Porträt:Jura, Jazz und Jubeln für die Bayern

Porträt: Den erhobenen Zeigefinger braucht Christian Berg bei seinen Kollegen nicht. Der neue Chef im Ebersberger Amtsgericht fühlt sich richtig heimisch.

Den erhobenen Zeigefinger braucht Christian Berg bei seinen Kollegen nicht. Der neue Chef im Ebersberger Amtsgericht fühlt sich richtig heimisch.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Münchner Christian Berg leitet seit Mitte August das Amtsgericht Ebersberg. In der "familiären Atmosphäre" fühlt er sich bereits sehr wohl. Neben IT-Erfahrung bringt der 58-Jährige gleich mehrere Hobbys mit

Von Friederike Hunke, Ebersberg

Der Fußball hat Christian Berg in der Münchner Region gehalten. Der neue Direktor des Ebersberger Amtsgerichts ist FC-Bayern-Fan und besitzt eine Jahreskarte für die Allianz-Arena. "Das ist auch darin begründet, dass ich in meiner Jugendzeit - vor gefühlten 100 Jahren - bei dem Klub gespielt habe", erzählt er. Die Treue zu seinem Verein brachte ihn als jungen Mann dazu, sein Jurastudium in München zu absolvieren. Weil die Landeshauptstadt noch immer Lebensmittelpunkt des 58-Jährigen ist, entschied er sich für die Stelle als Gerichtschef in Ebersberg, anstatt, wie von der Staatsregierung vorgesehen, in die Oberpfalz umzusiedeln.

Jurist ist Berg eigentlich nur geworden, weil ihm nach der Schule nichts Besseres eingefallen ist, wie er selbst sagt. "Aber dann hat mich schnell die Begeisterung gepackt." Nach mehreren Jahren als Staatsanwalt, Zivilrichter und Insolvenzrichter arbeitete Berg 15 Jahre lang für die IT-Stelle der bayerischen Justiz am Oberlandesgericht München. Zuletzt war er dort als stellvertretender Behördenleiter verantwortlich dafür, die IT am Laufen zu halten und weiterzuentwickeln. Das habe er sehr gerne gemacht, erzählt er: "In allen meinen bisherigen Stationen, die ich in der Justiz bisher durchlaufen habe, habe ich am Ende gesagt: Da will ich nicht mehr weg." Weil 15 Jahre jedoch "für Justizverhältnisse ein wahnsinnig langer Zeitraum" seien, kam dem Juristen die Behördenverlagerung, die Heimatminister Söder im März 2015 vorgestellt hatte, gerade recht. 64 Arbeitsplätze seiner IT-Stelle sollten von München nach Amberg verlagert werden. Der Münchner wollte seine Heimat nicht verlassen und hatte sowieso Lust auf eine neue Aufgabe. So übernahm er Mitte August das Amt von seiner Vorgängerin, Angela Felzmann-Gaibinger, die sich neuen Aufgaben zuwendet.

Nach einigen Wochen beim Amtsgericht scheint Berg mit dieser Entscheidung sehr zufrieden. "Ich bin hier richtig super aufgenommen worden", sagt er und berichtet von dem großen Zusammenhalt im Team. Nachdem er am Oberlandesgericht noch 140 Mitarbeiter hatte, sind es jetzt gut 60, die alle am Standort Ebersberg arbeiten. Das gefällt dem Direktor: "Es ist eine ganz andere Atmosphäre hier. Es ist persönlicher, man kann fast sagen: familiärer."

Die angenehme Atmosphäre kann er gut gebrauchen, denn mit dem neuen Job erwarten ihn neue Aufgaben. Zusätzlich zur Gerichtsleitung arbeitet Berg nach 15 Jahren wieder als Richter, und zwar erstmals im Bereich Betreuung. In dieser Funktion prüft er beispielsweise, ob Demenzkranken oder Menschen mit psychischen Problemen ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Dafür besucht er die Betroffenen in ihren Wohnungen oder Seniorenheimen und lernt dabei den Landkreis kennen. "Diese Arbeit konfrontiert mich mit der ganzen Palette des menschlichen Daseins", erzählt der Betreuungsrichter. Genau das mochte er schon immer am Rich-terjob: Spannende Verhandlungen, in denen man konzentriert sein und schnell reagieren muss, und unmittelbarer Kontakt mit den Beteiligten eines Verfahrens. Im IT-Bereich hatte er oft auf abstrakter Ebene gearbeitet. Wohl auch deshalb sagt er über seine neue Stelle: "Ich bin hier ein bissel geerdet worden."

So bald wird es Christian Berg also nicht langweilig werden in Ebersberg. Außerdem kommt seiner Einschätzung nach "Eine kleine Revolution" auf das Justizwesen zu: der elektronische Rechtsverkehr. In Zukunft müsse ein Gericht in der Lage sein, Dokumente und Akten elektronisch zu empfangen. Was simpel klingt, bedeutet für Berg und seine Kollegen eine große Umstellung. Viele von ihnen hätten ein fotografisches Gedächtnis, das ihnen bei Papierakten einen Vorteil biete, erklärt der IT-Experte. Zudem reiche eine einfache Dokumentensammlung nicht, weil jede Veränderung in einer Akte mit dem Zentralserver synchronisiert werden müsse. Doch Berg betrachtet auch das mit seinem Grundsatz: "Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen."

Es überrascht also nicht, dass der Gerichtschef überzeugt ist, ihm werde "mit Sicherheit nicht langweilig". Das gilt für seine Arbeit ebenso wie für seine Hobbys, zu denen neben dem Fußball auch Swing Tanzen und Jazzmusik gehören. Zu seinem Bedauern verpasste Berg das diesjährige Ebersberger Jazzfestival, da er bereits eine Reise geplant hatte. Im kommenden Jahr wird er die lokale Kulturszene wohl in die Urlaubsplanung einbeziehen.

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