Ambulante Palliativversorgung:Letzte Tage in Würde

Die ambulante Palliativversorgung besteht seit einem Jahr und stößt im Landkreis auf großes Interesse. Zwei Pflegekräfte, zwei Ärztinnen und eine psychosoziale Fachkraft vom Hospizverein unterstützen die Angehörigen.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Die letzten Lebenstage in Würde daheim zu verbringen und dort auch im Kreise der Lieben sterben zu dürfen, das ist der große Wunsch vieler. Seit gut einem Jahr hilft ein neues Angebot, immer mehr Menschen im Landkreis diesen Wunsch zu erfüllen. Fast 100 Schwerstkranke und Sterbende hat die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) im Jahr 2014 hier betreut. Zwei Pflegekräfte, zwei Ärztinnen und eine psychosoziale Fachkraft vom Hospizverein unterstützen die Angehörigen bei ihrer schwierigen Aufgabe und helfen, krankheitsbedingte Krisensituationen abzufangen.

Die ambulante Palliativversorgung ist im Landkreis Ende 2013 langsam angelaufen; lange hatte es so ausgesehen, als würde es damit gar nichts. Denn als finanzierbar wurde ein Palliativdienst nur für eine Region mit mindestens 150 000 Einwohnern angesehen, der Landkreis allein hätte nach dieser Berechnung also das notwendige Potenzial nicht bieten können. Die Lösung wurde durch eine Kooperation gefunden: Die Caritas Taufkirchen übernahm die Trägerschaft, sie ist außerdem für den Landkreis München und Randbereiche der Landeshauptstadt zuständig. Lokaler Partner ist der Christophorus-Hospizverein im Landkreis, auch die Kooperation mit der Kreisklinik und den örtlichen Hausärzten ist eng. Neben dem Team, das speziell in Ebersberg stationiert ist, gibt es weitere Fachleute, die standortübergreifend im Einsatz sind: ein Seelsorger, ein Physiotherapeut, drei Atemtherapeutinnen und zwei "Männer für alle Fälle".

Die Haus- und Klinikärzte haben 2014 in vielen Fällen den Kontakt zur SAPV hergestellt. Für die Betroffenen ist der Schritt schwer, wie Katja Goudinoudis, die Leiterin des Zentrums für ambulante Hospiz- und Palliativversorgung, in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familie und Bildung (SFB) des Kreistags sagte. Denn zuerst muss die Einsicht kommen, dass das Ziel einer Behandlung jetzt nicht mehr die Genesung ist - sondern dass es nun nur noch um einen guten Tod gehen kann. Wie fassungslos und erschüttert viele Patienten diesen Moment wahrnehmen, berichtete auch Wilfried Seidelmann. Der FW-Kreisrat ist seit 30 Jahren auch Hausarzt in Kirchseeon und hat viele solcher Augenblicke erleben müssen. "Heilfroh" sei er, sagte er, dass er nun bei solchen Fällen jemanden an seiner Seite habe, der sich um die Angehörigen kümmere und ihnen die Angst auf dem weiteren Weg etwas nehme. Eine Reserviertheit der Ärzteschaft gegen das neue Angebot, wie es sie laut Goudinousis in anderen Regionen durchaus gibt, sei im Landkreis nicht vorhanden.

Es gibt einiges, was die SAPV-Fachleute für die Kranken und ihre Angehörigen tun können. Denn vieles, was mit dem Sterbeprozess einhergeht, kann Angst und große Unsicherheit bei den Angehörigen auslösen: Symptome wie Schmerzen, Atemnot, Übelkeit oder psychische Probleme des Kranken lassen viele glauben, sie könnten diese Aufgabe nicht stemmen. Hier aber können die Fachleute helfen, sie kommen bei Bedarf nicht nur zu den Betroffenen nach Hause, sie sind auch rund um die Uhr für die Angehörigen telefonisch zu erreichen.

Wünschenswert wäre, so sagte die Expertin, dass die Menschen sich schon in einem früheren Stadium der Krankheit an die SAPV wenden. Man wolle den Menschen eine gute Lebensqualität in ihren letzten Wochen und Monaten ermöglichen, sagte Goudinousis. Oft sei aber bei der Kontaktaufnahme ihre Krankheit schon so weit fortgeschritten, dass ihnen nur noch wenige Tage blieben. 18 Tage nahmen die meisten Betroffenen die Arbeit der SAPV in Anspruch. In 86 Prozent der Fälle konnte die Arbeit des Spezialistenteams den Menschen ermöglichen, daheim zu sterben. In Anspruch genommen haben das Angebot im Jahr 2014 vorwiegend Menschen im Nordwesten des Landkreises. 37 stammten aus Vaterstetten und Baldham, 14 aus Poing, zehn aus Zorneding. In vielen südlichen Gemeinden wie Egmating, Glonn, Bruck und Baiern hingegen wurden gar keine Patienten betreut.

Der Landkreis muss für das neue Angebot weniger finanzielle Unterstützung aufbringen als zunächst vermutet: 64 000 Euro wurden als jährlicher Defizitausgleich zugesichert, in Anspruch genommen werden mussten im Jahr 2014 nur knapp 18 000 Euro.

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