Feuerwehr:Im Einsatz für die Bequemen

Feuerwehr: Kreisbrandrat Andreas Heiß wünscht sich mehr Anerkennung in der Bevölkerung.

Kreisbrandrat Andreas Heiß wünscht sich mehr Anerkennung in der Bevölkerung.

(Foto: Christian Endt)

Kreisbrandrat Andreas Heiß beklagt, dass die Feuerwehren immer öfter zu Aufgaben gerufen werden, für die sie nicht zuständig sind. Nicht nur Privatleute, auch Konzerne wie die Deutsche Bahn nehmen die Dienste der Ehrenamtlichen über Gebühr in Anspruch

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Brände löschen und Menschen aus Gefahren retten, diese Aufgaben verbindet man mit der Arbeit der Feuerwehr. Die Realität sieht aber oft anders aus, oft sind die Feuerwehrler dann Schlüsseldienst, Straßenfeger oder Gärtner. Dies beklagt auch Kreisbrandrat Andreas Heiß. In seinem Brief zum Jahreswechsel fordert er den Mut, sich wieder "auf den Kernbereich unserer Aufgaben zu konzentrieren". Viel zu häufig werde die Feuerwehr nämlich "missbraucht", angerufen für Banalitäten. "Fehlalarme meine ich damit natürlich nicht", betont er. Wenn - wie vor einigen Wochen - jemand etwas Verdächtiges wie die dampfende Tanksäule in Eglharting sehe, dann sei ein Anruf selbstverständlich richtig und wichtig. "Das sehe ich nicht als mutwilligen Fehlalarm." Dass die Feuerwehr jedoch aus Gründen wie Bequemlichkeit und Geiz gerufen wird, das sieht er nicht ein.

"Es passiert tatsächlich, dass Leute uns anrufen, weil sie sich ausgesperrt haben aus ihrer Wohnung", erzählt er, "und das geht natürlich gar nicht!" Ebenfalls ärgerlich macht es ihn, wenn ein Anruf eingeht, dass ein Baum auf der Fahrbahn liege "und bei der Ankunft muss man erst mal suchen, weil es eigentlich ein Ast ist, den jeder auch bequem selbst von der Fahrbahn hätte räumen können", so der Kreisbrandrat. Sicherlich sei es hilfreich, wenn Bürger aufmerksam durch die Welt gehen, um Schadensfälle zu vermeiden oder erste Hilfe zu leisten. "Grundsätzlich fahren wir also lieber einmal zu oft als einmal zu wenig", betont der Kreisbrandrat. Auch was die Aufgabenteilung mit anderen Einheiten, wie beispielsweise der Autobahnmeisterei, angeht, sei die Zusammenarbeit gut, so Heiß. "Dass wir beispielsweise bei einer Ölspur als Ersteinsatz da sind, das ist korrekt soweit." Unschöne Einzelfälle gebe es jedoch immer.

Was er sich wünschen würde, wäre ein bisschen mehr Anerkennung in der Bevölkerung: "Man muss sich einfach vor Augen führen, dass wir im Landkreis 47 freiwillige Feuerwehren haben und die meisten von uns zusätzlich Vollzeit arbeiten", erklärt er. Wenn also die Feuerwehr als Türöffner oder Straßenfeger "missbraucht" wird, werden dabei Leute von ihrem Arbeitsplatz weggeholt - es sei wichtig, an die Bevölkerung zu appellieren, so der 48-jährige Kreisbrandrat. Auch was die Feuerwehr-Jugend angeht, müsse das berücksichtigt werden. "Grundsätzlich ist es in ländlichen Gebieten sicher einfacher, junge Leute zur freiwilligen Feuerwehr zu bringen", erzählt er. Aber es komme auf die einzelnen Ortsgruppen und deren Jugendarbeit an.

Eine Rechnung stelle die freiwillige Feuerwehr grundsätzlich nicht. Wenn aber die Gemeinde - wie im Fall von der Stadt Ebersberg - über eine Gebührensatzung verfügt, dann kann die Arbeitszeit der freiwilligen Feuerwehrler durchaus in Rechnung gestellt werden, da ein Stundensatz für die aufgewendete Arbeit festgelegt ist.

Bereits die Kernaufgaben - "Retten, löschen, bergen, schützen" - werden für die freiwillige Feuerwehr mit den Jahren eher schwerer als leichter, erzählt der Kreisbrandrat. Ein Beispiel dafür sind Bergungen auf Bahngleisen: "Früher gab es ja noch an jeder Station einen Bahnwärter, der die Erdung der Oberleitung vornehmen konnte", erklärt er, "das müssen wir heute alles selbst machen." Vor allem in Fällen, in denen es schnell gehen müsse, sei es häufig unmöglich, auf den Notfallmanager der Bahn zu warten. Das Nötige Know-How über Starkstrom erlernen die freiwilligen Feuerwehrleute in Fortbildungen auf Landkreisebene, so Heiß. Fortbildungen müssen ebenso für Einsätze, bei denen Atemschutzausrüstung zum Einsatz kommt, besucht werden.

Auch die neuen Automodelle bergen Herausforderungen für die Feuerwehrleute: "Wir müssen immer auf entsprechende neue Techniken reagieren", erläutert er, "und die werden nicht unbedingt aus der Feuerwehrsicht betrachtet." Neue Verbundstoffe bei Autos, die beispielsweise einen speziellen Aufprallschutz gewährleisten, erfordern im Falle einer Bergung neue Techniken bei den Feuerwehrlern. "Das gilt auch für Elektroautos, die entsprechende Batterien und Akkus im Fahrzeug haben", fügt er hinzu. Der Feuerwehrler müsse im Falle eines Unfalls schnellstmöglich erkennen, um welches Automodell es sich handle und welche Techniken er beim Aufschneiden beziehungsweise Löschen verwenden müsse. "Es wäre natürlich ein Traum, wenn schon in der Entwicklung das berücksichtigt werden könnte", sagt er mit einem Lachen. Aber dazu werde es wohl nicht kommen. Zum Glück ist die Feuerwehr vorbereitet.

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