Ebersberg:Kehrtwende vor Gericht

Riskantes Manöver bringt einem jungen Mann eine hohe Geldstrafe und ein langes Fahrverbot ein

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Vor dem Abbiegen soll man blinken, das lernt man schon in der Fahrschule. Aber auch, dass man auf einem Autobahnzubringer nicht wenden darf. Letzteres tat ein 32-Jähriger im vergangenen April auf der Abfahrt der A 94 bei Markt Schwaben dennoch. Dabei war er nicht nur betrunken, er verursachte auch prompt einen Unfall. Dass er vor seinem Wendemanöver dieses per Blinken angezeigt haben will, bewahrte ihn nicht vor einem saftigen Strafbefehl. Insgesamt 2400 Euro Geldstrafe und - für den Berufskraftfahrer noch unangenehmer - 14 Monate Führerscheinsperre sah das Amtsgericht als geeignete Strafe an. Der Verurteilte indes nicht, weshalb er Einspruch dagegen einlegte.

Der Angeklagte räumt alles ein - findet es aber nicht so schlimm

Grob gesagt, drehte sich die Verhandlung um ein Wort: eben "grob". Denn während die Anklage der Meinung war, der 32-Jährige habe sich grob verkehrswidrig verhalten und damit den Tatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs erfüllt, argumentierte sein Anwalt, es handele sich lediglich um eine einfache Verkehrswidrigkeit. Und eine solche könne man doch als Ordnungswidrigkeit einstufen oder das Verfahren am besten gleich gegen Zahlung einer - gerne auch durchaus saftigen - Geldauflage einstellen. Kaum Differenzen zwischen Anklage und Verteidigung gab es um die Verkehrswidrigkeit selbst. Der Angeklagte räumte ein, als Gast einer Geburtstagsfeier am Abend zuvor einiges an Alkohol getrunken zu haben. Mindestens fünf Bier, "vielleicht auch sieben", und vor allem eine nicht mehr genau erinnerliche Menge an Schnaps habe er konsumiert, die letzten Gläser noch in den frühen Morgenstunden. Am Nachmittag des Folgetages und gut zwei Stunden nach dem Unfall ergab die Blutalkoholmessung immer noch 0,62 Promille.

Auch sein riskantes Fahrverhalten räumte der Angeklagte ein. Der Grund: Er habe sich auf der Autobahn verfahren. Statt Richtung München sei er in Richtung Passau unterwegs gewesen. Auf Höhe Markt Schwaben habe er seinen Irrtum bemerkt und sei von der Autobahn abgefahren. Als er - beziehungsweise seine Beifahrerin - bemerkte, dass man auf der Gegenspur auf die Autobahn in Richtung München fahren könnte, habe er kurzerhand gewendet - beziehungsweise versucht zu wenden. Denn bevor er die Gegenspur erreichte, wurde sein Fahrzeug von einem anderen Auto gerammt. Verletzt wurde niemand, das Fahrzeug der Unfallgegnerin wurde aber erheblich in Mitleidenschaft gezogen, genau 2434,05 Euro hat die Reparatur laut Anklage gekostet.

Dass der junge Mann den Blinker setzte, beeindruckt das Gericht nicht

Warum dies eben keine grobe sondern nur eine einfache Verkehrswidrigkeit gewesen sei, liege daran, so der Verteidiger, dass sein Mandant vor dem illegalen Manöver geblinkt und damit andere Verkehrsteilnehmer auf seine Absicht aufmerksam gemacht habe. Eine Argumentation, der sich die Staatsanwältin nicht anschließen wollte. Eine Gefährdung des Straßenverkehrs liege allein schon aufgrund der Alkoholisierung des Angeklagten vor. Zudem sei ein Wendemanöver an der Stelle sehr wohl grob verkehrsgefährdend. Denn erstens liegt diese in einer Kurve und noch dazu treffen Fahrbahn und Gegenfahrbahn in einem spitzen Winkel aufeinander. Dort zu wenden "das ist an sich schon der totale Wahnsinn."

Erschwerend komme hinzu, dass es auch noch zu einem Unfall gekommen ist. Außerdem hat der Angeklagte bereits drei Eintragungen im Fahreignungsregister in Flensburg: "Das zeigt schon, dass er sich nicht immer an die Regeln hält." Und auch wenn es darum eigentlich keinen großen Unterschied mehr mache, sei es zu bezweifeln, dass der Angeklagte den Blinker gesetzt hatte. Als Berufskraftfahrer, beteuerte der junge Mann, blinke er immer. "Sicher selbst, wenn Sie geradeaus fahren", gab sich die Anklagevertreterin wenig überzeugt. Sie empfahl dem 32-Jährigen, seinen Einspruch zurückzuziehen und den Strafbefehl zu akzeptieren, "sonst wird es teurer". Die Möglichkeit schloss auch Richterin Vera Hörauf nicht aus. Auf keinen Fall komme eine Einstellung in Betracht - schon deshalb, weil die Staatsanwaltschaft dem offensichtlich nie zustimmen werde. Nach einem längeren Gespräch mit seinem Anwalt folgte der Angeklagte der Empfehlung der Staatsanwältin. Damit setze er zwar seinen Job aufs Spiel, "aber es bringt ja nichts".

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