Ebersberg:Kampf der Leberkässemmel

Coaches sollen Schul-Mensen helfen, gesund zu kochen

Von Mariel Müller, Ebersberg

Die Tage der Leberkässemmel als klassischer Schulpausensnack sind gezählt. Gesunde Alternativen müssen her: Gemüsedip statt Chips, vegetarische Vollkornpizza statt Hot-Dog. Laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollte jedes Kind bis zu 200 Gramm Gemüse pro Mittagsportion essen. Doch einer Studie zufolge erreichen nur 7,4 Prozent der sechs bis elfjährigen Mädchen und 5,5 Prozent der Jungen den empfohlenen Gemüseanteil.

Am Dienstag veranstaltete die Vernetzungsstelle Oberbayern Ost ihre traditionelle Jahrestagung unter dem Motto "Gesund essen in Schule und Kita" im Alten Speicher in Ebersberg. Zum siebten Mal hatten rund 170 Entscheidungsträger der Schul- und Kitaverpflegung aus dem Osten Oberbayerns die Möglichkeit genutzt, sich auszutauschen und über aktuelle Projekte und Angebote zu informieren. Im Mittelpunkt stand die Frage: Wie bewegt man Kinder und Jugendliche in der Schule dazu, mittags eher zum Gemüse statt zum Leberkäse zu greifen? Am besten gar nicht erst anbieten, lautet die pragmatische Antwort von Kristin Mayr von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Oberbayern Ost: "Ich habe ein Problem damit, wenn in der Bildungseinrichtung Schule Leberkässemmeln und Hot-Dogs verkauft werden, obwohl sich viele Einrichtungen ins Profil schreiben, dass sie eine gesunde Schule sein möchten."

Seit 2009 hat die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Oberbayern Ost ihren Sitz am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg und bietet ein Coaching-Projekt an bayerischen Schulen an. Ziel ist es zum einen, den Mensa-Speiseplan gesünder zu gestalten und Schülern die grünen Alternativen schmackhaft zu machen. Zum anderen möchte die Vernetzungsstelle eben dafür auch die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Punkte wie Hygiene, Anstellweg und die richtige Atmosphäre müssen den Vorgaben des DGE genügen. "Man muss schaffen, dass alles passt und sich die Schüler wohl fühlen, damit sie nicht nach draußen wollen, um sich vom Discounter nebenan etwas zu essen zu holen." Ein Coach berät und begleitet alle Beteiligten der Schule zwölf Monate lang dabei.

Jedes Jahr können sich für München und die Landkreise rund 1200 Schulen um ein Coaching bewerben, aber nur einige wenige erhalten es. Im Schuljahr 2014/2015 begleiteten sechs Schulverpflegung-Coaches zehn Schulen in Oberbayern Ost. Aus der Bewerbung der Schule muss klar hervorgehen, dass sie selbst aktiv werden will, betont Mayr: "Es ist ein unglaublicher Kraftakt - da müssen alle Beteiligten mithelfen. Es ist viel Arbeit, braucht viel Zeit und man darf nie nachlassen. Das ist die Schwierigkeit."

Beim Meistern dieser Herausforderung soll das sogenannte "Nudging" (zu Deutsch anstupsen, anstoßen) helfen. Kinder und Jugendliche werden also dazu angestoßen, selbst die richtige Auswahl zu treffen. Erreicht werden soll das mit Hilfe von Tipps und Tricks, die sie unbewusst verleiten sollen. Dazu zählt, Essen attraktiv und auf Augenhöhe zu platzieren, Probierhäppchen für unbekannte Speisen auszugeben oder künstliche Knappheit zu erzeugen. Die Umsetzung in der Schulpraxis: "Wir machen einen grünen Smoothie, der gerade im Trend bei den Jugendlichen ist. Von dem gibt es nur 20 Portionen und wer eine ergattert, hat gewonnen." Die richtige Werbung sei ebenfalls wichtig: Bei Kindern und Jugendlichen wirke der Begriff ,gesund' abschreckend. Lieber mit Begriffen wie ,frisch' oder ,knackig' arbeiten, so ihr Tipp. "Wir erklären den Essensanbietern, warum wir das Gemüse wollen und sagen ihnen dann: So dürfen wir das den Kindern aber nicht sagen. "

Auch in Kitas läuft das Coaching seit fünf Jahren; die sechste Bewerbungsrunde läuft bald an. Kerstin Oßner, Ansprechpartnerin Kita Verpflegung, ist zufrieden mit dem Ergebnis: "Die Mittagsernährung ist ausgewogener und abwechslungsreicher geworden. Die Umstellung ging den Köchinnen in Fleisch und Blut über. Sie müssen die Checklisten nicht mehr beacten." Auch die Eltern seien froh über die Veränderung hin zum gesünderen Essen. "Und es schmeckt den Kindern, das ist das Wichtigste."

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