Ebersberg:Kritische Hymnen

"Dancing Me & The Ska Machine"

Tanzbar und nachdenklich zugleich: "13 Songs to hear before you die" heißt die neue Scheibe der Landkreisband "Dancing Me & The Ska Machine".

(Foto: Veranstalter)

"Dancing Me & The Ska Machine" stellen im Alten Kino ihr neues Album vor

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Es gilt mit einem verbreiteten Vorurteil aufzuräumen: Dass Ska immer nur lustig sein müsse. Quasi wie ein Schalter, der am Kopfhörer umgelegt wird, so dass es Endorphine aus dem Zwischenhirn presst und sich alles Schreckliche und Schroffe des Lebens auflösen möge zwischen Dezibel und Offbeat in 4/4- oder 2/4-Takten. Nein, diese tanzbare Musik funktioniert auch vor ganz ernstem Hintergrund, dafür treten Dancing Me & The Ska Machine mit ihrem neuen Album "13 Songs to hear before you die", das sie am Samstag im Ebersberger Alten Kino präsentieren, den Beweis an.

"Wir finden, dass sich tanzbare Musik und gute Texte nicht ausschließen", erzählt Drummer Simon Viktor, der wie Bassist Stefan Bertolan und Trompeter Florian Landerer aus dem Landkreis stammt. "Wir suchen einfach Antworten auf komplexe Fragen, liegen nachts schlaflos im Bett, weil uns die rasanten Veränderungen in der Welt Angst machen." Genauso wie das postfaktische Zeitalter, in dem Nachrichten plötzlich nur noch dann für real gehalten würden, wenn sie in Weltbild und persönliche Erwartungshaltung passten.

Der Song "Resentmentalism", die Rückbesinnung aufs Sentimentale, kommt wie eine kritische Hymne gegen diese neue Ära daher. Was ist eigentlich los, dass die Gesellschaft für alles und jeden einen Sündenbock sucht? Dass sie vereinfacht, reduziert, ausklammert und damit das macht, was die Band mit "oversimplified" verschlagwortet? Verstörend, wie die Musiker zwischendurch Schnipsel aus Nachrichtensendungen in die Tonspur schneiden. Sprecher lesen nüchtern Berichte mit Zahlen von auf der Flucht übers Mittelmeer Ertrunkenen herunter. "Wake up and see!" - manchmal braucht es eben ganz im Herzog'schen Sinne einen Ruck.

Zum Tanzen ist der Sound der neuen CD - der Bandname verpflichtet - trotzdem. Im Vergleich mit dem ersten Album "Rise of the Machine" ist er aber nicht nur lyrisch erwachsener, sondern auch instrumental ausgefeilter geworden. Zu den rockigen Einflüssen sind Swing-, Polka- und balladeske Elemente gekommen. Der Song "The Spot" etwa lebt von seiner sextolischen Rhythmik, die sonst eher in alten Reggae- oder Jazz-Nummern zu hören ist. Noch so ein Lied mit entfesselten Bläsersätzen, das das Zeug zur Hymne hat.

Das liege mit daran, dass der Einfluss jedes einzelnen Musikers stark zu spüren sei, erzählt Drummer Viktor. "Die Songs haben wir alle zusammen während zwei wunderschönen Wochenenden auf Berghütten geschrieben. Echtes Teamwork also!" Eine Horde Bühnenjunkies auf Klausur sozusagen. Geklaut haben die Musiker allerdings "Gauge", wenngleich bei sich selbst: Die Nummer stammt ursprünglich von der nicht mehr existierenden Landkreis-Punk-Band The Laramies. Bertolan und Viktor waren dort mit von der Partie.

Gigs mit The Skatalites aus Jamaika, dem New York Ska Jazz Ensemble oder den Ska-Altmeistern Dr. Ring-Ding, Mark Foggo und Roy Ellis hatte das erste Album der Band eingebracht. Mal schauen, was sich nach "13 Songs to hear before you die" so alles ergibt. Der Samstagabend wird der Auftakt sein.

"Dancing Me & The Ska Machine": Release-Konzert des neuen Albums "13 Songs to hear before you die" am Samstag, 26. November, um 20.30 Uhr im Alten Kino in Ebersberg.

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