Ebersberg:Jugendtreff gerettet

Verein AJZ kann dank Nachwuchs-Projekt weitermachen

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Wäre das Jugendzentrum Ebersberg ein Patient, könnte man es wohl als "über den Berg" bezeichnen. Christian Zeisel, Stadtjugendpfleger, lieferte bei der Sitzung des Umwelt-, Sozial- und Kulturausschusses der Stadt Ebersberg, den Bericht zum Nachwuchsprojekt der Aktion Jugendzentrum (AJZ) Ebersberg. Ein Jahr ist es nun her, dass Zeisel das "U-15"-Projekt in Angriff genommen hat. "Die AJZ hatte damals eine nicht ganz einfache Situation", berichtete er. Fünf von sieben Vorständen waren zurückgetreten, eine aktive Nachwuchsförderung "wirklich nicht möglich." Ziel der "U-15-Aktion" war es, junge Jugendliche auf die Angebote im Jugendzentrum aufmerksam zu machen und sie so - falls gewünscht - in den Verein zu integrieren.

Nun wurde bei der Mitgliedervollversammlung des Vereins Anfang des Monats neu gewählt: Theresa Weyh übernahm beispielsweise das Amt der Schriftführerin. "Ich bin froh, dass das jetzt wieder so läuft", sagt die 14-Jährige knapp bei der Ausschusssitzung. Sie gehört zu denjenigen, die im Laufe dieses Jahres in die Vereinsstrukturen hineingewachsen ist. Nicht alle im Vorstand sind so jung wie Weyh. Sprecher Marcel Schaller ist 20 Jahre alt und studiert - seine Zeit ist also knapp bemessen. "Deshalb sind wir darauf angewiesen, dass die Jüngeren Aufgaben im Zentrum übernehmen", sagte er.

Das auf zwei Jahre befristete Nachwuchsprojekt hatte stets zum Ziel, "nicht in die Selbstverwaltung der AJZ einzugreifen", erläuterte Zeisel. Der erste Schritt im Rahmen der Aktion war, die Öffnungszeiten zu erweitern. Das Jugendzentrum war für die Zielgruppe der Nachwuchsförderung - sprich 12- bis 14-Jährige - an zwei zusätzlichen Tagen von 13 bis 16 Uhr geöffnet. "Wir haben da auf die Realschüler gehofft - das hat aber nicht so geklappt", erläuterte Zeisel bei der Sitzung im Rathaus. Mit etwa zwei Besuchern pro Tag und faktisch leeren Partys sah sich der Jugendpfleger konfrontiert. Die Konsequenz: Eine weitere Anpassung der Öffnungszeiten und zwar eine Stunde nach hinten versetzt. Eine kleine Stunde für die Menschheit, eine große für die Jugendlichen - der Erfolg zeigte sich postwendend: "Sogar im Februar hat das schon etwas gebracht", sagte Zeisel. Auf durchschnittlich acht Besucher kam das Jugendzentrum im ersten Quartal 2016.

Eine weitere Justierung war, die Altersgrenzen etwas aufzulockern: auch 15-jährige Jugendliche durften in den AJZ-Zeiten im Jugendzentrum dazustoßen. Ein Indiz dafür, dass das Beharren auf dem Selbstverwaltungsprinzip durchaus im Sinne der Jugendlichen ist, lässt sich ebenfalls an den Besucherzahlen ablesen: Einen deutlichen Anstieg derer lässt sich nämlich für Juni und Juli 2016 verzeichnen. "Das war, als wir beschlossen haben, einigen Jugendlichen Schlüssel zu geben, damit diese selbständig aufschließen können", erläuterte Zeisel.

Bei einem Durchschnitt von etwa 17 Jugendlichen pro Tag hat sich das Projekt im vergangenen Quartal eingependelt. Sogar regelmäßige Öffnungszeit auch außerhalb der Projektzeiten sind inzwischen, dank des Engagements gerade etwas älterer Jugendlicher, wieder möglich.

"Wir lassen den Nachwuchs ja auch nicht einfach ins kalte Wasser springen", sagt Zeisel. Für diejenigen, die Vorstandspositionen übernehmen, gibt es mittlerweile intensive Schulungen: Acht Tage dauert eine solche. Die Finanzierung kann gemeinschaftlich mit den Jugendpflegern von Aßling und Grafing über das Grass21-Projekt abgewickelt werden.

Dennoch sei das Teambuilding bisweilen noch "etwas schwierig", sagt der Jugendpfleger zögernd. "Teilweise sind da Jugendliche dabei, die noch nie einen Besen in der Hand hatten." Doch die Bereitschaft, mitanzupacken, selbständig Getränkebestellungen zu machen, zu putzen und aufzuräumen, gehört neben den spaßigen Aktivitäten zu den Voraussetzungen für die Vereinsmitglieder. Angeworben werden diese bisher vor allem in den Schulen, so Vereinssprecher Schaller. Zeisel sei jedoch bisweilen auch im Einkaufszentrum unterwegs, um dort neue Interessenten auf das Jugendzentrum aufmerksam zu machen.

"Wir sind jetzt in der Findungsphase", erläuterte Zeisel. Künftig müsse sich zeigen, "wer engagiertes Mitglied ist, wer regelmäßig kommt und wer eher Probleme macht." Für ihn persönlich heiße das, sich soweit wie möglich zurückzuhalten, um die Identitätsbildung nicht kaputt zu machen, sondern die Jugendlichen eigenständig handeln zu lassen und zusammenzufinden. Der Patient ist über den Berg, die Reha-Übungen muss er jetzt selbständig machen.

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