Ebersberg:Grüne fordern Grenzen für den Flächenfraß

Lesezeit: 2 min

Naturschützer kritisieren den Vorstoß von Landrat Robert Niedergesäß, die Regelungen für Ausgleichsflächen aufzuweichen

Von Isabel Meixner, Ebersberg

Sollen Bautätigkeiten in einem Großraum wie München möglich sein, ohne dass Ausgleichsflächen diese Eingriffe in die Natur ein Stück weit kompensieren? Eine Debatte über diese Frage hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) vergangene Woche auf einer Veranstaltung des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München gefordert - und erntet dafür nun Kritik von Seiten der Naturschützer.

Waltraud Gruber, Grünen Kreisrätin und Stellvertreterin des Landrates, wirft diesem Geringschätzung gegenüber der Natur vor. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die Aussage zeige, "welch geringe Wertschätzung der Naturschutz für den Landrat offenbar hat", schreibt Waltraud Gruber, Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag und Niedergesäß' Stellvertreterin, in einer Pressemitteilung. Olaf Rautenberg, Vorsitzender der Kreisgruppe des Bundes Naturschutz, warnt vor zunehmendem Flächenverbrauch, würde diese Regelung geändert.

Niedergesäß hatte beim Thema Wohnungsnot im Großraum München gesagt: "Wir müssen uns um ein paar heilige Kühe Gedanken machen, sonst schaffen wir das nicht." Für große Gewerbe- und Wohngebiete gebe es mittlerweile kaum Ausgleichsflächen mehr; und wenn, dann nur zu Preisen, die in den vergangenen Jahren um das Fünffache gestiegen sind.

BN-Kreisvorsitzender Olaf Rautenberg fordert mehr Einsatz für den Landschaftsschutz. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

In Zeiten, in denen jährlich 30 000 Menschen in den Großraum München ziehen, sieht Niedergesäß auch die Regelung "Innen- vor Außenbereich" und das Anbindungsangebot von Baugebieten an bestehende Ortschaften in der jetzigen Form auf dem Prüfstand. Letzteres würde interkommunale Zusammenarbeit, etwa bei der gemeinsamen Ausweisung von Gewerbegebieten, verhindern.

Für Waltraud Gruber haben sich diese Punkte jedoch bewährt. Besonders hierzulande würden Wachstum und Bautätigkeit zu Flächenfraß führen, eine Standardabsenkung im Naturschutzrecht wäre da kontraproduktiv, so die Grünen-Politikerin: "Gerade deshalb bedarf es unserer besonderen Sorgfalt, um einen Ausgleich zu schaffen." Auch die Innenverdichtung und das Anbindungsgebot sieht sie als wichtige Instrumente, um das sicherzustellen.

Große Gewerbegebiete wie in Parsdorf, die auf der grünen Wiese ausgewiesen werden, zögen Verkehr an und machten es dem Einzelhandel schwer zu überleben. Die Kreis-Grünen verweisen auf das Ziel des bayerischen Umweltministeriums, den Flächenverbrauch in Bayern auf Null zu reduzieren: Statt die Natur weiter zu zerstören, sollten die Zentren verdichtet, mehr in Geschosswohnungen investiert und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. "Wir sägen sonst den Ast ab, auf dem wir sitzen", warnt Gruber.

Auch Olaf Rautenberg verweist auf diese Aussage der Staatsregierung. "Es kann nicht sein, dass in der CSU je nach Bedarf mit verschiedenen Zungen gesprochen wird", findet er. Gewerbe- und Baugebiete würden die Region ohnehin erst für den Zuzug attraktiv machen, denn sich neu ansiedelnde Firmen würden letztlich neue Arbeitskräfte anlocken. "Wir brauchen keine Arbeitsplätze", sagt er mit Blick auf die Arbeitslosenquote von derzeit 2,0 Prozent. Ihm wäre lieber, wenn so manche Firmen in Regionen wandere, die derzeit entvölkert werden: "Es ist doch gut, wenn sie woanders Arbeitsplätze schaffen."

Die Untere Naturschutzbehörde macht Ausgleichsflächen Bauwerbern zur Bedingung, wenn deren Bautätigkeiten andernorts dafür Natur verschleißen. Je ökologisch wertvoller das Gebiet ist, desto größer muss die Ausgleichsfläche sein. Im Landkreis Ebersberg gibt es derzeit mehr als 1300 Ausgleichsflächen, oftmals aber in schlechtem Zustand, weil sich die Verantwortlichen - zur Hälfte sind das Privatpersonen - nicht mehr kümmern oder sie als Müllhalde verwenden.

Ein Pilotprojekt in Kooperation mit dem Landesamt für Umwelt hätte die Flächen in diesem Jahr eigentlich untersuchen sollen. Doch weil sich niemand fand, der die Arbeiten für den kalkulierten Preis übernahm, werden die Untersuchungen erst 2016 starten.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: