Ebersberg:Goldgrube Mülltonne

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Sollte das neue Abfallrecht gewerbliche Wertstoffsammlungen erlauben, könnten am Ende höhere Müllgebühren auf die Bürger zukommen.

Lars Brunckhorst

Mit der blauen Tonne ging es los: Durch die Sammlung von Altpapier wollen Firmen seit ein paar Jahren von dem lukrativen Teil des Hausmülls profitieren. Nun soll es möglicherweise sogar Tonnen für alle Wertstoffe geben - so sieht es ein Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums vor. Die Kommunen befürchten, dass sich private Anbieter damit die Rosinen herauspicken - und sie selbst auf dem unwirtschaftlichen Müll sitzen bleiben. Die Folge bekämen die Bürger zu spüren: Sie müssten am Ende höhere Müllgebühren bezahlen.

Die Argumentation der Kommunen ist nachvollziehbar: Privatfirmen würden nur für Wertstoffe sammeln, mit denen Geld zu verdienen sei. Dadurch gingen den Städten und Landkreisen Einnahmen verloren, die dazu verwendet werden, die Abfallgebühren niedrig zu halten. Zu erleben war dies vor wenigen Jahren im Kampf um das begehrte Altpapier, der von privaten Anbietern mit der blauen Tonne geführt wurde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht den Kampf mittlerweile zugunsten der Kommunen entschieden, die Bundesregierung will jedoch bei der Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes eine Richtlinie der EU umsetzen, wonach gewerbliche Abfallsammlungen ermöglicht werden müssen.

Sollten private Anbieter künftig flächendeckend Wertstofftonnen und Biotonnen vor Haustüren aufstellen dürfen, wie dies der Referentenentwurf im Umweltministerium vorsieht, dann sehen sich die Landkreise und Städte in der Rolle des Lückenbüßers.

Dort, wo die Sammlung unrentabel sei, etwa auf dem Land, oder wenn die Erlöse auf dem Wertstoffmarkt sinken, müssten die Kommunen die Entsorgung übernehmen, warnt der Mühldorfer Landrat Georg Huber. "Die Vorhaltekosten dieses Wettbewerbs zu ungleichen Bedingungen tragen letztlich die Gebührenzahler."

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat daher eine Resolution gegen das "Rosinenpicken" verabschiedet, die vom bayerischen Landkreistag unterstützt wird und nach einem kürzlich gefassten Beschluss im Umweltausschuss des Ebersberger Kreistags auch vom Landkreis. "Wenn Papier- und Wertstofftonnen durch Private aufgestellt werden, schauen wir mit dem Ofenrohr ins Gebirge", sagte Landrat Gottlieb Fauth (CSU) in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses.

Funktionierende Strukturen wie die bestehenden Wertstoffhöfe und Wertstoffinseln drohten zerstört zu werden. So wird im Landkreis mehr als 80 Prozent des Altpapiers über Container gesammelt, den Rest sammeln etwa 50 Vereine. Auch Franz Pfluger (CSU) forderte im Umweltausschuss, den Versuchen, die Müllentsorgung weiter zu privatisieren, "einen Riegel vorzuschieben". Und Ralf Kirchner (SPD) erinnerte an die "leidvollen Erfahrungen" mit dem gelben Sack im Landkreis.

In der Resolution verlangen die Kommunen von der Bundesregierung, dass die Müllentsorgung in ihrer Zuständigkeit bleibt. Wohngebiete, so heißt es darin, dürften nicht zu "Wettkampfarenen privater Entsorgungsunternehmen" werden. Noch ist im Bundeskabinett keine Entscheidung zu der Novelle des Abfallrechts gefallen. Der Referententwurf aus dem Bundesumweltministerium befindet sich derzeit in der Abstimmung mit anderen Ressorts.

Ein Abschluss des Verfahrens ist laut Ministerium nicht absehbar. Laut Pressesprecher Jürgen Maaß wird das neue Abfallrecht aber mit ziemlicher Sicherheit den Weg für eine Wertstofftonne aufmachen - und damit auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die blaue Tonne kippen. "Im Zweifelsfall", so der Ministeriumssprecher, "wird es nach EU-Recht gehen."

© SZ vom 26.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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