Ein Mann im Sakko betritt, rückwärts schreitend, die Bühne, er steht mit dem Rücken zum Publikum. Doch die meisten Zuschauer kennen ihn ohnehin schon seit Jahren, Peter Wilmanns, den alten Dadaisten, der ja nicht zum ersten Mal auf der Bühne des Alten Kinos in Ebersberg steht. Sein Kabarett-Kollege Buddy Sacher dreht am Leierkasten, die Drehorgelwalze spuckt hohe und tiefe Töne aus, dann tritt Wilmanns langsam, fast schleppend, ans Mikrofon: "Drüben, hinterm Dorf, steht ein Leiermann - und mit starren Fingern dreht er, was er kann".
Seit dem Tod von Klaus Huber im Jahr 2012 treten Wilmanns und Sacher nur noch zu zweit auf. Ars Vitalis nannten sie sich, als sie noch vollzählig waren, nach dem Tod von Huber, der stilbildend war für das Trio, trug auch das künstlerische Konzept nicht mehr, was man Sacher und Wilmanns bis heute anmerkt. Doch die Grundidee ist immer noch die gleiche: "Dadaismus ist das halt", sagt einer der Gäste bei einer Zigarette während der Pause lapidar. Und Dadaismus dürfe ruhig doof sein, das mache ihn letztlich überhaupt erst aus. Und so leiern sich Sacher und Wilmanns über den Abend durch Sauf-Anekdoten und Wortwitze, die herauskommen, wenn man Sprachen vermischt. Zwischendurch ertönt eine Melodica, ein Instrument, das vor allem von Kindern zum Musizieren verwendet wird, weil es sich so einfach bedienen lässt. Sie gleicht einer übergroßen Mundharmonika.
Sacher-Wilmanns, wie sich das Duo der Einfachheit halber nennt, ergründen in ihrem aktuellen Programm "Zwitscherbilanz" nicht zuletzt die Kulturgeschichte des Eierlikörs und beschweren sich über den Amselfelder, der mit Wein genauso viel zu tun habe wie mit einem Vogel. Auch die 463 Milliarden Kilometer breite Alkoholwolke, die vor einigen Jahren von britischen Astronomen in den Weiten der Milchstraße entdeckt wurde, hat es dem Duo angetan. Die Wolke, welche den Forschern zufolge aus Ethanol besteht, entspringt zwar der Realität, Witze lassen sich darüber aber freilich umso besser machen. In religiösen Kreisen könnte die Entdeckung zu einer Katerstimmung - oder auch zu Ernüchterung - führen, erklärt Peter Wilmanns. Spätestens an dieser Stelle ist aus dem Publikum, das an diesem Freitagabend etwas länger braucht, um warm zu werden, Lachen zu hören.
"Die haben uns über die ganze Zeit begleitet", erinnert sich Markus Bachmeier, künstlerischer Leiter des Alten Kinos, wenn man ihn auf Ars Vitalis anspricht. Deshalb freue er sich besonders, nun Sacher-Wilmanns auf der Bühne zu sehen. Als "kleines Jubiläum" bezeichnet Bachmaier den Abend, schließlich wurde der Verein Altes Kino Ebersberg am 15. März 1992 aus der Taufe gehoben, vor genau 25 Jahren also.
Ars Vitalis arbeiteten nach ihrer Gründung im Jahr 1979 unter anderem mit Künstlern wie Meret Becker oder dem japanischen Schauspieler Issey Ogata zusammen. Auch in Ebersberg versammelte das Trio bald eine kleine Fangemeinde um sich, wozu sicherlich das Alte Kino seinen Teil beigetragen hat. Auch von den alten Fans sitzen an diesem Freitagabend einige im Publikum.
Der Auftritt des Duos ist der Auftakt ins Jubiläumsjahr, dessen Höhepunkt am 2. Oktober stattfindet: An diesem Tag wurde vor 25 Jahren das Alte Kino eröffnet. Auch deswegen habe das Alte Kino heuer großartige Künstler zu Auftritten in Ebersberg bewegen können, freut sich Chef Bachmaier. Darunter die Comedians Max Uthoff und Robert Alan oder die Kabarettisten Thomas Maurer und Phillip Weber. Und auch musikalisch wird einiges geboten sein: Am internationalen Jazz-Tag am 30. April wird unter anderem die mongolische Sängerin Enji (Enkhjargal Erkhembayar) auf der Bühne stehen.