Basiskonto:Mindestens 50 Familien im Kreis können profitieren

Etwa 50 Familien im Landkreis sind von dem selbstverständlichen Angebot der Banken ausgeschlossen, ein Konto zu eröffnen. Das dieser Tage vom Bundesrat gebilligte Basiskonto soll nun Abhilfe schaffen.

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Ein fast alltägliches Anliegen in vielen Schuldnerberatungen und Sozialhilfen des Landkreises: Menschen sind arbeitslos, erhalten deswegen kein Konto bei der Bank und finden dann keine Wohnung, die sie bar bezahlen können. Jetzt soll ein gesetzlich verpflichtendes Basiskonto Abhilfe schaffen.

Nach Angaben der Schuldnerberatung des Jobcenters in Ebersberg sind im Landkreis ungefähr 50 Familien von dieser prekären Situation betroffen. Dabei liegt die Dunkelziffer noch deutlich höher. "Das Girokonto ist ein heute üblicher Standard, der gar nicht mehr wegzudenken ist", sagt der Leiter der Schuldnerberatung, Hermann Schmidbartl. "Wenn jemand keine Möglichkeit hat, ein Konto zu eröffnen, beeinträchtigt dies das ganze Leben", so Schmidbartl weiter. Ein Konto ist besonders dann notwendig, wenn man eine Wohnung anmieten will oder sich auf eine Arbeitsstelle bewirbt. Die wenigsten Vermieter oder Arbeitgeber wickeln Miet- oder Lohnzahlungen bar ab.

Ohne Konto geraten viele in einen Teufelskreis

Im Frühjahr dieses Jahres soll nun bundesweit ein Gesetzentwurf zum sogenannten Basiskonto umgesetzt werden, der alle Banken verpflichtet, jedem Antragsteller ein Konto auf Guthabenbasis einzurichten. Der Bundesrat hat dieser Tage dem Entwurf zugestimmt. Damit können dann alle rudimentären Geldgeschäfte ausgeführt werden.

Zwar haben schon heute 99 Prozent aller Bürger ein Girokonto, doch das Basiskonto ist besonders für gesellschaftliche Randgruppen gedacht, denen bis jetzt von Kreditinstituten diese Selbstverständlichkeit verwehrt wurde. Ohne diese für andere alltägliche Einrichtung geraten Menschen schnell in einem Teufelskreis. Kein Konto, keine Arbeit, keine Wohnung. Obdachlose, ohne feste Anschrift, oder Arbeitslose, ohne eigenes geregeltes Einkommen, sehen hier unüberwindbare Hürden vor sich.

Auch die Diakonie in Ebersberg klagt, dass auch bestehende Konten oftmals gekündigt werden, wenn ein Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss vorliegt. "Im Monat haben wir drei bis vier Fälle, in denen wir mit einer solchen Problematik zu tun haben", sagt Günther Reiser von der Diakonie Rosenheim.

Verweigert werden darf das Konto nur, wenn Straffälligkeit vorliegt

Die Caritas sieht das ähnlich und begrüßt, dass mit dem Basiskonto der Antragsteller nicht mehr auf den "good will" der Bank angewiesen ist. "Gerade Menschen in finanziellen Schwierigkeiten müssten sich keine Sorgen mehr machen, wegen einer negativen Schufa-Auskunft oder Ähnlichem kein Konto zu bekommen", stellt Kristian Donner von der Caritas fest. Das Gesetz zum Basiskonto schreibt vor, dass ein Konto nur dann verweigert werden darf, wenn Straffälligkeit oder Zahlungsverzug vorliegt. Die sozialen Einrichtungen im Landkreis sind sich daher einig: Das Basiskonto muss her. Es ist ein Konzept, das vielen Menschen weiterhilft.

Allerdings stimmen nicht alle Banken im Landkreis dieser Forderung zu. So gibt es Kritik von der Ebersberger Raiffeisenbank. Ihr Vorstand Wolfhard Binder findet, dass die Idee des Basiskontos nicht zu Ende gedacht sei und hält sie für eine "Träumerei der Politiker", welche die Arbeit der Regionalbanken nur erschwere. Schon bisher sei es so, dass Geldinstitute im Landkreis, aber auch deutschlandweit, eine freiwillige Selbstverpflichtung unterzeichnet haben, nach der an die allermeisten der Antragsteller ein Konto vergeben werde.

Nur sehr selten werde eine Einzelfallprüfung vorgenommen, die zu einer Ablehnung führt. Binder plädiert an die Eigeninitiative der Bürger, die selbst dafür verantwortlich seien, ihre Kontoführung im Griff zu haben und finanzielle Rückstände zu vermeiden. Unter solchen Umständen sei ein Basiskonto gar nicht mehr nötig.

Viele Banken im Kreis bieten eine ähnliche Form bereits an

Anders die Sparkassen: Sie sehen keine Veränderung zu ihren Geschäftspraktiken, die sie seit 1995 so verankert haben. Sie bieten das "Konto für Jedermann" und verwehren so gut wie niemandem ein Girokonto mit ähnlichen Funktionen wie denen des Basiskontos.

Auch die Raiffeisenbank Alxing-Bruck sieht ihre Kontovergabe von der möglichen Veränderung nicht berührt: "Wir sind die kleinste Bank im ganzen Landkreis. Jeder, der bei uns ein Konto will, bekommt auch eins."

Trotzdem zeigt die Praxis, dass nicht jeder ein Konto hat, und dass dieser Teil der Bevölkerung in Zukunft auch noch zunehmen könnte. So ist der Zeitpunkt der Gesetzesinitiative auch strategisch gewählt und soll vor allem die Phase regeln, wenn die angekommenen Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis erhalten. Zwar wird man viele gut in den Arbeitsmarkt integrieren können, dennoch wird es auch einige geben, die nicht sofort einen Job und eine eigene Wohnung vorweisen können. Denjenigen soll die Regelung zu Gute kommen und die Hürden für eine Kontoeröffnung mindern.

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