Ebersberg:Kreuz und quer durch Ebersberg

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Eine Woche nach dem Erlass des neuen Ministerpräsidenten: ein Blick in die Ebersberger Behörden, in eine Kunstschmiede und in ein Atelier

Von Amelie Hörger, Ebersberg

Zwei einfache Striche im rechten Winkel quer übereinander gelegt. Mehr macht im Grunde ein Kreuz nicht aus. Und doch können Kruzifixe sehr vielfältig sein. Ein Blick in die Ebersberger Behörden zeigt zwar vor allem Schlichtes, doch Gespräche mit denen, die sich beruflich mit der Gestaltung des religiösen Symbols beschäftigen, offenbaren kreativen Reichtum.

Nicht erst seit dem bayerischen Kreuzerlass, der am vergangenen Freitag in Kraft getreten ist, hängt das christliche Zeichen im Bürgerbüro des Ebersberger Rathauses. Einmal durch die Tür, findet der Besucher recht unscheinbar über seinem Kopf ein gleichschenkliges Kreuz. Die weiße Wand dahinter trägt maßgeblich dazu bei, dass die zwei dunklen Balken trotz ihrer Einfachheit nicht vollkommen zwischen den Sorgen und Nöten der Bürger untergehen. Schlicht, das scheint auch die Devise zu sein bei jenen Kreuzen, die erst kürzlich im Rahmen des viel diskutierten Gesetzes angeschafft wurden, etwa im Amtsgericht. Schon beim Hineingehen ist das Kreuz im Vorraum kaum zu übersehen, denn seine braune Farbe hebt sich deutlich von einem grauen Metalldetektor ab. In seiner Bescheidenheit ähnelt es seinem Zwilling im Rathaus sehr, so zeigt es weder einen Korpus, noch ranken sich prunkvolle Verzierungen um das Zeichen. Derselbe Anblick bietet sich im Landratsamt: Das dortige Kreuz ist zwar recht groß und aus Bronze, aber ebenfalls kein Blickfang, sondern hinter den Aufstellern in der Eingangshalle gut versteckt. Dafür ist es ein lokales Produkt. Zwar hat nicht der Landrat selbst zu Hammer und Zange gegriffen, doch immerhin stammt das Kreuz aus einem Betrieb weniger als zwei Kilometer von der Behörde entfernt: der Kunstschmiede Bergmeister.

Dass es auch anders geht, zeigt eine Arbeit des Grafinger Bildhauers Robert Weber: Er hat einen alten Korpus mit angesägtem Holz und schwarzem Stahl kombiniert. (Foto: Robert Weber/oh)

Im Büro der Firma stapeln sich Kreuze und allerlei andere Schmiedearbeiten aus verschiedenen Materialen. Hier wird sichtbar, wie unterschiedlich das Symbol Kreuz interpretiert und umgesetzt werden kann. Turmkreuze, Hochkreuze, Vortragekreuze und selbstverständlich Wandkreuze stellt die Schmiede aus Ebersberg her, und zwar nicht nur für den Landkreis: Neben dem Landratsamt seien zuletzt auch die Staatsanwaltschaft München und das Sozialministerium Kunden gewesen, sagt Inhaber Matthias Larasser-Bergmeister. Und auch seine Frau Elisabeth bestätigt, dass durch den Kreuzerlass ein paar Aufträge mehr ins Haus geflattert sein. "Man hat's schon gemerkt", meint sie und lächelt.

Das Kreuz im Amtsgericht ist wenig auffällig. (Foto: Christian Endt)

Viele der Aufträge brauchen Zeit, denn bei der Kunstschmiede kann man sich ein Unikatkreuz anfertigen lassen. Es ist dann genau abgestimmt auf den Raum, in dem es hängen soll. Neustes Beispiel ist die goldene Schmiedearbeit auf dem Dach der neuen Pfarrkirche in Poing, auch dieses glitzernde Kreuz ist eine Anfertigung aus dem Hause Bergmeister. Die Zeit und das Geld für eine Maßanfertigung hat sich das Landratsamt indes nicht genommen, laut Larasser-Bergmeister musste es in diesem Fall schnell gehen: "Man hat ein paar fertig gearbeitete Bronzekreuze mitgenommen und geschaut, welches am besten in den Vorraum passt."

Für eine schlichte Variante aus der Kunstschmiede Bergmeister hat sich auch das Landratsamt entschieden. (Foto: Christian Endt)

Wenn es um Kreuze geht, arbeitet die Kunstschmiede gerne mit Bronze, einem Metall, das dem Symbol an sich schon Wertigkeit verleiht. Voraussetzung ist das aber nicht, genauso werden Holz, Emaille, Silber, Gold oder Glas verwendet. Auf das Material alleine kommt es ohnehin nicht an, sagt Larasser-Bergmeister. "Wichtig ist, das, was dahintersteht". Für wen ist das Kreuz, für welchen Platz, was soll es bedeuten? All das seien Fragen, mit denen man sich vor der Wahl eines Kreuzes beschäftigen sollte. Genau dieser Meinung ist auch Robert Weber, Bildhauer aus Grafing, der häufig im sakralen Bereich arbeitet. Auch für Schulen hat er schon viele Kreuze geschaffen, "alle aus Glas, etwa 500 Stück", schätzt er. Wie genau ein qualitatives Kreuz aussieht, kann der Bildhauer freilich nicht sagen, aber für ihn steht fest: "Es darf nicht kitschig sein." Um die richtige Gestaltung zu finden, müsse man vieles berücksichtigen, vor allem die Proportionen des Raumes, so Weber. Davon hänge die Größe des Kreuzes ab, wichtig seien aber auch das Material und die Korpusfrage. "Man muss eigentlich erst ziemlich viel nachdenken, bevor man eine Entscheidung trifft - aber nach so einem Erlass geht das sicher oft unter", befürchtet der Grafinger Künstler.

Angela Sauter, Leiterin des Schulamts, scheint genau das berücksichtigt zu haben: Sie hat statt Holz oder Bronze ganz simpel ein kleines Bild von einem rot-gelb schimmernden Kreuz an den niedrigen Deckenbalken am Eingang aufgehängt. Die Abbildung zeigt ein sogenanntes Lichtkreuz, ein Zeichen der Hoffnung, das gerade durch die markante feuerähnliche Farbwahl besondere Strahlkraft bekommt. Angebracht wurde es einen Tag, nachdem Markus Söder sein Kreuz in der Staatskanzlei aufgehängt hatte. Und Sauter verteidigt ihre Wahl: Die schmalen Balken böten nicht viel Platz für eine traditionelle Variante. Außerdem liege es doch im Ermessen der Behörde, welches Kreuz am besten passe - und diese moderne Art füge sich hier gut ein, so die Leiterin. Die Farbgebung hätte sie sofort fasziniert, es sei am Ende eine "emotionale Entscheidung" gewesen. Fest steht also: Raum und Kreuz müssen zueinander passen, nicht nur im Kirchenschiff, sondern auch in der Behörde.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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