28. Mai fand zum ersten Mal eine solche Stadtführung statt, in der Hülser in die Rolle von Regina Riss schlüpft, die 1655 Hofwirtin der Unteren Taverne war, dem heutigen Ebersberger Rathaus. Von Reisenden hatte sich die ehemalige Hofwirtin Zaubertricks abgeschaut und so legt auch Roswitha Hülser bei den Führungen Zaubereinlagen ein. Dafür hat sie sich mit ihren Magierkollegen viel ausgetauscht und beraten. "Ohne Tisch und mit nur wenigen Utensilien muss man schon genau überlegen, was man da alles machen kann", sagt sie. Wie das Ergebnis nun wohl aussieht?

Die Ebersberger Zaubernacht findet am 4. Juni im Alten Speicher Ebersberg statt, Beginn ist um 20 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf für 20 bis 29 Euro, an der Abendkasse zum Preis von 21 bis 30 Euro.

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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