Ebersberg:Gute Aussicht vom Schuldenberg

Der Landkreis leiht sich Millionen, ohne Zinsen zahlen zu müssen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Nie war es schöner, Schulden zu machen, das gilt jedenfalls momentan für den Landkreis: Er hat jetzt einen neuen Kredit in Höhe von 2,2 Millionen Euro bei der Bayern-Labo aufgenommen und muss dafür zehn Jahre lang nicht einen Cent Zinsen zahlen. Doch es kommt noch besser: Nach Ende der Laufzeit muss der Kreis nicht etwa die 2,2 Millionen zurückzahlen, sondern nur 2,090 Millionen, er hat also durch das Schuldenmachen 110 000 Euro gewonnen. "Ob das volkswirtschaftlich sinnvoll ist, ist die Frage. Für den Kreishaushalt ist es jedenfalls gut", merkte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) an, als Finanzmanagerin Brigitte Keller in der Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses kürzlich über diese Entwicklung informierte.

Und die Bayern-Labo ist nicht die einzige Bank, die Kommunen höchst komfortable Konditionen gewährt. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat ähnliche Präsente im Sortiment: Von ihr hat der Kreis 1,582 Millionen Euro ausgeliehen, dafür muss er zwar 0,05 Prozent an Zinsen zahlen, doch auch die KfW gewährt einen sogenannten Tilgungszuschuss von fünf Prozent, das sind in diesem Fall 79 100 Euro.

Allerdings bedeutet das nun auch wieder nicht, dass sich der Kreis generell über seine Schulden freuen kann, die Ende 2016 voraussichtlich 55,3 Millionen Euro betragen werden. Dennoch: Vor ein paar Jahren war nicht abzusehen, welche Entwicklungen die Nullzinspolitik des derzeitigen EZB-Chefs Mario Draghi nach sich ziehen würde - noch 2003 fanden die Verantwortlichen im Landratsamt Zinsen von 4,65 Prozent so akzeptabel, dass sie mit diesem Zinssatz gleich Kredite über 25 Jahre festschrieben. Das sei heute gar nicht mehr zulässig, sagte Keller, "aber da kommen wir nicht raus". Bis 2028 wird der Kreis diesen speziellen Kredit daher noch abzahlen. Auch einige andere, aus heutiger Sicht ähnlich unerfreuliche Kreditverträge gibt es noch, in einem Fall muss der Kreis sogar 5,16 Prozent Zinsen zahlen. "Man wollte sich mit langen Laufzeiten günstige Konditionen sichern und hat darauf vertraut, dass sich die Zinsen nicht nach unten entwickeln", erläuterte Keller. Inzwischen würde dem Kreis so etwas nicht mehr passieren, er betreibt seit 2007 Zinssteuerung und hat mit diesem äußerst komplexen und - wie auch Kreisräte immer wieder freimütig einräumen - für Laien schwer zu durchschauenden Instrument seitdem mehrere Millionen Euro gespart.

In dem Dank, den der Landrat dafür an Keller richtete, waren sich die Kreisräte noch alle einig. Kellers Einschätzung, wie es mit den Schulden des Landkreises weitergehen wird, traf hingegen auf Widerspruch im Gremium. Die Finanzmanagerin hatte argumentiert, dass die Politik der weiteren Reduzierung der Verschuldung des Landkreises in den nächsten fünf Jahren angesichts vieler geplanter Investitionen nicht fortgesetzt werden könne. Sowohl Alexander Müller (FDP) als auch Ernst Böhm (SPD) unterstrichen, man dürfe in dem Bemühen, Schulden zu reduzieren, nicht nachlassen. Reinhard Oellerer (Grüne) schlug vor, 2017 keine Schulden zu machen. Der Landrat widersprach zwar nicht, erinnerte aber an Investitionen in Schulen, Kreisstraßen, die Kreisklinik und hohe Ausgaben im sozialen Bereich: "Es bleibt spannend, wir werden in diesem Spagat stets versuchen, weise Entscheidungen zu treffen."

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