Ebersberg:Haschisch per Bote

Kunde eines Drogen-Lieferdienstes erhält Bewährungs- und Geldstrafe

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Ein Lieferservice ist schon eine praktische Sache, bequem von zu Hause aus lassen sich Pizza, Getränke und Klamotten bestellen - oder auch größere Mengen Marihuana. Seit einiger Zeit laufen vor dem Ebersberger Amtsgericht bereits Prozesse gegen die Kunden eines kriminellen Lieferdienstes, dem die Polizei vor knapp zwei Jahren in Augsburg auf die Spur gekommen war. Nun saß ein 29-Jähriger auf der Anklagebank, der ebenfalls zu den treuen Abnehmern der Augsburger Bande gehörte. Obwohl er innerhalb von zwei Jahren mehrere Kilogramm Marihuana erstanden und zumindest teilweise auch weiterverkauft hatte, reichte es am Ende noch für eine Bewährungsstrafe.

Sein Auftreten vor Gericht hat sicher dazu beigetragen, dass der junge Mann auf freiem Fuß bleibt. Denn der Sachbearbeiter in einem Veranstaltungsunternehmen präsentierte sich Richter Markus Nikol und den Schöffen im besten Licht. Er berichtete von seiner Arbeit, dem guten Verhältnis zu Chef und Kollegen und von seinen Plänen für die Zukunft. Derzeit mache er ein kaufmännisches Fortbildungsstudium, das ihm seine Firma bezahle, anschließend wolle er neben der Arbeit Betriebswirtschaft studieren. Er lebe in einer festen Beziehung und sei ein "Familienmensch", so der Angeklagte, viel Zeit verbringe er mit den eigenen Eltern oder der Familie der Freundin. Mit Drogen habe er schon seit Jahren nichts mehr zu tun, versicherte der 29-Jährige und legte zum Beweis das Ergebnis eines Tests vor, in dem ihm bescheinigt wurde, keine illegalen Substanzen konsumiert zu haben.

Strafmildernd wirkte sich aber auch sein volles Geständnis aus. In einem Rechtsgespräch vereinbarten Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, dass der Angeklagte nicht ins Gefängnis muss, sollte er die erhobenen Vorwürfe einräumen. Und die haben es durchaus in sich. Zwischen Ende 2010 und Anfang 2013 soll er mindestens zehn Mal größere Mengen Marihuana bestellt und erhalten haben. Vier Mal davon seien es 100 Gramm, sechs Mal mehr als 300 Gramm gewesen.

Dass die Anklage so gut über die Liefermengen Bescheid weiß, liegt daran, dass sich die Lieferanten samt ihrer Buchführung seit März 2013 in staatlicher Obhut befinden. Damals verhaftete die Polizei im Raum Augsburg zunächst fünf Personen, die verdächtigt wurden, in sehr großem Stil Marihuana zu vertreiben. Wie ein nun als Zeuge gehörter Polizeibeamter erläuterte, waren die fünf zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung offenbar auf Liefertour, denn in ihrem Fahrzeug wurden mehr als zehn Kilogramm Marihuana gefunden, das schon in kleinere Portionen abgepackt war. Die Polizei geht davon aus, dass die Bande insgesamt rund 250 Kilogramm Marihuana verkauft hat. Die Dealer wurden mittlerweile zu hohen Haftstrafen von bis zu sieben Jahren verurteilt.

Dank der offenbar hervorragenden Buchführung der Bande haben die Ermittler etwa 60 Kunden identifiziert, denen nun nach und nach ebenfalls der Prozess gemacht wird. Wie der Zeuge erklärte, agierten die Dealer wohl deutschlandweit. Bis nach Ludwigshafen und ins Saarland hätten sie ihre Drogen verschickt, Kunden in der Region München und Augsburg wurden persönlich beliefert. Bestellt wurde am Telefon, die Kunden fragten nach "Trainingsstunden", je nach Dauer des angeblichen Trainings richtete sich dann das Gewicht des später gelieferten Päckchens.

Dass er ebenfalls mindestens zehn Mal ein solches Trainings-Päckchen bestellt hatte, das ihm dann an seinen Wohnort im westlichen Landkreis geliefert wurde, räumte der Angeklagte nach der Zusicherung des Gerichts, eine Bewährungsstrafe zu verhängen, sofort ein. Genau wie den Vorwurf, Teile der Lieferung anschließend weiterverkauft zu haben.

Obwohl er Ein- und Verkauf in einer "erheblichen Menge" betrieben habe, könne man den Angeklagten gerade noch zu einer Bewährungsstrafe verurteilen, so die Staatsanwältin. Denn er sei geständig, lebe in geordneten Verhältnissen und sei nicht vorbestraft. Außerdem liegen die Taten einige Zeit zurück, und es habe sich nur um eine weiche Droge gehandelt. Diesen Argumenten schloss sich das Gericht an und verurteilte den 29-Jährigen zu zwei Jahren auf Bewährung. Möglich war dies unter anderem, weil die vier kleineren Drogenkäufe lediglich mit einer Geldstrafe geahndet wurden. Wenn auch mit einer durchaus saftigen: 13 000 Euro muss der 29-Jährige zahlen - was auch pädagogische Wirkung habe, wie Richter Nikol erläuterte. Der Verurteilte solle "am Vermögen getroffen werden, da er sich an dem Drogenhandel bereichert hat".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: