Ebersberg:Geschlossen gegen die Geheimniskrämerei

Seit einem Jahr dürfen die Ebersberger keine Sitzungsprotokolle mehr online veröffentlichen - jetzt reicht es den Stadträten

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Dieses Band wird sich in fünf Sekunden selbst vernichten." Ältere Fernsehzuschauer und Fans klassischer Serien kennen diesen Spruch, Geheimagent Phelbs aus "Kobra übernehmen Sie" bekam ihn am Anfang jeder Folge zu hören. Ein bisschen Mr. Phelbs sind seit Anfang vergangenen Jahres auch die Ebersberger Stadträte, auch die Aufzeichnungen ihrer Sitzungen sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Denn laut Anweisung des Bayerischen Datenschutzbeauftragten dürfen seit März 2016 keine Protokolle mehr veröffentlicht werden - zumindest nicht im Internet. Nun reicht es den Stadträten allerdings mit der Heimlichtuerei, einstimmig haben sie eine Beschwerde an den Datenschutzbeauftragten formuliert und gefordert, künftig wieder mit ihren Namen und Aussagen im Netz erscheinen zu dürfen.

Dies gab es bei der Stadt Ebersberg bis März 2016 schon einmal, auf der Homepage wurden die Sitzungsprotokolle eingestellt und waren für alle Interessierten nachzulesen. Dann jedoch stießen Mitarbeiter des Bayerischen Datenschutzbeauftragten "zufällig auf die Seite" der Stadt, wie Ebersbergs Hauptamtsleiter Erik Ipsen damals erklärte. Und hatten gleich einiges zu beanstanden. Neben der Nennung der Namen von Antragstellern bemängelten die staatlichen Datenschützer auch, dass der Diskussionsverlauf und die Namen der Stadträte veröffentlicht wurden. Dies stelle eine unzulässige "Datenübermittlung an nichtöffentliche Stellen" dar. Seitdem gibt es im Internet lediglich die Tagesordnung, den Wortlaut des Beschlusses und das Abstimmungsergebnis - allerdings nur in Ja- und Nein-Stimmen, ohne Nennung des Gremiumsmitgliedes das für oder gegen den Beschluss gestimmt hat.

In den vergangenen Monaten hat diese sehr reduzierte Form der Veröffentlichung "bei einigen Lesern der öffentlichen Niederschriften zu Unverständnis geführt", sagte Ipsen nun im Finanz- und Verwaltungsausschuss. Darum habe man sich mit dem Zuständigen beim Bayerischen Gemeindetag über die zulässige Form im Internet veröffentlichter Protokolle beraten. "Und da gibt es jetzt wieder ein bisschen was Neues", sagte Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU). Beim Gemeindetag hat man nämlich gar kein Problem damit, den Sitzungsverlauf zu veröffentlichen, solange keine Namen genannt würden.

Eine Vorgabe, die im Gremium auf Unverständnis stieß. Eine solche Art der Veröffentlichung könne man auch gleich bleiben lassen, sagte Susanne Schmidberger (Grüne), damit könne ja niemand "nachvollziehen, was wir hier tun". Und genau darum sollte es doch bei einem Sitzungsprotokoll gehen, so Schmidberger: "Die Bürger haben doch ein Recht zu wissen, wofür die Stadträte stehen, die sie gewählt haben." Schmidberger verwies auf den Kreistag, in den dortigen Protokollen stehe sehr wohl, wer was gesagt und wer wofür und wogegen gestimmt hat. Ihr Fraktionskollege Michael Schulte-Langforth meinte, der Datenschutz müsse entweder "unfähig oder auf einem Auge blind" sein, wenn man dem Kreistag gestatte etwas zu tun, was die Stadt dann nicht dürfe: "Das Landratsamt ist unsere Aufsichtsbehörde", da könne man es auch zum Vorbild nehmen.

"Es muss schon rechtskonform sein. Wenn Tempo 100 gilt, darf ich auch nicht 130 fahren, weil andere das machen", sagte Brilmayer. Trotzdem könne er die Sichtweise seiner Vorredner verstehen. "Es ist ja eine öffentliche Sitzung, da ist es schon schizophren, dass im Protokoll keine Namen genannt werden dürfen." Florian Brilmayer (CSU) befand, es sei "doch unsere Sache zu entscheiden, ob unsere Namen genannt werden". Wenn die Stadträte der Meinung seien, dass sie mit einer ausführlichen Berichterstattung über die Debatten einverstanden sind, "wo ist das Problem für den Datenschutzbeauftragten". Zur Not könnte man ja eine dementsprechende Erklärung abgeben.

Zunächst wurde beschlossen, dem Datenschutzbeauftragten mitzuteilen, dass die Stadträte eine Nennung ihrer Namen und Aussagen im Protokoll ausdrücklich wünschen - und diese in Zukunft auch gerne wieder im Internet veröffentlichen wollen.

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